Platz für 31 Windräder im Hillesheimer Land

Hillesheim · Ja zu mehr Windkraft: Der Rat der Verbandsgemeinde (VG) Hillesheim hat mehrheitlich beschlossen, dass bis zu 31 Windkraftanlagen (WKA) vorwiegend im Wald neu installiert werden können - bei Hillesheim (5), bei Kerpen-Berndorf-Üxheim (13), bei Wiesbaum (4), bei Nohn-Üxheim (6) und südlich von Nohn (3).

Hillesheim. Das Zuschauerinteresse bei der VG-Ratssitzung war groß: 50 Gäste, überwiegend Windkraftgegner aus Nohn und Flesten, waren in den Rathaussaal gekommen, um die von ihnen seit langem geforderten Informationen zu bekommen. Und zogen anschließend sichtlich bestürzt wieder von dannen - aus zweierlei Gründen: erstens wegen der hohen Zahl der möglichen neuen WKA (bei der ersten Planung war von bis zu 25 WKA die Rede), zweitens wegen der Qualität der Information.
"Es wäre das Mindeste gewesen, wenn man uns die Informationen in Form eines Papiers ausgehändigt hätte, anstatt sie nur im Eiltempo per Beamer vorzustellen. Und weshalb die gezeigten Fotomontagen, auf denen man sieht, wie mächtig die Anlagen in der Nähe der Dörfer wirklich sind, unter Verschluss gehalten werden, wird Frau Bohns Geheimnis bleiben", sagte Erwin van den Maagdenberg aus Kerpen. Martin Kleppe von "Sturm im Wald" meinte: "Wenn das so realisiert wird, ist es vorbei mit Ruhe und Tourismus: Dann ist unsere Heimat nämlich eine Industrielandschaft. Wer will da noch Urlaub machen?"
Reinhold Hierlmeier vom beauftragten Büro BGH-Plan, das auch die Windkraftplanung an der Oberen Kyll und in Gerolstein macht, meinte bei der Präsentation der Fotomontagen: "Das ist das Maximale, was anhand dieser Planung möglich ist, also quasi das Schreckensszenario." Und das sorgte bei der Präsentation für Spontanreaktionen von "Ooooh!" über "Ach Gott!" bis hin zu ungläubigem Gelächter. Hillesheims Stadtbürgermeister Matthias Stein (CDU), kein großer Freund der Windkraft, meint gegenüber dem TV: "Die Bilder haben mich schon geschockt. Ich glaube, wenn die Menschen das sehen, geht der Protest erst richtig los. Denn bislang hat wohl kaum jemand eine Vorstellung davon gehabt, wie das in Wirklichkeit aussehen würde bei Anlagen, die größer sind als der Kölner Dom." Dennoch stimmte auch er für die Planung: "Um einen Wildwuchs zu verhindern." Bürgermeisterin Heike Bohn (parteilos) betonte immer wieder, dass letztlich die Grundstückseigentümer - fast ausschließlich die Ortsgemeinden - nun zu entscheiden hätten, wie viele Anlagen innerhalb der Vorrangflächen aufgestellt würden. Und sie erneuerte ihren Appell, "zusammenzuarbeiten und dabei das Ganze nicht aus den Augen zu verlieren". Damit spielte sie einerseits auf Absprachen mit den Nachbardörfern an, andererseits auf die bislang erfolglosen Versuche, einen Solidarpakt auf die Beine zu stellen, um die Akzeptanz innerhalb der gesamten VG zu erhöhen. Aber das ist noch Zukunftsmusik.Meinung

Verschlusssache Windkraft
Mit dieser Planung, die zu den drei kleinen Windrädern bei Zilsdorf gut 30 weitere und viel höhere Windkraftanlagen möglich werden lässt, wird sich das Gesicht des Hillesheimer Landes deutlich verändern. Das wollen die politisch Verantwortlichen so. Aber so richtig sagen wollen sie es den Bürgern offenbar nicht. Wie ist anders zu erklären, dass Bürgermeisterin Heike Bohn die eigens in Auftrag gegebenen Fotomontagen mit Windrädern in Nähe der Dörfer zwar kurz präsentiert, sie aber dann unter Verschluss hält? Hofft sie darauf, die Bürger an die bis zu 200 Meter hohen Anlagen gewöhnen zu können, wenn hier mal fünf und dort mal fünf errichtet sind? Wer weiß. Offener und fairer wäre es gewesen, die Bürger vor Verabschiedung der Rahmenplanung miteinzubeziehen. So aber schafft man Frust statt Vertrauen in die Politik. Die Ortsgemeinderäte sollten bei ihren Detailplanungen, wie viele Anlagen letztlich auf ihrer Gemarkung errichtet werden sollen, nicht den gleichen Fehler begehen. m.huebner@volksfreund.deExtra

Das sagen Ratsmitglieder:Johannes Pinn, Fraktionssprecher der FWG: "Wir haben langfristig keine Alternative zu den erneuerbaren Energien, daher ist die Planung gut und richtig. Dennoch sollte die Windkraft maßvoll angegangen und versucht werden, die größtmögliche Wertschöpfung zu erzielen. Anstatt nur zu verpachten und dann lediglich ein Drittel der Einnahmen zu erzielen, sollten wir lieber lediglich ein Drittel der Anlagen aufstellen, aber damit genauso viel Geld einnehmen." Stefan Schmitz, Fraktionssprecher der SPD: "Die durch die Windkraft neuen Einnahmemöglichkeiten der Gemeinden sind es nicht wert, dass sich die Bürgerschaft spaltet. Wir fordern daher eine Windkraftplanung mit Augenmaß, die Rücksicht auf Bürger, Natur und Landschaft nimmt und nicht maximalen Gewinn verfolgt. Zudem erachten wir die Solidarisierung der Windkrafteinnahmen zwischen allen Gemeinden der VG als notwendig. All das sehen wir hier nicht." Fritz Thiel (SPD): "Die Fotomontagen haben mich doch sehr getroffen und die hier anwesenden Bürger auch. Ich bin daher dafür, vor einem Beschluss die Bilder erst einmal zu veröffentlichen und dann die Reaktionen der Bevölkerung abzuwarten." Rudolf Raetz (CDU), Ortsbürgermeister von Kerpen: "Es war richtig, Flächen auszuweisen. 25 Windkraftanlagen oder mehr sind aber zu viel. Die Ortsgemeinden sollten sich jetzt unterein-ander abstimmen, was verträglich ist, und davor eventuell Bürgerbefragungen machen." mhExtra

Nach diesen Kriterien wurde die Planung erstellt: 1000 Meter Abstand zum Dorf; Mindestwindgeschwindigkeit: 6,2 Meter pro Sekunde in 100 Metern Höhe; Öffnung der Biotopflächen für WKA; keine Öffnung von Vogelschutz- und FFH-Gebieten. Geplant sind Vorrangflächen bei Hillesheim (60 Hektar/maximal 5 Anlagen), bei Kerpen-Berndorf-Üxheim (210/13), bei Wiesbaum (10/3-4), bei Nohn-Üxheim (32/6). Ob die Fläche im Vogelschutzgebiet südlich von Nohn (19/3) Realisierungschancen hat, ist laut Planer Hierlmeier fraglich. Zudem grenzen im Bereich Wiesbaum, Üxheim und Nohn WKA-Vorrangflächen der Nachbarn an. Künftig stehen bis zu 330 Hektar Fläche in der VG Hillesheim für Windkraft zur Verfügung. Das entspricht 2,4 Prozent der VG-Fläche. Würden alle Standorte ausgenutzt und mit modernen drei-Megawatt-Anlagen bestückt (Gesamthöhe rund 200 Meter), würden damit 175 Prozent des VG-eigenen Strombedarfs gedeckt. mh

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