Landwirtschaft Nicht Konfrontation, sondern Austausch
Darscheid · Suche nach dem Schulterschluss: Die rheinland-pfälzische Umweltministerin Ulrike Höfken hat bei der gemeinsamen Versammlung der Kreisbauernverbände Daun und Cochem-Zell in Darscheid über Klimaschutz und Nachhaltigkeit gesprochen.
Gastgeber der gemeinsamen Kreisbauernversammlung von Vulkaneifel und Cochem-Zell in der Darscheider Lehwaldhalle war Marco Weber, der kürzlich bei der Wahl zum Präsidenten des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau dem Amtsinhaber Michael Horper unterlag. Nun trafen beide aufeinander, es herrschte ein freundlicher Umgangston, und man hatte den Eindruck, dass die Kampfkandidatur bereits vergessen ist. Dass die beiden benachbarten Bauernverbände alljährlich eine gemeinsame Veranstaltung anbieten, hat schon lange Tradition. Horper nutzte den Anlass für ein ausführliches und engagiertes Statement zur Lage der Landwirtschaft.
„Wir müssen die Kommunikation nach außen, aber auch nach innen verbessern“, räumte er ein. „Wir Bauern sind angeblich für alle Probleme auf der Welt zuständig – aber wir sind Teil der Lösung!“
Mit Blick auf die aktuellste Entwicklung bei der Verbreitung des Corona-Virus mahnte er: „Es wird auch uns Landwirte treffen. Doch das Thema lenkt die Aufmerksamkeit darauf, wie abhängig wir in Zeiten der Globalisierung geworden sind. Das kann auf der anderen Seite eine Chance sein, den Wert der regionalen Erzeuger sichtbar zu machen.“
Doch bevor die Regionalisierung positiv auf die Landwirtschaft wirken könne, seien viele Bauern in ihrer Existenz bedroht. „Darum sollte die Politik den Einzelhandel mehr ‚an die Kette legen‘. Die Marktpreise stimmen nicht!“ Der Bauernpräsident betonte, wie wichtig es sei, die Viehhaltung in den Mittelgebirgen wie der Eifel weiterhin zu ermöglichen. Eine Stellschraube dafür: die neue Düngeverordnung. „Wir sind dem Land dankbar dafür, dass es sich für eine neue Binnendifferenzierung einsetzt.“
An diese Düngeverordnung und an die ebenfalls umstrittene Ausweisung von Ökogrünland knüpfte Umweltministerin Ulrike Höfken (Bündnis 90/Grüne) an. „Es gibt einen verbindlichen Ausgleich für die Ausweisung von Ökogrünland“, erläuterte sie, „denn das ist eine wichtige Leistung der Bauern, die honoriert werden muss. Auch werden ihre Nutzungsinteressen dadurch nicht eingeschränkt.“
Spürbar besorgt äußerte sie sich zur Düngeverordnung, die Bundesrecht sei und überdies die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes umsetzen müsse. Darauf werde die EU-Kommission nicht verzichten, so dass die Forderung nach einer Reduktion der Düngung um 20 Prozent in gefährdeten Gebieten unumstößlich sei. Bei Nichtbeachtung werde es Klageverfahren geben. Aber es solle, wie bereits von Horper erwähnt, genauer betrachtet werden, welche Gebiete wirklich betroffen sind.
Das bedeutet aus Sicht der Ministerin nicht Kritik an angeblich fehlerhaften Mess-Stellen, wie sie teils von Landwirten geübt wurde, sondern einen Wechsel von der bisherigen Risikobetrachtung mit großflächigen sogenannten roten Gebieten hin zu einer emissionsbezogenen Betrachtung, welche die tatsächliche Bewirtschaftung vor Ort stärker berücksichtigt. Höfken definierte als Ziel, die Erzeuger bei der Verringerung des Nährstoff- und Pflanzenschutzeintrags zu unterstützen.
Es sei eine spezielle Wasserschutzberatung eingerichtet worden, die Kooperationen zwischen Landwirtschaft, Wasserversorgern und Getränkeherstellern etablieren soll. „Aktuell gibt es 16 Gewässerschutz-Kooperationen zwischen Landwirten und Wasserversorgern, acht weitere sind in Planung. Ich wünsche mir, dass diese Form der Zusammenarbeit noch weiter ausgeweitet wird.“
Die Rede der Ministerin glich insgesamt einem konzentrierten Parforce-Ritt durch die drängenden Themen der Bauern: der Klimawandel, der sich mit bereits jetzt um fünf Grad gestiegenen Bodentemperaturen in Rheinland-Pfalz besonders bemerkbar macht und durch erhöhte Verdunstung zum Verdursten der Wälder beiträgt; die Konkurrenz für heimische Bauern durch globale Handelsabkommen wie Mercosur; der in Deutschland besonders hohe Preisdruck auf die Erzeuger, während die Verbraucher mit lediglich 10,8 Prozent ihres Einkommens hierzulande am wenigsten für Lebensmittel ausgeben; die ebenfalls klimabedingte Zunahme von Tierkrankheiten.
Höfken suchte bei allen Aspekten den Schulterschluss mit den konventionellen Bauern, die ihr als grüner Umweltministerin traditionell kritisch gegenüber stehen: „Eigentlich haben wir ein konstruktives Verhältnis zum Bauernverband.“ Das zeigte sich in den Fragen der anwesenden Landwirte – es ging nicht um Konfrontation, sondern um Austausch.
Wobei manch eine Antwort, die man sich in der Kreisbauernverbandsversammlung erhofft hatte, aus Zeitmangel wohl nachgereicht werden muss. „Wir wollen wissen, wie es mit dem Verhältnis von Landschaft und Windkraft steht“, merkte eine Landwirtin aus der östlichen Verbandsgemeinde Daun an. „Wir sehen die Räder kritisch, für unsere Wälder und auch für den Tourismus, der für uns Bauern ein Erwerbszweig geworden ist.“ Der Dialog muss also weitergehen.