"Sie hätten alle gerne gelebt"

DAUN. Vor 60 Jahren war Daun das Ziel von zahlreichen Bombenangriffen. 127 Zivilisten kamen dabei ums Leben. Der Eifelverein Daun erinnerte mit Geschichten und vielen Bildern an dieses traurige Kapitel der Stadtgeschichte.

Unter dem Titel "Tod und Trümmer" gedachte der Eifelverein Daun der Opfer des Krieges und der Bombenangriffe auf Daun. Rund 500 Gäste kamen zu der Veranstaltung, für deren würdige musikalische Umrahmung der Männergesangverein und der Musikverein Daun sorgten.Mehr als die Hälfte der Stadt zerstört

Es ist still im Forum, als Alois Mayer beginnt, Bilder der gefallenen Dauner Soldaten auf der Leinwand zu zeigen. Johann Kauth, Karl Jakob Lenz, Alexander Manderscheid, die Gebrüder Karl und Adolf Müller, Kurt und Hans Pick oder Jakob und Nikolaus Römer waren nur einige der 161 Dauner Soldaten, die ihr Leben für einen sinnlosen und furchtbaren Krieg ließen. "Sie hätten alle gerne gelebt und durften es nicht", sagt Mayer. Neben den 161 gefallenen Soldaten kamen 269 Zivilisten und in der Stadt anwesende Soldaten bei den Bombenangriffen ums Leben. Rund 400 Sprengbomben fielen auf die Stadt, die am Ende mehr als zur Hälfte zerstört war. Jahrelang hat Mayer in Archiven gesucht, Fotos der Toten gesammelt, mit Augenzeugen gesprochen und so viele Bilder von Daun vor dem Krieg und während des Kriegs gefunden. "Es wird aber immer schwieriger, Fotos und Augenzeugen zu finden", berichtet er. Er stieß aber auch auf Begebenheiten, die nicht gerne erzählt werden: "Mehrmals habe ich gehört, diese oder jene Bilder sollte man auf keinen Fall zeigen". 1933 kommen die Nazis an die Macht, und auch vor Daun macht der Geist der Zeit nicht halt. Im HJ- Haus wird die Jugend geprägt, SA und Stahlhelm marschieren unter Jubel durch die Stadt. Am 1. September 1939 beginnt der Weltkrieg, aber es dauert noch fünf Jahre, bis auch Daun die Auswirkungen zu spüren bekommt. Am 31. Juli 1943 stürzt ein Bomber bei Rengen ab. Alle Besatzungsmitglieder sind tot, was zunächst noch eine Attraktion und ein Ausflugsziel für die Bevölkerung ist. Es ist Mittwoch, 19. Juli 1944, ein herrlicher Sommertag, als um 9.30 Uhr elf B-17-Bomber über Daun auftauchen. Eigentlich sollten sie ein Ziel in Bayern bombardieren, hatten aber den Anschluss an ihren Verband verpasst. Mit den Bomben können sie nicht zurückfliegen, also wird ein Ziel gesucht und Daun gefunden. 130 Sprengbomben und zwei Luftminen fallen auf die Innenstadt. Der Bombenhagel zerstört zahllose Häuser und tötet mehr als 60 Menschen. Am 23. Dezember folgt ein Ereignis, das ein Verbrechen nach sich zieht. Ein Bomber stürzt, von der Flak getroffen, zwischen Weiersbach und Schalkenmehren ab.Eingesperrt in Schalkenmehren

Vier der sechs Besatzungsmitglieder überleben und werden von deutschen Soldaten in Schalkenmehren eingesperrt. Als die Gefangenen später in das zerbombte Daun gebracht werden, eskaliert die Situation: Es herrschen Wut und Verzweiflung, und es entsteht eine Hysterie. Angehörige der Organisation Todt schlagen auf die Gefangenen ein, die leblosen Körper werden in einen Bombentrichter geworfen. Da einer von ihnen noch Lebenszeichen von sich gibt, werden alle von Kugeln durchsiebt. Nach dem Krieg ziehen die Amerikaner die Täter zur Verantwortung. Heiligabend 1944 ist kein besinnlicher Tag, denn am Mittag greifen die Amerikaner wieder an und 80 schwere Bomben zerstören am Kampbüchel, dem Arensberg und entlang der Gartenstraße viele Häuser. 40 Tote, darunter viele Kinder, sterben. Bei einem Volltreffer in der Dockweiler Straße sterben 26 Menschen, die in einem Keller Schutz gesucht hatten. Nur einer überlebt. Der damals zwölf Jahre alte Alfons Hein erinnert sich: "Wir saßen auf provisorischen Bänken und jemand las aus einem Kinderbuch vor. Ich hatte ein kleines Kind auf dem Schoß, als die Bombe einschlug und die Holzdecke nachgab. Ein Splitter traf das Kind auf meinem Schoß in die Brust, nur dadurch habe ich überlebt."

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