Rundgang mit Grenzgängern

Der aus Daun stammende Kulturredakteur Christoph Schmitz (Köln) stellte beim "Bücherherbst" des Kulturkreises neun Neuerscheinungen vor. Seinen mit Empfehlungen, Hinweisen und Interview-Ausschnitten gespickten Rundgang durch die aktuelle Literatur verfolgten mehr als 100 Besucher.

 „Grenzgang“ war Buchtitel und Motto beim Literaturcafé mit dem Kölner Kulturredakteur Christoph Schmitz. TV-Foto: Brigitte Bettscheider

„Grenzgang“ war Buchtitel und Motto beim Literaturcafé mit dem Kölner Kulturredakteur Christoph Schmitz. TV-Foto: Brigitte Bettscheider

Daun. Grenzgang war Motto und roter Faden des Abends. Und "Grenzgang" war der Titel, den Christoph Schmitz den Literaturfreunden zu Beginn präsentierte. "Ein großartiges Romandebüt, eine geschickte literarische Montage", sagte er über Stephan Thomes Roman, urteilte: "bei pessimistischer Grundstimmung dennoch erfrischend im Ton" und empfahl: "drei Tage Lesevergnügen für 22 Euro 80". Dass der Tod nicht das Schlimmste sei, das einem Menschen passieren könne, steht in dem von der jungen Chinesin Yiyun Li verfassten Roman "Die Sterblichen" - "herausragend aus den vielen", erklärte Christoph Schmitz, nannte es "beeindruckend, schonungslos, fast barbarisch". Es gebe keine einzige Person in dem Buch, die sich nicht schuldig gemacht habe.

Wie ein Toter ein Kind in die Geheimnisse des Jenseits einweihe, erzähle Urs Widmer in "Herr Adamson". Ein rhetorischer Sturm gehe auf den Leser nieder, wenn Sibylle Lewitscharoff in "Apostoloff" mit der Stimme einer Tochter spotte, hetze, zetere, deklamiere, schwärme, fluche. Die mit dem Deutschen Buchpreis als bester Roman des Jahres ausgezeichnete Geschichte von Kathrin Schmidt - "Du stirbst nicht" - erhält von Christoph Schmitz das Urteil "sehr beeindruckend". Über die "Atemschaukel" der Nobelpreisträgerin Herta Müller sagt er: "großartiges Sprachkunstwerk" und fragt: "wirklich Weltliteratur?"

Als mutig bezeichnet er das Buch "2666" des Chilenen Roberto Bolano; von allem etwas komme auf den mehr als tausend Seiten vor, etwas Abenteuer und Historie, etwas Sozialstudie und Psychothriller, auch Frauenmorde und erotische Verwicklungen. "Schade, dass seine Literatur nur langsam nach Deutschland tröpfelt", bedauerte er bei der Vorstellung von John Burnsides "Glister"; mit moralischem Gespür und mit von religiösen Motiven getragener Handlung stelle der Brite die Frage nach dem Sinn des Lebens. Schmitz schloss den Rundgang mit Schiller. Rüdiger Safranski sei ein erzählerischer Germanist, sein Buch "Goethe und Schiller. Geschichte einer Freundschaft" sei ein Vergnügen.

Elke Czernohorsky vom Vorstand des Kulturkreises Daun hatte Christoph Schmitz und seine facettenreiche Arbeit als Kulturjournalist den mehr als 100 Besuchern - so viele wie noch nie - vorgestellt. "Da seht ihr mal, wozu das führen kann", wandte sie sich an die Elftklässler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums, die als kompletter Leistungskurs Deutsch zum "Bücherherbst" gekommen waren. "Denn eure Schulbank hat unser Referent auch mal gedrückt."

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