Ohne Umzüge aus Sarresdorf geht es nicht

Gerolstein · Im Auftrag der Firma Faco aus Bitburg hat ein darauf spezialisiertes Büro untersucht, welche Art von Gewerbeansiedlung auf dem freiwerdenden Werksgelände des Gerolsteiner Brunnens sinnvoll und zulässig ist. Ergebnis: Es kann nur funktionieren, wenn Betriebe aus der Sarresdorfer Straße dorthin umsiedeln.

 Mit der Sarresdorfer Straße könnte es bergab gehen, wenn auf dem Areal des Gerolsteiner Brunnens in der Innenstadt Geschäfte angesiedelt werden. Zu diesem Fazit kommt das Einzelhandelsgutachten. TV-Foto: Mario Hübner

Mit der Sarresdorfer Straße könnte es bergab gehen, wenn auf dem Areal des Gerolsteiner Brunnens in der Innenstadt Geschäfte angesiedelt werden. Zu diesem Fazit kommt das Einzelhandelsgutachten. TV-Foto: Mario Hübner

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Gerolstein. Während draußen Bagger die letzten Mauern einreißen und LKWs die letzten Schutthalden vom freiwerdenden Werksgelände des Gerolsteiner Brunnens abfahren, wird drinnen im Rathaus diskutiert, was dort künftig entstehen soll. Und das Thema interessiert!
Zwei Dutzend Gerolsteiner Bürger und Gewerbetreibende nahmen an der Bauausschusssitzung teil, wo das Büro GMA (Gesellschaft für Markt- und Absatzentwicklung) im Auftrag der Firma Faco aus Bitburg sein Einzelhandelsgutachten vorstellte.
Zentrale Fragestellung war: Was sollte und was darf in dem frei werdenden, rund 28 000 Quadratmeter großen Gewerbeareal angesiedelt werden, um erstens möglichst viele Menschen nach Gerolstein zu locken und so auch die Innenstadt zu stärken. Und was sollte beziehungsweise müsste zweitens vermieden werden, um nicht andere Stadtbereiche wie die Sarresdorfer Straße und noch viel mehr das Gewerbe in umliegenden Dörfern und den benachbarten Städten Daun und Prüm massiv zu schwächen. Denn das ist gesetzlich verboten.
Doch Faco hat das Büro nicht ergebnisoffen prüfen lassen, sondern eine Vorgabe gemacht: Ansiedeln sollte sich dort ein großer Supermarkt mit Getränkemarkt auf 3000 Quadratmetern Fläche sowie auf weiteren 3000 Quadratmetern kleinere Einheiten mit Bäcker, Lottogeschäft, Blumenladen und drei weiteren Fachmärkten zwischen 500 und 800 Quadratmetern. Welche genau, dazu macht das Gutachten Vorschläge (siehe Extra). Monika Kollmar von GMA sagte: "Zu einem abgerundeten Angebot kommt man nur, wenn ein Großteil der Umsätze dadurch erzielt wird, dass Gewerbe aus der Sarresdorfer Straße dorthin umzieht - ergänzt durch zusätzliche Angebote. So gibt es weder Potenzial für einen dritten Vollsortimenter (neben Edeka und Hit, Anmerkung der Redaktion), noch für einen zweiten Drogeriemarkt (neben DM, Anm. d. Red.)."
"Innenstadt ist wichtiger"


Die Expertin sieht dies unproblematisch an. Sie sagte: "Aus stadtplanerischer Sicht ist die Innenstadt wichtiger als Sarresdorf. Für HIT wäre es sicher ein Gewinn, aus der alten Immobilie rauszugehen und sich in einen Neubau in Innenstadtnähe zu verlagern. Und bei vier Lebensmittelläden aus Sarresdorf (Edeka, Aldi, Lidl, Anm. d. Red.) wäre es für den Standort zu verkraften, wenn einer wegginge." Und sie fügte hinzu: "Im Innenstadtbereich fehlt eine Drogerie."
Ausschussmitglied Markus Hetzius (CDU) geht das zu weit. Er sagte: "Ich befürchte eine Geisterstadt Sarresdorf, wenn das so realisiert wird. Das kann nicht unser Ziel sein." Tim Steen (Grüne) meinte ebenso: "Man muss das Projekt hinterfragen und überlegen, ob man es noch weiterverfolgt, wenn es nur durch massive Verlagerungen aus Sarresdorf funktioniert."
Und auch Uwe Schneider (SPD) nahm die Neuigkeiten kritisch auf. Er fragte: "Was ist mit den Überlegungen, dort auch Tourismus- und Freizeitangebote zu schaffen? Ist dafür noch Platz?" Eine Antwort bekam er darauf nicht. Und auch eine der wichtigsten Fragen, die Heinz Weber (FWG) nochmals aufwarf, blieb unbeantwortet: "Wie könnte eine funktionierende Fußgängerverbindung zwischen dem Brunnenareal und der höher liegenden und durch die Bundesstraße getrennte Innenstadt aussehen?"
Unter anderen eine Antwort darauf erhofft sich die Stadt von Oliver Knebel vom Planungsbüro Fibu aus Koblenz, der ein Stadtentwicklungskonzept im Auftrag der Stadt erarbeitet. Er stellte aktuell fest: "Die Stadt ist derzeit nicht Herrin des Verfahrens, was auf dem Brunnenareal passieren soll, sondern erst wieder bei der nachgeschalteten Bauleitplanung. Dann kann sie an Stellschrauben drehen."Meinung

Einfluss nehmen
Ein großer Supermarkt und daneben rund ein halbes Dutzend Fachmärkte: So sah von Anfang an die Vorstellung des Projektentwicklers Faco aus Bitburg für das alte Brunnen-Werksgelände in der Innenstadt aus. Und daran hat sich - trotz Kritik und noch immer fehlender Meinungsbildung in der Stadt - nichts geändert. Neu ist die Erkenntnis, dass das nur realisiert werden kann, wenn der ein oder andere Betrieb aus Sarresdorf umsiedelt. Das alles hat das aktuelle Einzelhandelsgutachten ergeben, das Faco mit genau der Vorgabe "Supermarkt plus Fachmärkte" in Auftrag gegeben hat. Und die Stadtpolitiker? Machen große Augen. Soll Sarresdorf für eine Aufwertung der Innenstadt geschwächt werden? Wie - nach wie vor die zentrale Frage - können die Besucher vom Brunnenareal in die höher gelegene und durch die Bundesstraße getrennte Innenstadt gelockt werden? Und was ist mit all den anderen Ideen wie einem touristischen und gastronomischen Angebot? Fragen über Fragen, aber keine Antworten. Nun heißt es beschwichtigend, dass eigene Ideen zu einem späteren Zeitpunkt noch einbezogen werden können. Aber spätestens jetzt zeigt sich, dass es ein großes Versäumnis war, dass die Stadt sich hat hinhalten lassen, anstatt unter Einbeziehung der Bürger und Gewerbetreibenden ein eigenes Konzept auf die Beine zu stellen. Höchste Zeit, Einfluss zu nehmen. m.huebner@volksfreund.deExtra

Dies sind die Ergebnisse des Einzelhandelsgutachtens der Gesellschaft für Markt- und Absatzentwicklung für Gerolstein/das Brunnenareal: - Umsiedlungen aus Sarresdorf, die anzustreben sind: HIT-Markt, DM, Elektromarkt EP Sünnen. - Neuansiedlungen, die eine gute Ergänzung sind: Haushaltswaren/Heimtextilien, Einrichtungsbedarf, Fahrradhändler. - Neuansiedlungen mit Chancen: Schuhgeschäft (aber maximal 500 Quadratmeter), Bekleidung (maximal 650 Quadratmeter). - Nicht anzustreben sind: Ansiedlung von Apotheke, Sanitätsanbieter, Sportgeschäft, da dadurch die Innenstadt geschwächt wird. mh

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