Infrastruktur Windräder sollen verschwinden

Walsdorf-Zilsdorf · Das Oberverwaltungsgericht Koblenz gibt dem Kreis Recht, die Betriebsgenehmigung für die Anlagen in Zilsdorf entzogen zu haben. Der Kreis will die Türme abbauen lassen, der Eigentümer vors Bundesverwaltungsgericht ziehen.

 Flügel schon am Boden: Die Windräder in Zilsdorf, die seit mehr als fünf Jahren keinen Strom mehr ins öffentliche Netz eingespeist haben, sollen nach Willen der Kreisverwaltung zurückgebaut werden.

Flügel schon am Boden: Die Windräder in Zilsdorf, die seit mehr als fünf Jahren keinen Strom mehr ins öffentliche Netz eingespeist haben, sollen nach Willen der Kreisverwaltung zurückgebaut werden.

Foto: TV/Mario Hübner

Noch ist das Verfahren nicht abgeschlossen. Noch nicht ganz. Denn Eigentümer Jörg Temme greift noch nach dem letzten Strohhalm und hat nach TV-Informationen Beschwerde gegen das jüngste Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) des Landes Rheinland-Pfalz in Koblenz eingelegt, um doch noch für die Revision vorm Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zugelassen zu werden. Denn genau das hatte ihm das OVG versagt (der TV berichtete).

Worum es geht: Der Trierer Unternehmer und der Kreis Vulkaneifel als Genehmigungsbehörde für den Betrieb der Windkraftanlagen (WKA) in Zilsdorf liegen seit Jahren juristisch im Clinch. Grund dafür ist, dass der Landkreis die Ende 2004 erteilte Genehmigung für die drei WKA im Herbst 2016 für erloschen erklärt hat, weil von dort seit September 2013 kein Strom mehr ins öffentliche Netz eingespeist worden ist. Dagegen hatte Temme geklagt – und mehrfach verloren: im Kreisrechtsausschuss, vor dem Verwaltungsgericht in Trier und zuletzt vor dem OVG in Koblenz.

Die Koblenzer Richter gaben dem Kreis Vulkaneifel Recht: Zum einen sei die Grundlage für den Betrieb der Anlagen (Stromeinspeisung ins öffentliche Netz) nicht mehr gegeben gewesen, zum anderen habe Temme bei seinem am 12. Oktober 2016 gestellten Antrag auf „Betriebsfortführung des bestehenden Windkraftwerkes“ die maßgebliche Drei-Jahres-Frist verstreichen lassen (siehe Info).

Und so hat die Kreisverwaltung dem Eigentümer  mit Schreiben vom 24. Oktober 2016 mitgeteilt, dass die Genehmigung für die WKA am 1. September 2016 erloschen sei. In der Urteilsbegründung des OVG heißt es dazu: „Der Verlängerungsantrag vom 12. Oktober 2016 ist in diesem Falle eindeutig verspätet gestellt worden.“

Um die Betriebsgenehmigung wiederzuerlangen beziehungsweise verlängert zu bekommen, hat der Windkraft-Unternehmer darüber hinaus ins Feld geführt, dass in besagtem Drei-Jahres-Zeitraum es sehr wohl einen Betrieb gab: in einer Anlage, um den Eigenbedarf an Strom des Windparks zu decken, sowie als „Forschungs- und Entwicklungsvorhaben“.

Zu beiden Punkten hat sich das OVG der Argumentation des Verwaltungsgerichts Trier angeschlossen und festgestellt, dass „bloße Wartungsarbeiten, Funktionsprüfungen oder Probeläufe nicht als Betrieb anzusehen sind. Gleiches gilt für einen bloßen Scheinbetrieb, mit dem lediglich das Erlöschen der Genehmigung verhindert werden soll“. Auch in der geringfügigen Erzeugung von Strom zum Eigenbetrieb in einer der drei Anlagen sei kein Betrieb zu sehen. Und zum Argument, die Anlagen seinen zugleich „Forschungs- und Entwicklungenprojekte“ stellt das OVG fest, dass es dafür erstens keine hinreichenden Beweise gebe und zweitens dafür überhaupt keine Betriebsgenehmigung vorliege. So heißt es im Urteil: „Der relativ banal erscheinende Vorgang des Aufladens von Speicherelementen mit von Windkraftanlagen erzeugten, mangels Netzeinspeisung gleichsam überschüssigen Stroms stellt sich vielmehr als bloße Ausnutzung eines Synergieeffekts bei Gelegenheit der Stromerzeugung durch Windkraftanlagen dar.“

Ein Forschungsvorhaben, dass neue Erkenntnisse für die Windenergiegewinnung mit sich bringe, sei das jedenfalls nicht. Parallel zu dem Rechtsstreit mit der Behörde gab es ein jahrelanges Verfahren zwischen Temmes Firma und dem Hersteller – wegen angeblich fehlender und schadhafter Bauteile. Zudem haben Diebe im September und November 2015 aus den Anlagen Kupfer entfernt und sie somit massiv beschädigt.

Uli Diederichs, Dezernent der Kreisverwaltung Vulkaneifel, der den Kreis in den Rechtsstreitigkeiten seit Jahren vertritt, sagt: „Auch wenn es dann wieder eine Zeitlang dauert: Ich wünsche mir, dass das Verfahren zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen wird, denn dann haben wir endlich eine höchstrichterliche Entscheidung. Ich bin mir ziemlich sicher: Auch dort werden wir gewinnen.“ Denn nur, wenn die Anlagen Strom ins öffentliche Netz einspeisten, also einem öffentlichen Ziel dienten, sei es auch zu rechtfertigen, dass sie das Landschaftsbild derart erheblich veränderten. Eigenbedarf reiche da nicht aus, meint Jurist Diederichs. In gewisser Anerkennung der anderen Partei sagt er zudem er: „Temme ist nicht unclever. Er hat immer wieder versucht, an mehreren Stellen zu drehen, um die Betriebsgenehmigung verlängert zu bekommen – und dabei namhafte Juristen aufgeboten.“

Die zentrale Frage, die sich auch die Menschen in der Region stellen, aber ist: Was passiert mit den Anlagen, denen bereits teilweise die Rotoren fehlen und die daher wie Industrieruinen wirken? Dazu hat der Dezernent eine klare Meinung: „Die Dinger müssen weg. Sobald wir Rechtssicherheit haben, werden wir die Anlagen wegnehmen. Man kann nicht die Backen aufblasen und dann nicht pfeifen.“

Eine Rückbau-Bürgschaft, mit der der Abbau hätte finanziert werden können, hat der Kreis allerdings nicht (mehr). Die hat Temme nach Auskunft der Kreisverwaltung vor Jahren erfolgreich zurückgefordert. Inzwischen, nachdem die Regelungen fortgeschrieben wurden, ist eine solche Sicherheitsleistung in der Landesbauordnung verankert. Für Zilsdorf galt das aber noch nicht. Dennoch gibt sich Diederichs zuversichtlich, dass die Anlagen verschwinden werden und die Finanzierung des Rückbaus gesichert ist – falls der Eigentümer diesen nicht freiwillig vornimmt. Diederichs spielt auf den  Verkauf der Türme an, indem er meint „Die Anlagen sind ja was wert.“

Festlegen, wie lange man die Industrieanlagen zwischen Zilsdorf und Betteldorf noch „bewundern“ könne, wollte sich der Kreisverwaltungsdezernent nicht. Er meinte nur: „Auf jeden Fall will ich das noch in meiner Dienstzeit erleben.“ Die endet in drei Jahren und drei Monaten.

Windkraft-Unternehmer Jörg Temme hat auf eine TV-Anfrage zum Thema nicht reagiert.

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