Schläge, weil es in der Bibel steht

Wegen Kindesmisshandlung hat ein Ehepaar aus der Verbandsgemeinde Hillesheim vor dem Amtsgericht Daun gestanden. Sie hatten ihre Tochter mit Schlägen verletzt, weil sie sich nicht an die Regeln halten wollte. Die Familie gehört zur Religionsgemeinschaft der evangelisch-baptistischen Freikirche. Die Eltern wurden zu Freiheitsstrafen auf Bewährung verurteilt.

Daun/Hillesheim. Von April bis Juni 2007 schlug die Mutter der damals 13-Jährigen mehrmals zu. Mal mit einem Schlauchstück, mal mit einer Haselnussrute. Der Vater griff zu einem Kabel. "Das waren gefährliche Körperverletzungen", erklärt Richter Hans Schrot.Die Mutter wird zu neun Monaten, der Vater zu sechs Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Beide müssen zusätzlich jeweils 60 Sozialstunden ableisten. "Die Strafe ist auch generalpräventiv zu sehen. Es muss sich herumsprechen, dass diese Art von Erziehung nicht geht", meint Staatsanwalt Thomas Grawemeyer. Die Sachbearbeiterin des Jugendamtes sagt: "Die Tochter wollte sich den strengen Regeln nicht unterwerfen." Sie zeigte über Polizei und Schule ihre Eltern an. Doch die Familie lehnte Erziehungshilfe ab.Pubertierende in massivem Zwiespalt

Das Mädchen war im massiven Zwiespalt. Familie, Gesellschaft, Glaubensregeln passten nicht zusammen. Weil sie nicht ins Heim wollte, versprach sie, sich an die strengen Regeln zu halten, brach aber immer wieder aus, begann zu trinken und zu rauchen. Seit Jahresbeginn ist die Jugendliche in einem Heim untergebracht; die Eltern erhalten sozialpädagogische Erziehungshilfe. Zur Familie gehören noch zwei jüngere Töchter. Die Familienpflegerin bescheinigt den Eltern gute Mitarbeit und große Kooperationsbereitschaft. Verteidigerin Karin Adrian aus Trier kann die "Härte der Staatsanwaltschaft" beim Prozess nicht verstehen. Die Eltern hätten vermutlich gar nicht gewusst, dass Züchtigungen unter Strafe stehen. Sie hätten aus purer Verzweiflung gehandelt, damit ihre Tochter nicht auf die schiefe Bahn abdriftete.Nach den Regeln der evangelisch-baptistischen Freikirche sind massive Züchtigungen erlaubt. Der Vorsitzende des Ältestenrat, Egor Reimer, verweigert auf TV-Anfrage eine Stellungnahme. Von Seiten des Jugendamtes wurde das Gespräch mit dem Ältestenrat gesucht, weil mehrere Fälle bekannt wurden. Landrat Heinz Onnertz erklärt: "Wir haben klar gemacht, dass wir Körperverletzungen und Freiheitsentzug zur Ahndung bringen." Es gehe nicht, dass Eltern in Bezugnahme auf die Bibel ihren Kindern Körperverletzung zufügten oder ihre Söhne anhielten, ihre Schwestern zu verletzen oder dass Männer ihre Frauen in ihrer persönlichen Bewegungsfreiheit beeinträchtigten. Interview Seite 10

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