Parteien suchen vergebens

Mit Knut Wichmann und Bernd May gehen zwei Einzelbewerber für das Bürgermeisteramt ins Rennen. SPD und CDU, die in den vergangenen 21 Jahren den Gerolsteiner Stadtbürgermeister gestellt haben, haben keinen Bewerber gefunden.

Gerolstein. Seit Montag steht fest: Bei der Wahl des Gerolsteiner Stadtbürgermeisters am 19. September treten zwar zwei in der Stadt durchaus bekannte Männer an, sie sind aber in der aktuellen kommunalpolitischen Szene nicht aktiv. 15 Jahre (von 1989 bis 2004) hatte die SPD mit Georg Linnerth den Stadtbürgermeister gestellt, danach sechs Jahre die CDU mit Karl-Heinz Schwartz. Aber diesmal hat sich aus den Reihen der politisch Aktiven niemand zu einer Kandidatur bereiterklärt: kein Stadtratsmitglied, kein Fraktionsvorsitzender, kein Beigeordneter.

Für die SPD schien der erste Beigeordnete Hermann Lux erste Wahl als Stadtbürgermeisterkandidat, aber aus persönlichen Gründen wollte er sich nicht bewerben. Und warum hat die SPD keinen anderen Kandidaten aufgestellt? "Wir haben natürlich Ausschau gehalten, aber keinen Bewerber gefunden", sagt Lux, der auch Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Gerolstein ist. Als CDU-Kandidatin war Stadtrats-Fraktionssprecherin Monika Neumann gehandelt worden, aber auch sie stand nicht zur Verfügung. "Wir haben uns natürlich auch im eigenen Lager umgeschaut und geeignete Leute angesprochen, aber es hat sich niemand bereiterklärt. Zum einen, weil der ehrenamtliche Stadtbürgermeisterposten sehr zeitaufwendig ist, aber auch wegen der Streitigkeiten im Rat, die potenzielle Bewerber abgeschreckt haben", sagt der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Ralf Hoffmann.

"Die großen Parteien haben sich nicht bewegt, aber es musste etwas passieren, deshalb habe ich mich entschlossen, zu kandidieren", erläutert Knut Wichmann seine Beweggründe. Vor allem eine mögliche Personalunion Stadtbürgermeister-Verbandsgemeindebürgermeister wäre für ihn eine "unzweckmäßige Lösung" gewesen: "Die Stadt muss so selbstbewusst sein, einen eigenen Stadtbürgermeister zu haben."

Der 56-Jährige war als SPD-Mann vor Jahren in der Kommunalpolitik aktiv, im Kreistag und im Verbandsgemeinderat. Für die Stadtbürgermeisterwahl hat er sich aber nicht als SPD-Kandidat, sondern als Einzelbewerber gemeldet. "Ich bin tief verwurzelt in der Sozialdemokratie, das kann und will ich gar nicht leugnen. Aber es geht in der Kommunalpolitik nicht darum, nach Parteibuch zu entscheiden, sondern sachbezogen."

Ohne Parteiunterstützung hat sich auch der Konkurrent von Wichmann, Bernd May, beworben. "Ich bin parteilos und werde das auch bleiben. Ich bin nach dem Rücktritt von Karl-Heinz Schwartz mehrfach angesprochen worden, ob ich mir vorstellen könnte, als Stadtbürgermeister zu kandidieren. In Absprache mit meiner Frau und meiner Tochter habe ich dann die Entscheidung getroffen, mich zu bewerben. Ohne die Unterstützung der Familie hätte ich es nicht gemacht."

Meinung

Breiter Buckel, gute Nerven

Hut ab vor den beiden Kandidaten, die sich für das Amt des Stadtbürgermeisters bewerben. Denn wer immer auch der Gewinner sein wird, ihn erwartet vier Jahre viel Arbeit. Er springt ins kalte Wasser und wird einige Zeit brauchen, um sich zu etablieren und aus dem langen Schatten von Karl-Heinz Schwartz zu treten. Aber damit nicht genug, es stehen auch große Herausforderungen bevor. Die Neuplanung des gestoppten Kindertagesstätten-Projekts wird auch das neue Stadtoberhaupt noch beschäftigen, und auch die Zukunft von Bahnhof mit Umfeld wird ein großes Thema werden. Mut haben Wichmann und May schon bewiesen, nach der Wahl braucht der Sieger aber auch einen breiten Buckel und gute Nerven. s.sartoris@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort