Personeller Neuanfang bei den Grünen

Daun · Die Grünen im Kreis haben ihre Führungsriege ausgewechselt. Als Geschäftsführer löst Rainer Klippel (37) aus Daun Karl-Wilhelm Koch ab, der zurückgetreten war. Bei der Kampfabstimmung um einen Posten als Vorstandssprecher unterlag Koch dem 20-jährigen Neuling Dominique Barth aus Jünkerath-Glaadt. Theresia Utters (51) aus Boverath wurde ebenfalls als Sprecherin gewählt.

Daun. Lange Jahre hat Karl-Wilhelm Koch (58) die Geschicke der Grünen im Kreis geleitet. Neun Jahre war er im Vorstand, die vergangenen fünf Jahre agierte er als Kreisgeschäftsführer. Ein Posten, den er auch zuvor bereits einmal innehatte. Das ist nun vorbei.
Bei der jüngsten Kreisversammlung, die einberufen worden war, weil Koch sein Amt niedergelegt hatte, waren elf Grünen-Mitglieder gekommen. Koch, der auch in einigen Bundes- und Landesarbeitsgemeinschaften der Grünen zum Thema Energie und Atompolitik aktiv ist, führte Zeitgründe für seine Entscheidung ins Feld. Er sagte: "Nach Fukushima hat die Arbeit drastisch zugenommen. Ich bin mittlerweile jedes zweite Wochenende in Mainz und Berlin und reise zudem auf weitere Veranstaltungen quer durch die Republik. Eine deutliche Arbeitsüberlastung."
Im Vorstand, wenn auch nicht an dessen Spitze, wollte er dennoch weiterhin mitarbeiten - und kandidierte für einen der beiden Sprecherposten. Es bahnte sich eine spannende Wahl zwischen ihm und seinem Gerolsteiner Grünen-Kontrahenten Tim Steen an. Als sich jedoch überraschend auch der 20-jährige Grünen-Neuling Dominique Barth aus Jünkerath-Glaadt zur Wahl stellte, zog Steen zu dessen Gunsten seine Kandidatur zurück. Koch tat das nicht und unterlag Barth deutlich mit acht zu zwei Stimmen. Dazu sagte der Ex-Kreisgeschäftsführer: "Ich finde seine Wahl okay. Es ist ein Neuanfang." Dem neuen Vorstand sicherte er seine Unterstützung zu. Er sagte: "Jetzt haben wir ein Team, das den Laden schmeißen kann." Vorher sei er oft auf sich alleine gestellt gewesen. Er wolle künftig die "Verbindung zur Landes- und Bundesebene stärken".
Rainer Klippel (37) aus Daun-Pützborn, der einstimmig zum neuen Kreisgeschäftsführer gewählt worden war, sagte: "Das war alles sehr überraschend. Ich habe im Vorfeld nichts von Dominiques Kandidatur gewusst, finde das aber richtig gut."
Zum gesamten Wahlergebnis sagte er: "Wir wollten einen absoluten Neuanfang starten, und dafür stehe ich. Es soll bei uns keine One-Man-Show mehr geben." Künftig, so Klippel, solle die Arbeit wieder auf mehr Schultern verteilt werden. "Dazu wollen wir zum einen unsere Mitglieder (derzeit 28 im Kreis; Anmerkung der Redaktion) animieren, zum anderen neue hinzugewinnen. Ein Schwerpunkt unserer Arbeit in nächster Zeit", sagte der neue Kreisgeschäftsführer.
Seine Zuversicht stützt er auf zwei Umstände: "Zum einen haben wir gerade während des Landtagswahlkampfs sehr viele Leute kennengelernt, die mit grünen Ideen sympathisieren. Auf sie werden wir zugehen. Zum anderen haben wir mit Dominique jemandem im Team, der jung und mit den neuen Medien und sozialen Netzwerken bestens vertraut ist. Das wollen wir nutzen", sagt Klippel. In der Tat sieht der 20-Jährige, der derzeit ein freiwilliges soziales Jahr im Kindergarten in Jünkerath macht und anschließend studieren will, genau darin den Beweggrund für seine Kandidatur und sein Engagement. Er sagt: "Ich möchte junge Leute für grüne Themen gewinnen." Zurückgekehrt in den Schoß der Partei ist und einstimmig gewählt wurde Theresia Utters (51) aus Daun-Boverath als Sprecherin. Ein Posten, den sie schon einmal bekleidete. Obwohl sie nach dem Beschluss der Bundespartei zum Afghanistaneinsatz der Bundeswehr 2001 (wie auch Koch) aus der Ökopartei ausgetreten war, hat sie den Grünen doch fortwährend die Stange gehalten und auch immer mal wieder mitgearbeitet. Sie sagt: "Der Kontakt war eigentlich nie abgerissen, und die politische Arbeit macht mir jetzt auch wieder mehr Spaß. Deshalb bin ich gerne bei diesem Neuanfang dabei - zumal es jetzt in der breiten Bevölkerung erstmals richtiges Gehör für grüne Themen zu geben scheint."
Den Schwung wollen die Grünen nutzen und künftig "wieder mehr Anträge in die Räte einbringen und mit Inhalten auf uns aufmerksam machen anstatt mit Personalquerelen", sagt Klippel. Zentrale Themen: Kommunalreform, Ausbau der erneuerbaren Energien sowie Energieeinsparung, Begrenzung des Lava- und Basaltabbaus, Ausbau des sanften Tourismus und Kampf gegen den Weiterbau der A 1. Auch die Kommunalwahl in drei Jahren haben sie im Blick. Die Ziele sind gesteckt: "Wir wollen quantitativ und qualitativ starke Listen aufstellen, um flächendeckend in die Räte im Kreis einzuziehen. Im Kreistag wollen wir mindestens Fraktionsgröße erreichen."Meinung

Deutliche Zäsur
Die Ära des Karl-Wilhelm Koch bei den Grünen im Landkreis Vulkaneifel ist (vorerst) beendet. Eine deutliche Zäsur. In den vergangenen fünf Jahren wurde grüne Politik im Kreis kaum noch wahrgenommen. Eine Folge des Umstands, dass es sich mehr und mehr um eine Ein-Mann-Schau handelte. Das lag einerseits an Koch, der die Fäden in der Hand behalten wollte. Zum anderen hat er aber auch die Arbeit gemacht, um die sich andere Grüne gedrückt haben. Künftig soll sich das alles ändern. Zwei Gründe sprechen dafür, dass das klappen könnte. Erstens: Nach der Atomkatastrophe in Japan und der Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21 sind grüne Themen mehr denn je gesellschaftlich akzeptiert. Das könnte sich auch positiv auf die Mitgliederzahlen auswirken. Zweitens: Die neue Führungsriege hat Potenzial. Der neue Geschäftsführer ist politisch unverbraucht, und die beiden Sprecher stehen sowohl für die Einbindung junger Leute (Dominique Barth) als auch für die Moderation (Theresia Utters) zwischen den oft konkurrierenden Ortsverbänden und streitenden Mitgliedern. Ob sich das Trio wirklich durchsetzen wird, steht auf einem anderen Blatt. Allenfalls das Festhalten am "Kampf" gegen den Ausbau der A 1 könnte sich als Dämpfer für ein Widererstarken der Grünen im Kreis auswirken. m.huebner@volksfreund.de Der gebürtige Moselaner Klippel (geschieden, zwei Kinder), der seit 2000 in Daun wohnt und im sozialpsychiatrischen Betreuungszentrum als Diplom-Pädagoge arbeitet, war bei der jüngsten Landtagswahl Wahlkampfkoordinator der Grünen im Kreis. Er selbst ist erst seit 2009 Mitglied bei den Grünen und für diese auch im Verbandsgemeinderat Daun, war aber nach eigenem Bekunden "immer ein Grüner". Sich selbst attestiert er "Organisationsgeschick" und beschreibt sich als "wenig impulsiv". "Ich schaue mir die Dinge lieber erst einmal genau an und höre aufmerksam zu, bevor ich mir ein eigenes Urteil bilde. Wenn ich dann aber mit einem Vorschlag komme, ist der in der Regel gut durchdacht und vorbereitet", umschreibt er seine grundlegende Vorgehensweise und Art. mh

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