Rechnungshof für Kindergarten-Neustart

Appell zum Neustart: Der Landesrechnungshof empfiehlt der Stadt Gerolstein, den Kindergarten in der Raderstraße komplett neu zu planen, um somit deutlich Kosten einzusparen. Auch eine Kombi-Lösung mit kleinerem Neubau und Sanierung des Kindergartens Lindenanlage wird ins Spiel gebracht. Heute behandelt der Stadtrat das Thema.

 Zwar werden immer weniger Kinder geboren, doch es müssen künftig auch für Kleinkinder Betreuungsplätze vorgehalten werden: Vor dieser Herausforderung steht auch die Stadt Gerolstein. Foto: iStock

Zwar werden immer weniger Kinder geboren, doch es müssen künftig auch für Kleinkinder Betreuungsplätze vorgehalten werden: Vor dieser Herausforderung steht auch die Stadt Gerolstein. Foto: iStock

Gerolstein. Die Experten vom Landesrechnungshof (LRH) lassen es nicht an Deutlichkeit mangeln. Ihre beiden zentralen Aussagen auf eine TV-Anfrage zum geplanten Kindergarten in der Raderstraße in Gerolstein lauten: "Eine Neuplanung der Kindertagesstätte ist erforderlich." Und: "Die Baukosten können deutlich gesenkt werden."

Zwar lassen sich die Experten aus Speyer nicht auf eine Zahl festnageln, LRH-Mitarbeiter Johannes Herrmann sagt aber: "Es geht - auch mit hohem Energiestandard - wesentlich günstiger." Es solle sogar geprüft werden, ob "eine Realisierung des Gebäudes im Passivhausstandard oder der Anschluss an ein Nahwärmenetz wirtschaftlich ist". Vor allem aber soll der Komplex deutlich kleiner ausfallen.

Weiterhin schlägt der LRH vor, der Kindergarten solle so flexibel gebaut werden, dass bei rückläufigen Kinderzahlen ein Teil des Gebäudes abgetrennt und mit geringem Umbauaufwand für andere Nutzungen hergerichtet werden könne.

Grundsätzlich hegt die Behörde mit Sitz in Speyer "Zweifel, ob Kindertagesstätten mit mehr als 100 Kindern aus sozialpädagogischer Sicht eine optimale Lösung darstellen". Dies werfe - auch vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung - die Frage auf, ob es nicht zweckmäßiger und wirtschaftlicher sei, die "Kindertagesstätte Lindenanlage zu sanieren, dort gegebenenfalls weniger Gruppen unterzubringen und zusätzlich einen kleineren Neubau auf dem jetzt vorgesehenen Grundstück zu errichten".

Aus all diesen Gründen schlägt der LRH keine Um-, sondern eine Neuplanung vor. Herrmann: "Der jetzige Entwuf lässt sich nicht oder nur sehr schlecht umplanen, so dass sich all unsere Empfehlungen niederschlagen. Da macht eine komplette Neuplanung mehr Sinn." Aus der Frage, ob mit dem bisherigen Architekten-Duo weitergearbeitet werden soll, "halten wir uns raus. Das ist Sache der Kommune", sagt der LRH-Mitarbeiter.

Hermann Lux, erster Beigeordneter der Stadt Gerolstein, der seit dem überraschenden Rücktritt von Stadtbürgermeister Karl-Heinz Schwartz vor drei Wochen die Amtsgeschäfte inne hat, gab sich wortkarg. Er sagte: "Vor der Stadtratssitzung will ich mich nicht zu dem Thema äußern."

Meinung

Schallende Ohrfeige

Die Aussagen des Landesrechnungshofs zum Kindergarten Raderstraße sind eine schallende Ohrfeige: für den Stadtrat, für die Verwaltung, für die beauftragten Architekten. Der Stadtrat hat sich trotz Finanznot für einen Neubau (und gegen die Sanierung des Kindergartens Lindenanlage) sowie für die Zentralisierung am neuen Standort (und gegen die Nutzung von freien Kapazitäten in den Stadtteilen) ausgesprochen. Das war populär - bis zum Baustopp. Kritisch begleitet hat er die Entwicklung nicht. Die Verwaltung: Sie hat, was Größe und Ausstattung angeht, den Stadtrat beraten. Falsch, wie der Landesrechnungshof sagt. Die Architekten: Die Planung ist, so der Vorwurf aus Speyer, nicht flexibel genug, um auf sinkende Kinderzahlen adäquat reagieren zu können. Daraus müssen alle Beteiligten ihre Lehren ziehen und überlegt, (selbst-)kritisch und in der gebotenen Ruhe an den notwendigen Neustart gehen. Die Vorschläge aus Speyer sind es wert, eingehend beleuchtet zu werden. m.huebner@volksfreund.deExtra Am 15. April hatte der Bauausschuss der Stadt Gerolstein völlig überraschend einen Bau- und Planungsstopp für den Kindergarten Raderstraße verhängt. Grund war die bereits Wochen zuvor bekannte Kostensteigerung von ursprünglich knapp drei auf vier Millionen Euro Gesamtkosten. Gleichzeitig wurde der Landesrechnungshof gebeten, die Unterlagen auf Einsparmöglichkeiten zu untersuchen. Heute Abend spricht der Stadtrat (ab 18 Uhr öffentlich, zuvor nichtöffentlich im Rathaus in Gerolstein) über das weitere Vorgehen in Sachen Kindergarten. (mh)

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