Quittung für einen zufälligen Raub

GILLENFELD/TRIER. Die zwei Räuber aus Mayen, die Ende Januar den Schlecker-Markt in Gillenfeld überfallen hatten, sind vom Trierer Landgericht zu fünfeinhalb und zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Der 24-jährige Täter bleibt hinter Gittern, der 22-Jährige konnte das Gericht als freier Mann verlassen, weil die Strafe auf Bewährung ausgesetzt wurde.

Zwei junge Angeklagte mit völlig unterschiedlichen Lebensgeschichten standen gestern vor der dritten Großen Strafkammer. Der 24-Jährige, ein gebürtiger Rheinländer, ist seit elf Jahren drogensüchtig, hat keinen Schulabschluss und schon zwei Mal im Gefängnis gesessen, eine lange Vorstrafenliste und Schulden. Mehrere Entzugstherapien hat er abgebrochen. Der 22-Jährige hat einen Schulabschluss, mit Drogen nichts am Hut, keine Schulden und nur wenig auf dem Kerbholz. 2003 wurde er erwischt, als er betrunken mit einem Roller unterwegs war und in eine Rosenmontags-Schlägerei auf dem Mayener Marktplatz verwickelt war. Gemeinsam hatten die arbeitslosen Männer eine Clique "zum Abhängen und Party machen". Beide Angeklagte gestanden und bereuten die Tat. Allerdings wurde bei den Schilderungen klar, dass der 24-Jährige der Rädelsführer war. Er ging alleine in den Laden, bedrohte die Kassiererin mit einer Schreckschusspistole, verstellte seine Stimme, damit er für einen Migranten gehalten wurde und behielt den Großteil (70 Euro) der Beute. Richter Armin Hardt bescheinigte ihm "hohe kriminelle Energie". Auch deshalb, weil er schon seit längerem die Waffe besaß und damit morgens aus dem Haus ging, "um irgendwas anzustellen". "Zufällig sind wir in Gillenfeld gelandet, weil uns da allmählich der Sprit ausging", berichtete der 24-Jährige. Seinem 22-jährigen Kumpel, der das Auto seiner Mutter fuhr und den das Gericht als "Mitläufer" sah, gab er den Rest der Beute (20 Euro), um zu tanken. Ebenso zufällig wurde die Kassiererin des Gillenfelder Schlecker-Markts zum Opfer. "In Banken und Tankstellen sind ja Kameras", erklärte der Räuber seine Wahl. Staatsanwältin Claudia Trenkle erklärte ausführlich, warum bei dem 22-Jährigen von einem "minderschweren Fall" auszugehen sei und deshalb nicht die Mindeststrafe für schweren Raub von fünf Jahren Freiheitsstrafe, sondern zwei Jahre anzusetzen sei. Sie meinte: "Während der 4,5 Monate Untersuchungshaft haben Sie deutlich die Konsequenzen ihres Verhaltens gespürt." Ein harter "Denkzettel" für 20 Euro. Als weiterer Pluspunkt für ihn zählte, dass ihm seine Familie schon einen Job für die Zeit nach der U-Haft besorgt hatte. Mit dieser günstigen Sozialprognose und der richterlichen Warnung ("Ich will sie hier nie mehr sehen") verließ der 22-Jährige gemeinsam mit seinen Eltern und seiner Schwester den Gerichtssaal. Seine Freiheitsstrafe wurde auf Bewährung ausgesetzt. Die Familie des 24-Jährigen sorgte derweil in den Verhandlungspausen für peinliche Auftritte. Mal ließ der Großvater fremdenfeindliche Parolen los, mal keiften Mutter oder Oma mit dem Angeklagten. Dessen hochschwangere Freundin registrierte alles regungslos. Unbeeindruckt von den Äußerungen seiner Familie entschuldigte sich der Rädelsführer nach der Verhandlung bei der Familie des Mitläufers für "das, was ich Ihnen angetan habe". Der Kassiererin habe er schon einen Entschuldigungsbrief geschrieben. Die Urteile sind rechtskräftig, weil sie von allen Beteiligten noch im Gerichtssaal akzeptiert wurden.

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