Pleitegeier schwebt über der Region

Kein Geld in der Kasse: Im Landkreis Vulkaneifel haben viele Dörfer und Städte Schulden - zusammengerechnet 87 Millionen Euro. Spitzenreiter in der Pro-Kopf-Verschuldung ist die Gemeinde Lissendorf (Verbandsgemeinde Obere Kyll). Auf jeden der 1121 Einwohner kommen dort 2218 Euro Schulden.

Daun. Zusammengerechnet haben die Dörfer und Städte in der Vulkaneifel rund 87 Millionen Euro Schulden. Hinzu kommen noch Schulden der Eigenbetriebe in Höhe von 116 Millionen Euro.

Beim Blick auf die einzelnen Gemeinden fällt auf, dass Lissendorf (Verbandsgemeinde Obere Kyll) Spitzenreiter in Sachen Pro-Kopf-Verschuldung ist. Anhand von Daten des statistischen Landesamtes ist ersichtlich, dass dort ein Loch von über zwei Millionen Euro in der Haushaltskasse klafft. Auf jeden der 1121 Einwohner Lissendorfs, die laut amtlicher Statistik dort ihren Hauptwohnsitz (siehe Extra) haben, kommen 2218 Euro Schulden.

Eine stattliche Größe - das weiß auch Lissendorfs Ortsbürgermeister Lothar Schun. Wieso aber seine Gemeinde so hoch verschuldet ist, darauf will sich Schun nicht festlegen. "Darüber könnte man eine Doktorarbeit schreiben", meint er. Ein wichtiger Grund sei aber auf jeden Fall, dass die Einnahmen durch die Pflichtausgaben und Umlagen direkt aufgebraucht würden. "Wir haben hier wirklich kein Geld zum Fenster rausgeworfen", sagt Schun. Investitionen in den vergangenen Jahren, wie zum Beispiel das Dorfgemeinschaftshaus oder der Kinderspielplatz, seien nötig gewesen. Und auch die Förderung für die Eifeler Fleischwaren- und Konservenfabrik habe ein großes Loch in die Haushaltskasse gerissen. Der Schuldenstand sei aber mittlerweile aber schon um eine Million Euro gesunken, weil die Rückzahlung des Unternehmens erfolgt sei. Für ein Haushaltsergebnis, wie es die Gemeinde Lissendorf aufweist, sei vor allem die Infrastruktur als Ursache zu nennen. "Der Bürger muss einfach verstehen, dass er für gewisse Ansprüche tiefer in die Tasche greifen muss", sagt Richard Bell, Kämmerer der Verbandsgemeinde Obere Kyll. Viele Vorfinanzierungsaufwendungen würden bei den Gemeinden immer wieder für die Schulden sorgen.

Weitere Spitzenreiter in der Vulkaneifel in Sachen Pro-Kopf-Verschuldung sind die Gemeinden Immerath (1829 Euro, VG Daun), Schutz (1755 Euro, VG Daun), Stadtkyll (1749 Euro, VG Obere Kyll) und Jünkerath (1392 Euro, Obere Kyll).

"Die Aussagekraft der Pro-Kopf-Verschuldung ist zunächst relativ, da kleinere Ortsgemeinden gegenüber größeren bei einer gleichartig gelagerten Investition ,benachteiligt' werden", erklärt Verena Bernardy von der Kreisverwaltung Vulkaneifel in Daun. Daher werde die Pro-Kopf-Verschuldung landesweit mit Gemeinden gleicher Gemeindegrößenklassen verglichen. Volkswirtschaftsprofessor Georg Müller-Fürstenberger von der Uni Trier sieht in der Pro-Kopf-Verschuldung durchaus eine relevante Größe: "Auch das Bruttoinlandsprodukt und andere volkswirtschaftliche Größen werden von den internationalen Institutionen als Pro-Kopf-Größen ausgewiesen." Eine Pro-Kopf-Zahl berücksichtige die Größe der Gemeinde. Aus den Schulden herauskommen können die Gemeinden nur, indem sie sparen oder mehr einnehmen: "Eine kleine Gemeinde kann sparen, indem Verwaltungsfunktionen abgegeben werden, und der Eigenleistungsanteil der Bürger steigt."

Eine Einnahmensteigerung könne nur über die Gebühren und Beiträge erfolgen. Kommunalsteuern seien für kleine Gemeinden eher ein ungeeignetes Instrument. Auf den einzelnen Bürger warten laut Müller-Fürstenberger höhere Beiträge und Gebühren sowie die Schließung öffentlicher Einrichtungen - zum Beispiel von Friedhöfen.

Die Schulden der Ortsgemeinden sind jedoch nicht alles, was in die schlechte Bilanz eingeht. Weitere Schulden haben die Gemeinden über die Verbandsgemeinden und Kreise.

Schulden Vulkaneifel Kreis Vulkaneifel: 86,7 Millionen Euro (Kernhaushalt), Einwohner: 61 997 VG Daun: 9,9 Millionen Euro (Kernhaushalt), 43,1 Millionen Euro (Eigenbetriebe) = 53 Millionen Euro (Gesamtverschuldung), Einwohner: 23 388 VG Gerolstein: 5,4 Millionen Euro (Kernhaushalt) + 27,8 Millionen Euro (Eigenbetriebe) = 33,2 Millionen Euro (Gesamtverschuldung), Einwohner: 13 834 VG Hillesheim: 2,2 Millionen Euro (Kernhaushalt) + 20,9 Millionen Euro (Eigenbetriebe) = 23,1 Millionen Euro (Gesamtverschuldung), Einwohner: 8700 VG Kelberg: 1,1 Millionen Euro (Kernhaushalt) + 16,9 Millionen Euro (Eigenbetriebe) = 18 Millionen Euro (Gesamtverschuldung), Einwohner: 7304 VG Obere Kyll: 4,2 Millionen Euro (Kernhaushalt) + 6,9 Millionen Euro (Eigenbetriebe) = 11,1 Millionen Euro (Gesamtverschuldung) Einwohner: 8771 (sts)

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