Niederbettinger wollen mit Gülle heizen

Hillesheim-Niederbettingen · Das Vorhaben ist einzigartig in der Vulkaneifel: Landwirt René Blum will bis Ende 2013 rund 40 Haushalte in Niederbettingen mit Wärme aus seiner Biogasanlage versorgen. Dafür investiert er eine Million Euro.

Hillesheim-Niederbettingen. "Vom großen Interesse bin ich positiv überrascht", sagt René Blum, Ortsvorsteher von Niederbettingen und Landwirt. Er plant, ab Winter 2013 einen Teil des Dorfes mit Wärme aus einer Biogasanlage zu versorgen, die er seit Dezember 2010 auf seinem Hof betreibt.
Damit sich das Vorhaben lohnt, muss Blum 30 Haushalte beliefern. Zu einem Infoabend waren über 70 Niederbettinger gekommen "Mein Ziel ist es, von den rund 100 Häusern in Niederbettingen langfristig die Hälfte an die Biogasanlage anzuschließen", sagt der 39-Jährige. Blums Anlage, die täglich mit 22,5 Tonnen Futtermittel wie etwa Mais oder Gras und 12,5 Tonnen Gülle vom eigenen Hof und benachbarten Landwirten befüllt wird, liefert 4,4 Millionen Kilowattstunden elektrische Leistung pro Jahr. Strom, der den Jahresbedarf von rund 1500 Haushalten deckt.
In der Biogasanlage entsteht aber Wärme: rund fünf Millionen Kilowattstunden jährlich. Knapp die Hälfte davon fließt in die Anlage zurück, um die zwei riesigen Töpfe zu heizen, in denen das Biogas entsteht.
Der Rest wird momentan noch abgekühlt und in die Luft geblasen. "Von dieser überschüssigen Energie wollen wir so viel wie möglich ins Dorf führen", sagt Blum.
Dies soll über Leitungen geschehen, die warmes Wasser von der Biogasanlage ins Dorf liefern. In einem Wärmetauscher nehmen die Heizkreisläufe der Häuser die Wärme auf. Statt eines Heizkessels und Öltanks bräuchten deren Besitzer künftig nur noch einen Wärmetauscher in der Größe eines Küchenschranks in ihrem Keller, sagt Blum. Wird alle thermische Energie der Biogasanlage genutzt, könnte das in Niederbettingen jährlich bis zu 200 000 Liter Heizöl sparen.
Finanzieller Anreiz


Doch der Anreiz für Blums potenzielle Kunden dürfte nicht nur ökologischer, sondern auch finanzieller Natur sein. Die Kosten für die Leitungen, die Baggerarbeiten und den Wärmetauscher übernimmt Blum. Auf seine Kunden kämen lediglich Ausgaben für den Anschluss von der Übergabestation zur Heizanlage der Häuser zu.
Bis zu 1400 Euro könne ein vierköpfiger Haushalt im Jahr sparen, rechnet Blum vor. Neben Kosten für den Schornsteinfeger und für die Wartung der Heizkessel liegt das größte Einsparpotenzial beim Energiepreis. Blum will die Wärme für einen Preis liefern, der zwischen 60 und 75 Prozent des jeweils aktuellen Ölpreises liegt. "Je mehr Bürger mitmachen, desto günstiger wird es", sagt der 39-Jährige.
Damit die Häuser auch im Winter warm bleiben, will Blum auf seinem Hof zudem eine Hackschnitzelheizung bauen - quasi als Notreserve.
Damit sei die Energieversorgung auch zur Spitzenlast gesichert. Mit der überschüssigen Wärme, die im Sommer nicht zum Heizen benötigt wird, trocknet der Landwirt die Hackschnitzel für den kommenden Winter.
Seit Dezember 2011 ist Blum auf der Suche nach Kunden. Bis zum 1. März können sich die Niederbettinger noch entscheiden, ob sie ihre Häuser künftig mit erneuerbaren Energien heizen wollen. "Verträge sind noch keine unterschrieben, von den Interessenten haben aber bereits 44 fest zugesagt", sagt Blum.Meinung

Projekt könnte Schule machen
Die Vorgaben vom Bund sind klar: Bis 2020 sollen die Treibhausgase in Deutschland im Vergleich zum Jahr 1990 um 40 Prozent verringert werden. Dass dafür ein Großteil des Energieverbrauchs aus erneuerbaren Energien gespeist werden muss, liegt auf der Hand. Neben dem ökologischen Aspekt kommt ein ganz pragmatischer hinzu: Fossile Brennstoffe sind endlich. Angesichts knapper werdender Ressourcen steigen zudem die Preise. Das sieht man deutlich am Heizöl, das derzeit mehr als einen Euro pro Liter kostet. Wärme aus der Biogasanlage ist somit nicht nur umweltfreundlicher, sondern auch eine günstige Variante für die Verbraucher - zumindest dann, wenn der Wärmelieferant so nah an den Verbrauchern liegt wie in Niederbettingen. Sicherlich hat nicht jede Anlage diesen Standortvorteil. In kleinen Gemeinden mit vergleichbaren Voraussetzungen wie in Niederbettingen könnte das Projekt jedoch Schule machen. f.straub@volksfreund.de

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