Nerother kämpfen gegen Windmühlen

Gerolstein/Neroth · Keine Windkraftanlage oder 25: Zwischen diesen Möglichkeiten bewegen sich derzeit die Überlegungen auf Gerolsteiner Verbandsgemeinde-Ebene. Vor allem das Wetterradar in Neuheilenbach, um das ein 15-Kilometer-Schutzabstand einzuhalten ist, sowie die Ablehnung aus Neroth beeinflussen die Willensbildung.

Gerolstein/Neroth. "Vor mehr als zehn Jahren wollte Neroth Windkraftanlagen, und die Verbandsgemeinde hat es uns vermasselt. Jetzt wollen wir nicht, und es könnte sein, dass die VG uns diesmal zwingt." So fasst es Neroths Ortsbürgermeister Egon Schommers (SPD) zusammen.
Aktuell ist es so, dass die Planung auf VG-Ebene ins Stocken geraten ist. Offiziell heißt es: "Eine Beschlussfassung wurde auf übereinstimmenden Wunsch der Fraktionen vertagt. Eine Sondersitzung zu dem Thema findet nach den Sommerferien statt."
Vier Punkte werden besonders diskutiert:

Wetterradar: Um den Betrieb nicht zu stören, dürfen in einem Radius von 15 Kilometern rund um das Wetterradar in Neuheilenbach entweder keine oder nur kleine WKA aufgestellt werden. Davon betroffen sind potenzielle Vorrangflächen bei Oos, Kopp, Hinterhausen und Birresborn.

Naturpark: Auf den Gemarkungen Neroth, Gees und Pelm wäre auf rund 150 Hektar Fläche Platz für zwölf WKA ohne Höhenbeschränkungen. Die aktuellen Anlagen der Drei-Megawatt-Klasse kommen auf eine Gesamthöhe von gut 200 Metern. Allerdings liegen diese Areale zum Teil in der Naturpark-Kernzone, für die eine besondere Schutzwürdigkeit gilt.

Flora-Fauna-Habitat-Flächen: Das Areal Neroth-Gees-Pelm liegt außerdem teilweise in Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH). Dessen Schutzwürdigkeit ist zwar unter der der Naturpark-Kernzone anzusiedeln, dennoch müsste hier zumindest untersucht werden, ob und unter welchen Bedingungen WKA verträglich sind.

Nerother Widerstand: Der Nerother Ortsgemeinderat hat sich mehrheitlich dafür ausgesprochen, dass auf der Gemarkung des Ortes keine WKA aufgestellt werden. Ins Feld geführt werden vor allem Gründe des Naturschutzes (mit dem Nerother Kopf als Naturschutzgebiet und Kulturgut) und des Tourismus. Ortsbürgermeister Egon Schommers (SPD) konkretisiert: "In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Tourismus im Ort schätzungsweise vervierfacht. Vor allem wegen des Eifelsteigs haben wir hier besonders am Wochenende einen Wahnsinnsandrang. Das wird auch die nächsten Jahre noch andauern." Die Folge: Es gibt in dem rund 860 Einwohner zählenden Dorf zwei Hotels samt Restaurants, ein Café, eine Kneipe, noch immer einen Lebensmittelladen und sonstige Dienstleister. Zudem sind etliche Wohnungen und Häuser zu Ferienzimmern und -wohnungen umgebaut worden. "Das bedeutet auch etliche neue Jobs im Ort", sagt der Ortsbürgermeister. Falls WKA in der Nähe des Ortes und vor allem des Nerother Kopfes aufgestellt würden, befürchten viele Dorfbewohner einen deutlichen Einschnitt. Oder wie Schommers sagt: "Die Riesendinger will hier keiner haben."
Meinung

Berühmter Gipfel muss frei bleiben
Das Gerolsteiner Land taugt nicht als Windfarm - falls sich die verantwortlichen Politiker an die anerkannten Planungsgrundsätze halten. Die lauten: keine Vorrangflächen unter 40 Hektar, um eine Verspargelung der Landschaft zu verhindern. Nur Standorte mit hoher Windhöffigkeit - und damit in der Regel nur dort, wo es keine Höhenbegrenzungen gibt. Naturschutz- und Naturpark-Kernzonen sind tabu. Und bei sonstigen Schutzgebieten wie FFH-Flächen sollten WKA ebenfalls außen vor bleiben. Da bleibt kaum noch eine Fläche übrig. Komplett widersinnig wäre es darüber hinaus, in der Nähe des Nerother Kopfes Anlagen zuzulassen. Denn erstens liegt er in einem - wenn auch kleinen - Naturschutzgebiet, zweitens ist er ein Kulturgut, drittens eine der markantesten und weithin sichtbaren Erhebungen der Vulkaneifel und viertens als Sehenswürdigkeit auf dem Eifelsteig Ziel Tausender Wanderer im Jahr. Das gilt auch für die durch den Wander-Tourismus boomende Mausefallengemeinde Neroth. Was dort im vergangenen Jahrzehnt überwiegend durch den berühmten Wanderweg und private Investoren aufgebaut wurde, ist erstaunlich und sucht seinesgleichen. Und sollte daher auch gehegt werden. m.huebner@volksfreund.deExtra

Aus für die Nerother Windkraftpläne hieß es im November 2002: Mit 15 zu elf Stimmen setzte die CDU-Mehrheit im VG-Rat durch, dass neben den mittlerweile drei Anlagen in Kalenborn-Scheuern keine neuen Windkraftflächen im Gerolsteiner Land ausgewiesen werden. Gegen den Willen der Nerother. Und trotz heftiger Diskussionen im Vorfeld. Rathauschef Matthias Pauly (CDU), Bürgermeister der VG Gerolstein, sagte damals: "Es gibt keinen Automatismus, einen Beschluss der Ortsgemeinde zu übernehmen." mh

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