Schulaufsicht sagt Nein zur Turnhalle

Gerolstein · Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) sieht keinen Bedarf für eine neue Turnhalle an der Grund- und Realschule plus in Gerolstein. Der Schulsport könne auch durch Kooperationen mit anderen Schulen sowie der Nutzung des Schwimmbads und der Außensportanlage sichergestellt werden. Schulleitung, Schulträger und Elternschaft sind sauer.

Lange wurde über Nutzerzahlen und Notwendigkeiten diskutiert, nun hat die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) eine Entscheidung zum geplanten Neubau einer Turnhalle an der Grund- und Realschule plus in Gerolstein gefällt. Und die fällt negativ aus.

Auf TV-Anfrage teilt eine Sprecherin mit: "Aufgrund der erhobenen Daten zur Schulsportsituation am Standort Gerolstein wurde festgestellt, dass unter Ausschöpfung von Kooperationsmöglichkeiten der ortsansässigen Schulen ein Neubau einer Zweifeldhalle nicht erforderlich ist."

Der Schulsport, wie er im Lehrplan vorgegeben ist, könne durch die bestehende Halle und den Gymnastikraum sowie "über eine Nutzung der Sporthalle an der Grundschule Waldstraße", das "Schwimmbad sowie Außensportanlagen" sichergestellt werden. Anstatt des vom Schulträger, der Verbandsgemeinde Gerolstein, und der Schule favorisierten Neubaus einer Turnhalle ist die ADD für eine Sanierung der vorhandenen Halle. Und stellt dafür Fördermittel in Aussicht.

Die VG als Schulträger sowie die Schulleitung sind sauer über das Nein aus Trier. Erst kürzlich hatte der VG-Rat den Neubau der Turnhalle auf Platz eins seiner Prioritätenliste für Investitionen gesetzt. Wegen veranschlagter Kosten von zunächst fast vier Millionen Euro wurde abgespeckt: aus einer Multifunktionshalle mit Küche und Tribüne wurde eine reine Zweifeldsporthalle. Aber auch die hätte nach Schätzung immer noch mindestens drei Millionen Euro gekostet.Gestiegene Anforderungen

Bürgermeister Matthias Pauly (CDU) sagt: "Die Meinung der ADD ist nicht neu. Für uns ist aber nicht nachvollziehbar, dass eine Einfeldsporthalle, die vor fünfzig Jahren für eine Volks- oder Hauptschule gebaut wurde, für eine moderne Schule mit deutlich gestiegenen Anforderungen ausreichend sein soll." Ein zeitgemäßer Sportunterricht sei so nicht möglich. Die aufgezeigten Alternativen reichten ebenfalls nicht aus, so Pauly.

"Das ist ein Ding der Unmöglichkeit. Ich glaube es nicht!" Monika Vogt, langjährige Schulelternsprecherin, ist vom Nein aus Trier nahezu geschockt. Seit Beginn ihrer fast zwölfjährigen Elternarbeit sei eine neue Halle Thema. Schulträger, Kollegium, Elternschaft - alle hätten über Jahre ihre Hausaufgaben gemacht, um die Schule weiterzuentwickeln. Und die hohen Anmeldezahlen würde dies ja auch bestätigen. "Aber wie sollen wir denn ohne zeitgemäßen Sportunterricht noch konkurrenzfähig bleiben", fragt sie und kündigt an: "Wir werden sofort eine Elternbeiratssitzung einberufen und überlegen, wie wir uns positionieren. Die ADD bekommt auf jeden Fall einen Brief von uns."

Günter Mehles, Rektor der Grund- und Realschule plus in Gerolstein, ist ebenfalls enttäuscht: "Ich kann mir nicht vorstellen dass die ADD die Augen vor der Notwendigkeit des Baus einer neuen Turnhalle verschließt. Schule, Elternschaft, Schulträger und der Kreis stehen hinter der Entscheidung zur Errichtung einer neuen Turnhalle." Der Schulsport könne schon seit Jahren trotz der Mitnutzung der Halle an der Grundschule Waldstraße nicht ordnungsgemäß unterrichtet werden. Mehles: "Diese Situation verschlechtert sich in Zukunft sogar noch, da sich einerseits die uns bisher von der Grundschule Waldstraße zur Verfügung gestellten Hallenkapazitäten bedingt durch steigenden Eigenbedarf um 50 Prozent verringern, und wir andererseits ebenfalls steigenden Sportraumbedarf wegen des zunehmenden Ganztagsunterrichts haben."

Eine Mitnutzung der Halle der Berufsbildenden Schule würde laut Mehles bei Berücksichtigung des Fußweges jeweils den Ausfall einer Schulstunde bedeuten. Und auch das Hallen- und Freibad, das die Schule bereits mit sieben Unterrichtsstunden pro Woche nutzt, sei nur ein Notnagel. Mehles sagt: "Mehr Nutzungszeiten werden uns auch nicht zugestanden." Und: Die sieben Stunden im Hallenbad sind nur von Mitte Oktober bis Ende März nutzbar. Das Fazit von Mehles: "Unter Betrachtung der tatsächlichen Gegebenheiten kann ich dem Lösungshinweis der ADD keinen positiven Aspekt abgewinnen."

Gleiches gilt für die Idee, die rund 50 Jahre alte Halle zu sanieren. Für Bürgermeister Pauly ist das "nicht zielführend, da eine Zweifeldsporthalle benötigt wird". Und der Schulleiter sagt: "Bei einer Begehung der Halle durch die Unfallkasse wurden gravierende Mängel beim Brandschutz und der Unfallsicherheit festgestellt. Vom energetischen Standpunkt her ist eine Sanierung ebenfalls blanker Unsinn. Wörtliches Zitat eines Sanierungsexperten: Abreißen!" Pauly will die Hoffnung dennoch nicht aufgeben. Er sagt: "Wir versuchen, die ADD umzustimmen. Eine endgültige Entscheidung liegt uns ja nicht vor."Meinung

Die wahren Gründe nennen!
Schon lange wird an der Grund- und Realschule plus in Gerolstein deutlich weniger Sport angeboten als im Lehrplan vorgegeben. Und zwar mit Duldung durch das Ministerium. Dass Schule, Schulträger und Elternschaft das so lange mitgemacht haben, hängt mit der Hoffnung zusammen, dass die seit Jahren geforderte neue Turnhalle bald gebaut werde. Daraus wird nun wohl nichts. Die Überlegung, dass Gerolstein wegen seiner Funktion als Mittelzentrum gegenüber kleineren Kommunen (Hillesheim, Jünkerath) mit gleichrangigen Schulen bevorzugt werde, ist somit auch ins Leere gelaufen. ADD und Land sollten aber so ehrlich sein und die wahren Gründe für ihre Ablehnung nennen, anstatt vorzugaukeln, dass es keinen Bedarf für eine neue Halle gebe. Denn der ist jetzt und für die nächsten Jahre da und kann auch durch Ausweichen auf andere Hallen, das Schwimmbad oder die Laufbahn nicht praktikabel gedeckt werden. Das wissen alle Beteiligten. Die wahren Gründe sind: Erstens: Über kurz oder lang ist auch an der Schule in Gerolstein mit sinkenden Schülerzahlen und somit auch reduziertem Schulsportbedarf zu rechnen. Zweitens: Angesichts der aktuell vom Rechnungshof angeprangerten Überschuldung der kommunalen Haushalte und des Landesetats wird künftig noch viel öfter "Nein" zu Neubauvorhaben gesagt werden müssen. Dass allerdings erst vor ein paar Jahren unter anderem mit hohem Landeszuschuss der Westflügel der Schule generalsaniert und mit einer Mensa ausgestattet worden ist, dürfte nun keine Rolle gespielt haben. Oder etwa doch? m.huebner@volksfreund.deExtra

Laut Schulleitung steht die Einfeldhalle für 38 Sportstunden pro Woche zur Verfügung. Hinzu kommen witterungsabhängig sieben Stunden Schwimmbadnutzung, macht 45 Stunden. Der Lehrplan gibt laut Mehles aber 80 Sportstunden vor. Hinzu kommen der Wahlpflichtbereich Sport in vier Klassenstufen, die Bewegungsangebote der Ganztagsschule, die Sport-AGs sowie die geplante tägliche Sportstunde in den Ganztagsklassen. Dies führt zu einem Gesamtbedarf von 132 Sportstunden. mh

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