Prozess um aufgebrochene Geldautomaten: Landgericht Trier plant Urteil im November

Trier/Wittlich/Daun. · Ein Ehrenkodex ist offenbar Grund dafür, dass sich die vier Angeklagten im Prozess um den Aufbruch mehrerer Geldautomaten in der Eifel vor dem Trierer Landgericht nicht zur Anklage äußern. Das jedenfalls führte gestern die psychiatrische Gutachterin aus. Dennoch will das Gericht den Prozess zuende bringen: Im November soll ein Urteil verkündet werden.

Die Ungeduld ist Armin Hardt deutlich anzuhören: "Wollen Sie wirklich noch länger hier herumhocken?" fragt der vorsitzender Richter der Dritten Großen Strafkammer am Trierer Landgericht die vier Männer, die vor ihm auf der Anklagebank sitzen. Seit Ende Juni läuft mittlerweile der Prozess um mehrere aufgebrochene Geldautomaten in der Eifel (siehe Extra): Gut 50 Zeugen wurden gehört, Telefonmitschnitte und Videos aus Überwachungskameras abspielt, Schriftstücke verlesen.

Ein Mammutverfahren, das sich unter anderem auch deshalb in die Länge zog, weil immer wieder neue Beweisanträge gestellt wurden. Vor allem aber dauert der Prozess, weil sich keiner der vier Angeklagten zu den Vorwürfen geäußert hat (der TV berichtete). Und so ist auch nach gut einem Dutzend Verhandlungstagen nicht klar, ob immer alle Vier bei den angeklagten Taten dabei waren, wer Chef und wer lediglich Mitläufer war.
Das beharrliche Schweigen des Quartetts beruht offenbar auf einer Art "Ehrenkodex": Das führt die psychiatrische Sachverständige Sylvia Leupold in der Sitzung am Dienstagnachmittag aus. Sie sollte die beiden ältesten Angeklagten wegen ihres regelmäßigen Drogenkonsums auf ihre Schuldfähigkeit begutachten. Sowohl mit dem 32- als auch dem 33-Jährigen hatte Leupold daher ein längeres Gespräch in der U-Haft geführt. "Er hat mir gesagt, dass er, würde er sich als Einzelner zur Sache einlassen und die anderen würden weiter schweigen, einen Ehrenkodex brechen würde und er die Befürchtung habe, dass seine Familienmitglieder mit Repressalien rechnen müssten", berichtet sie aus dem Gespräch mit dem 32-Jährigen.

Die Gutachterin hält beide Angeklagten - sollten diese verurteilt werden - trotz ihres regelmäßigen Drogenkonsums für voll schuldfähig. Bei dem 32-Jährigen, bereits vorbestraft wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz, liege aber eine Kokainsucht vor, und es bestehe die Gefahr, dass er wegen dieser Sucht weitere Straftaten begehe: Deswegen empfiehlt sie für ihn bei einer Verurteilung eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt.
Sein Verteidiger Dr. Gerhard Prengel kämpft dagegen weiter darum, seinen Mandanten zu entlasten: Er stellt auch gestern wieder einen Beweisantrag und will die Eltern des 32-Jährigen als Zeugen hören. Sie könnten bezeugen, dass ihr Sohn im November 2013 - zu der Zeit, als die Aufbruchserie begann - im Kosovo gewesen sei. Ein entsprechendes auf den Angeklagten ausgestelltes Flugticket, das der Anwalt zuletzt vorgelegt hatte, stellte sich nach Überprüfung durch die Polizei allerdings als falsch heraus: Den darauf angegebenen Flug hat es nie gegeben.
Das Gericht wird am 10. November darüber entscheiden, ob es die Eltern noch hören möchte. Oder aber ob es die Beweisaufnahme schließt und den Prozess zuende bringt: "Es ist doch im Sinne der Angeklagten, die Veranstaltung hier endlich zu beenden", sagt Richter Hardt.

Die Staatsanwaltschaft wirft den vier Angeklagten im Alter zwischen 29 und 33 Jahren unter anderem schweren Bandendiebstahl vor. Sie sollen zwischen November 2013 und Januar 2014 drei Geldautomaten in Wittlich, Daun und Badem gewaltsam aufgebrochen und dabei mindestens 180.000 Euro erbeutet haben. Ein weiterer Aufbruchversuch in Gerolstein scheiterte laut Anklageschrift, weil die Täter von einem Zeugen gestört wurden.
Den beiden ältesten Angeklagten wird zudem schwerer räuberischer Diebstahl vorgeworfen: Beamten eines Mobilen Einsatzkommandos (MEK) hatte im Januar nach dem Aufbruch eines Bankautomaten in Badem zwei Fahrzeuge bis nach Daun verfolgt und dort gestellt. Die beiden ältesten Angeklagten, die gemeinsam in einem der beiden Wagen saßen, fuhren dennoch weiter und verletzten dabei einen Polizisten am Bein. neb

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