Nur die Spitze des Eisbergs

DAUN. Weil ein 68-Jähriger aus der Verbandsgemeinde Kyllburg 7060 Euro an eine Druckerei aus dem Kreis Daun nicht bezahlte und schon bei der Bestellung kein Geld hatte, ist er vom Amtsgericht zu vier Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Firmen haben immer häufiger mit Betrügern zu tun. Die Ausfälle können die Betriebe in finanzielle Schieflagen bringen.

Mit Werbeanzeigen wollte der Rentner die Broschüren "Bauen und Wohnen 2005/2006" finanzieren. Angeblich um sich ein zweites Standbein zu schaffen, wollte er nach und nach für die Verbandsgemeinden (VG) im Kreis Bitburg-Prüm Werbebroschüren vermarkten. Für den Start in der VG Kyllburg hatte er dafür auch schon 11 000 Euro kassiert. Davon bezahlte er aber nicht die 7060 Euro Druck- und Layoutkosten. Richter Hans Schrot: "Sie hatten hohe Schulden und haben das Geld zum Stopfen anderer Löcher verwendet. Der Betrug ist einwandfrei nachgewiesen." Der 68-Jährige bezahlte sein neues Gebiss, Auto- und Telefonrechnungen. Beim Amtsgericht Bitburg lagen nämlich zum Zeitpunkt der Bestellung schon fünf Haftbefehlsanträge gegen ihn vor, die dann erstellt werden, wenn die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verweigert wird. Von 1981 bis 1993 ziehen sich Betrugs- und Vermögensdelikte wie ein roter Faden mit zehn Eintragungen im Strafregister durch das Leben des gebürtigen Rheinländers. "Der letzte Eintrag liegt zwar 13 Jahre zurück, aber Sie haben bisher keinen guten Willen gezeigt, keinen Cent als Rate gezahlt, und deshalb ist eine Bewährungsstrafe angebracht", meinte Staatsanwalt Klaus Pallien. Richter Schrot gab dem Angeklagten außerdem auf, zur Schadenswiedergutmachung "mindestens 100 Euro monatlich, vier Jahre lang, an die Firma zu zahlen". Hohe Außenstände und zunehmend Betrug, auch durch bisher unbescholtene Kunden, machen den Betrieben in der Region zu schaffen. "Die Fälle vor dem Amtsgericht sind nur die Spitze des Eisbergs. Der größte Teil der Betrügereien kommt nicht vor Gericht, weil die Firmen gar nicht so weit gehen", sagt Gerhard Müller, Jurist der Handwerkskammer (HWK) Trier. Immer häufiger erlebten die Firmen, dass "keinerlei Skrupel mehr hat, wer mit dem Rücken an der Wand steht". Die allgemein schlechte Finanzlage zieht weite Kreise. Bei Banken und Kammern rufen täglich Firmen an, um sich nach der Bonität möglicher Kunden zu erkundigen. Reinhard Neises von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier warnt: "Umsatz sollte nicht über Information gestellt werden. Der schnelle Euro kann einen dann teuer zu stehen kommen." "Außenstände steigen mitunter dramatisch, und das belastet Firmen oft temporär", meinen die Vorstände der Banken im Kreis. Die Zahlungsmoral sei "schlechter als vermutet". Klaus Lehnen, Steuerberater und Wirtschaftprüfer, weiß nach 27-jähriger Selbstständigkeit (mittlerweile an vier Standorten in zwei Eifelkreisen mit elf Partnern und 90 Mitarbeitern) um die Situation vieler Betriebe. Er sagt: "Die größten Probleme hat das Bau- und Baunebengewerbe. Da zahlt auch die öffentliche Hand sehr schleppend." Als weiteres Handicap sieht er für Unternehmer die Möglichkeit der Privatkunden, private Insolvenz anzumelden. Lehnen: "Früher waren Schuldner 30 Jahre lang verfolgbar. Wer sich heute sechs Jahre wohl verhält, ist schuldenfrei, selbst wenn er keinen Cent zahlt." Nach Lehnens Beobachtungen gibt es Unterschiede zwischen den Landkreisen Daun und Bitburg-Prüm. Danach sei der Nachbarkreis Bitburg-Prüm wirtschaftlich stärker ausgerichtet. Entsprechend besser sei es um die Zahlungsmoral bestellt.

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