Prosit Neujahr! Waschen verboten!

Das alte Jahr geht zu Ende, das neue beginnt. Zeit für einen Rückblick aber auch für Wünsche und Hoffnungen auf die Zukunft. Dieser Übergang von einem Jahr in ein neues ist begleitet von zahlreichen Bräuchen.

Daun/Gerolstein/Wittlich. "Prost Neijoahr, de Buckel voll Seijhoar, de Kopp voll Flieh, wat willste noch mieh!" So lautet ein vielgesprochener und beliebter Ausspruch zum neuen Jahr, der sowohl beim Sprecher als auch beim Zuhörer Schmunzeln auslöst.

Viel ernsthafter und seriöser lautete der Segensspruch, den unsere Vorfahren zu Beginn des Kalenderjahres einander wünschten: "Ich wünsche dir ein gutes neues Jahr, sollst lange leben, glücklich sterben und dann den Himmel erben!"

Und wem ist es bei diesem Wunsch schon bewusst, dass "Prost" sich von dem lateinischen Wort "Prosit" ableitet und übersetzt zu einer frommen Segensformel wird: "Es möge (dir) nützen!"

Ja, die Nacht von Silvester auf den ersten Tag des neuen Jahres, hat schon etwas Geheimnisvolles an sich. "Das Alte ist vergangen, das Neue angefangen!" Und da man nie weiß, was das Neue, Unbekannte bringen wird, werden Unsicherheitsgefühle wach.

Besinnliche Gedanken und fragende Ungewissheit drängen sich ins Bewusstsein. Ob das kommende Jahr Böses, Unheilvolles, Übles mit sich bringt? Da werden Blei gegossen und Orakel befragt; es wird nach Wind und Wetter geschaut, nach Pflanzen und Knospen, um Voraussagen fürs kommende Jahr zu erkennen.

Wer weiß, aber bei seinem Beginn kann man ja schon mal vorbeugen und dem Argen gar keine Chance lassen, von uns oder unserem Haus Besitz zu nehmen. Also begrüßen wir das Neue Jahr mit Freudenböllern und Salutschüssen und vertreiben gleichzeitig mit allen möglichen Lärminstrumenten Teuflisches und Dämonisches. Also ran, ihr starken und mutigen Männer! Um Mitternacht an die Gewehre! Lasst sie krachen, schießt ins Dunkle, zündet Böller und Raketen! Ruft und poltert! Zeigt dem Unheil, den Teufeln und den Hexen - haltet euch von uns fern!

Doch zuvor heißt es, diese mitternächtliche Stunde abzuwarten. Und was ist dabei besser, als in froher Männerrunde dem Kartenspiel und dem reichlichen Trinken zu frönen? Klar, dass bald die Stube und der Wirtssaal in einen dichten Nebel von Zigarren- und Pfeifenqualm eingehüllt waren. Bierkrüge und Schnapsgläser drehten ihre Runden, und es gehörte zum Selbstverständlichen, dass der Wirt mehr als eine Runde kostenlos spendierte und seine Gäste auch noch zu einem kleinen Imbiss einlud.

Die Frauen indes blieben zu Hause und vertrieben sich die Zeit mit dem Stricken oder Häkeln. Nein, Wäsche waschen durfte man auf gar keinen Fall, weil sonst in Bälde ein Todesfall eintritt. Spinnen war ebenfalls ganz verboten, denn wer in der Silvesternacht spann, spann sich Streit und Ungeziefer ins Haus.

Gruselgeschichten am Kaminfeuer



Aber Geschichten und gruselige Sagen, fromme Heiligenlegenden und lustige Begebenheiten wurden erzählt, dass selbst die Kinder, die still am warmen Ofenherd kauerten, vor Aufregung bibberten.

Doch nach Mitternacht, wenn die Dorfglocken froh den Beginn des Neuen Jahres einläuteten, gingen alle hinaus auf die Dorfstraße, um den Schießen und Krachmachen zuzuhören.

Auch packte einen noch der Vorwitz, welcher Bursche vor welchem Haus am meisten böllerte und "Prost Neujoahr!" rief. Denn dort wohnte dann seine Geliebte, der er seine ganze Kunst des "Neujahrsanschießens" widmete.

Und wie strahlte er dann, wenn seine Angebetet ihm dann die Tür öffnete und sich bedankend ihn einlud zu kräftigem Schinkenbrot oder einer Pfanne voller Rühreier.

Kurfürstliche und preußische Gesetze verboten immer wieder dieses Neujahrsschießen. Mancher Unachtsame hatte bereits dadurch Feuer ausgelöst oder Verletzte gefordert. Aber dieser uralte Lärmbrauch, bereits zur vorchristlichen Zeit bekannt, ließ sich nicht ausrotten, zumindest nicht bis nach den Ersten Weltkrieg.

Danach ersetzten käufliche Kracher, Heuler, Böller und immer bunter und teurer werdende Silvesterraketen das Schießen mit Gewehren.

Für die Klein- und Schulkinder war der Neujahrstag der wesentlich bedeutsamere. Da eilten alle sofort nach den Kirchenmessen und dem Mittagessen hin zu Onkeln und Tanten, zu Paten und Patinnen, wünschten ihnen allen "Prost Neujoahr! Viel Glück im neijen Joahr!" und wagten vielleicht den Zusatz "und mir och en Neujährchen!".

Dann freuten sie sich riesig, wenn sie von den Verwandten von "Pättchen" oder der "Jött" einen süßen "Neujahrsweck" oder einen "Neujahrstaler" bekamen, den diese sich in ihrer damaligen Bescheidenheit möglicherweise angespart hatten.

Welche internationalen Silvesterbräuche es gibt, lesen Sie auf

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