Rotmilan stoppt Windkraft-Planung

Hillesheim · Die Verbandsgemeinde Hillesheim hält an ihrer Windkraftplanung fest - trotz massiven Widerstands von Bürgern und Naturschutz-Bedenken. Nach aktuellem Stand sind Vorrangflächen für rund ein Dutzend Anlagen vorgesehen. Ursprünglich waren es fast dreimal so viele. Nicht zuletzt wegen des Rotmilans ist aber weiter unklar, ob überhaupt eine Anlage errichtet wird.

Hillesheim. Rund zwei Dutzend Bürger - fast alles Windkraftgegner des Vereins "Sturm im Wald" - besuchten die jüngste Sitzung des Rates der Verbandsgemeinde (VG) Hillesheim. Der wollte in seiner turnusmäßig letzten Sitzung vor der Kommunalwahl noch einen weiteren Schritt in Sachen Windkraftplanung gehen. Konkret ging es darum, zu den rund 200 Eingaben zur Planung Stellung zu beziehen. Im Großen und Ganzen blieb der Rat aber bei seinem eingeschlagenen Weg (siehe Hintergrund) und stimmte mit der Mehrheit von CDU und FWG für die weitere Planung, von der SPD gab es Gegenstimmen und Enthaltungen.
Der Plan sieht nach jetzigem Stand eine kleine Vorrangfläche für ein oder zwei Windenergieanlagen (WEA) bei Wiesbaum vor, wo ein grenzüberschreitender Windpark mit Dollendorf (NRW) entstehen soll, und die große Fläche zwischen Kerpen, Berndorf, Flesten, Wiesbaum, Leudersdorf, wo Platz für knapp ein Dutzend WEA ist. Die Flächen bei Nohn und im Hillesheimer Stadtwald sind bereits verworfen worden.
Messlatte herabgesetzt


Damit überhaupt weiterhin Areale berücksichtigt werden, hat der Rat den Wert für die minimal nötige Windhöffigkeit heruntergesetzt. War bislang eine Windgeschwindigkeit von 6,2 Meter pro Sekunde in 100 Metern Höhe nötig, sind es nun nur noch 6,1 Meter in 140 Metern Höhe. Die größere Höhe des Messpunktes hat mit dem Wachstum der WEA zu tun, die heute rund 150 Meter Nabenhöhe und mehr als 200 Meter Gesamthöhe erreichen. Und dass nochmals über die Windhöffigkeit abgestimmt wurde, liegt daran, dass die aktuellen Winddaten von 2013 zugrunde gelegt werden müssen. Aus dem geht aber auch hervor, wie Planer Reinhold Hierlmeier vom Büro BGH Plan aus Trier sagte, dass die durchschnittliche Windgeschwindigkeit in den vergangenen zehn Jahren abgenommen hat. Er sagte: "Wenn wir die 6,2 beibehalten, gibt es im Bereich der VG Hillesheim keine Eignungsfläche für die Windenergie." Das brachte ihm den Applaus der Gäste ein. Denn je stärker der Wind bläst, desto mehr Ertrag bringt eine WEA.
"Die Windhöffigkeit ist zwar maßgeblich, aber nicht das alleinige Kriterium, ob eine Anlage wirtschaftlich zu betreiben ist", betonte Bürgermeisterin Heike Bohn (parteilos). Die Kosten der Anlage, des Wegebaus etc. spielten ebenfalls eine Rolle. Laut Landesplanung gelten Standorte ab 5,8 Meter pro Sekunde als ertragreich, sagte Hierlmeier. Er fügte aber auch hinzu: "Die Landesregierung will die Energiewende, daher ist der Windenergie substanziell Platz zu schaffen." Er riet daher ebenso wie die Bürgermeisterin und CDU-Fraktionssprecher Bernhard Jüngling davon ab, gar keine Vorrangflächen auszuweisen. Jüngling: "Wenn wir nichts ausweisen, dann öffnen wir die gesamte VG für Windenergieanlagen." Damit spielte er darauf an, dass WEA im Außenbereich als privilegierte Bauvorhaben zu behandeln sind. Oder, wie Heike Bohn es sagte: "Wir wollen steuern und Herr des Verfahrens bleiben."
Ob aber überhaupt Vorrangflächen übrig bleiben, ist dennoch weiter unklar. Denn die Untere Naturschutzbehörde hat nicht zuletzt wegen Gutachten und den Einwendungen von Sturm im Wald der Kommune aufgetragen, das große Vorkommen des besonders schützenswerten Rotmilans genau zu untersuchen. Das geschieht bereits, bis Herbst werden die Ergebnisse erwartet. Hierlmeier sagte dazu: "Es ist wahrscheinlich, dass es deswegen zu deutlichen Einschränkungen kommt."
Gegner wollen Null-Lösung


Den Interessensvertretern des Vereins Sturm im Wald ist das nicht genug. Sprecher Martin Kleppe aus Flesten sagte dem TV: "Wir machen keine faulen Kompromisse, sondern wollen die Null-Lösung. Denn steht erst einmal eine Anlage, gilt das Gebiet als verbraucht und es kommen weitere." Mitstreiterin Rabea Steinbach aus Nohn war über das Vorgehen enttäuscht. Sie sagte: "In Sachen Windhöffigkeit und Milan hätte der Rat heute zwei- mal die Kurve kriegen können. Aber es wurde einfach nur abgehakt. Eine miese Vorstellung."
Extra

 Im Hillesheimer Land gibts nur drei, teilweise defekte, Windenergieanlagen. Ob künftig welche dazukommen, ist noch offen. TV-Foto: Mario Hübner

Im Hillesheimer Land gibts nur drei, teilweise defekte, Windenergieanlagen. Ob künftig welche dazukommen, ist noch offen. TV-Foto: Mario Hübner

Von den 200 Einwendungen zur Windkraftplanung kamen 150 von Bürgern. Alle Forderungen, die Planung einzustellen, hat der Rat einstimmig beziehungsweise mit großer Mehrheit zurückgewiesen: Rotmilan: Es werden die Ergebnisse der umfangreichen Aktionsraumanalyse abgewartet. Die sollen im Herbst vorliegen. Gesundheitsschäden: Durch Infraschall, Schattenwurf, Eisabwurf und Lärm befürchten viele Bürger gesundheitliche Beeinträchtigungen. Der Rat verweist auf die Schutzabstände von 1000 Metern zur Wohnbebauung und 500 Metern zu Einzelgehöften. Wertverlust von Immobilien: Diese sind laut Rat nicht nachweisbar. Erst auf der Ebene der konkreten Bauplanung für eine WEA könnten Forderungen geltend gemacht werden. Gefahr für die Artenvielfalt: Vorwurf: Durch den Wege, Leitungs- und Anlagenbau würden schützenswerte Arten wie Rotmilan, Fledermaus, Schwarzstorch, Wildkatze, Luchs etc. sowie der nachweisliche Vogelzug über der Region gestört werden. Reaktion: Es würden weitere Untersuchungen angestellt und in die Planung einbezogen. Verfahrensmängel: Vorwurf: Es gab zu wenig Transparenz bei der Planung. Reaktion: Der gesetzlich vorgeschriebene Verfahrensweg ist eingehalten worden, darüber hinaus hat es ein Treffen mit "Sturm im Wald" gegeben. Rodung und Versiegelung von Waldflächen/Waldbrandgefahr: Reaktion: Die Flächen seien mit dem Forstbetrieb ausgesucht worden, die Brandgefahr wird als gering eingeschätzt. Gewässerschutz: Durch den Bau der Anlagen im Wald sowie die Bodenverdichtung werden negativen Auswirkungen für die Quellen, Bäche und das Grundwasser befürchtet. Reaktion: Im Rahmen der Einzelgenehmigung würden Sicherheitsabstände zu Gewässern und die Nutzungsbedingungen für gewässergefährdende Stoffe geregelt. Landschaftsbild, Tourismus, Naturpark: Vorwurf: Es werden negative Auswirkungen auf den Tourismus befürchtet, der eine hohe Einnahmequelle darstellt. Reaktion: Eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes wird gesehen, durch die Konzentration von Flächen aber minimiert. Da die Energiewende gewollt sei, stelle die konzentrierte Flächenausweisung einen Kompromiss dar. Negative Auswirkungen auf den Tourismus seien bislang nicht nachweisbar. Zudem gäbe es Schutzabstände wie etwa 200 Meter zum Eifelsteig. Rückbau: Bei Insolvenz Industrieruinen in der Landschaft? Reaktion: In der Regel würden Bankbürgschaften für den Rückbau verlangt. mh

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort