Siggi Baumeister verliert seinen Notarzt

Die Leser der Eifel-Krimis von Jacques Berndorf kennen den Namen Detlef Horch. Immer, wenn der Held der Krimis, Siggi Baumeister, medizinisch versorgt werden musste, war Horch zur Stelle. Der erfundene Patient aus den Romanen teilt jetzt das Schicksal von rund 900 echten Patienten. Ihr Arzt schließt seine Praxis.

Dreis-Brück. Am 31. März ist Schluss mit der Landarzt-Praxis in Dreis-Brück. Wenige Tage später beginnt Detlef Horch seine neue Tätigkeit als Polizei-Arzt in Dresden. Auch für die Feuerwehr, das DRK und die Polizei im Landkreis Vulkaneifel heißt das, sie haben dann einen ehrenamtlichen Notfall-Arzt verloren.Politik verantwortlich für mehr Bürokratie

"Für meine Patienten tut es mir sehr leid!", betont Detlef Horch; denn ursprünglich war geplant, die Praxis nahtlos an eine Ärztin zu übergeben. Die hat allerdings kurzfristig abgesagt. Jetzt müssen alle, die froh über einen Arzt in der Nähe waren, nach Daun, Kelberg oder Gerolstein ausweichen. "Eigentlich hätte ich schon nach dem ersten Jahr hier dicht machen müssen, weil kaum Patienten kamen und die Schulden sich auftürmten", berichtet Horch. Aber Horch, seine Frau Hanna und die sechs Kinder wollten nicht aufgeben, sondern "zu unserem Wort stehen." Nach zwölf Jahren Landarzt hat Horch jetzt die Notbremse gezogen. Zwar wuchsen im Lauf der Jahre die Patientenzahlen, aber "dann kamen die Gesundheitsreformen, mit den immer geringer werdenden Kassen-Einnahmen", so Horch, die Einbußen von rund 40 Prozent beim Einkommen brachten. Und das bei 60 bis 80 Arbeits-Stunden pro Woche. "Ich bin Arzt aus tiefster Überzeugung!", hebt Horch hervor. "Dass ich heute, wegen der Politik, mehr Zeit damit verbringen muss, zu dokumentieren, am Computer Anträge und Formulare auszu füllen und die eigentliche Arbeit am Patienten bleibt auf der Strecke, darunter leide ich sehr." Mit dem Angebot, als Polizei-Arzt zu arbeiten, schließe sich ein Kreis, so Horch. Denn kurz nach dem Studium hatte er sich schon einmal um einen ähnlichen Job beworben. In Dresden wird Horch sich um die medizinische Versorgung der Polizei-Beamten kümmern, für Einstellungsuntersuchen oder Pensionsfragen zuständig sein, aber auch bei größeren Polizei-Einsätzen als Notarzt eingesetzt werden. Auch in Dresden wird Horch ein vergleichsweise geringes Einkommen haben, dafür aber jeden Monat regelmäßig Geld auf dem Konto haben. Dennoch fällt es ihm schwer, die Eifel und seine Patienten zu verlassen.Auch seine Arzthelferinnen verlieren erst einmal ihren Job. "Für die tut es mir natürlich leid, aber in ganz Deutschland machen immer mehr Arztpraxen dicht. Das wird nicht leicht, aber sie haben sich sehr eingesetzt und werden sicher eine neue Arbeit finden."Autor Jacques Berndorf muss also einen neuen Arzt für sich selbst und seinen Romanhelden Siggi Baumeister finden: "Der Siggi wird wohl eine Stunde lang am Teich sitzen, seine Katzen um sich versammeln und dann im Telefonbuch nach einem neuen Arzt suchen, aber das muss ein richtiger Typ zum Anfassen sein, so wie der Detlef Horch", wünscht sich Jacques Berndorf. EXTRA Stellungnahme der Gemeinde: "Die Ortsgemeinde Dreis-Brück ist enttäuscht, mit Detlef Horch einen guten Arzt zu verlieren", so Helmut Sicken, erster Beigeordneter im Gemeinderat. Vor allem aber sei die Gemeinde enttäuscht darüber, dass die potenzielle Nachfolgerin so kurzfristig abgesagt habe. Dennoch sei geplant, über eine Ausschreibung im "Ärzteblatt" einen neuen Arzt für Dreis-Brück und Umgebung zu finden. Das sei zwar schwer, aber die Gemeinde werde einem neuen Landarzt "Starthilfe geben, um den Einstieg etwas zu erleichtern", so Sicken. In der ländlichen Region sei es vor allem für ältere Menschen schwer, einen Arzt in Daun oder Gerolstein aufzusuchen. Fahrtzeiten und oft lange Wartezeiten in der Praxis seien für Alte, aber auch für Berufstätige oft kaum zu leisten, so Sicken weiter. Deshalb hoffe die Gemeinde, schnell einen Ersatz für Horch zu finden.

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