Spielball der Marktpartner und der Politik

Wie geht es weiter mit der Landwirtschaft, und was kommt noch durch die Änderungen in der Agrarpolitik auf die Bauern zu? Fragen, auf die viele Landwirte Antworten suchten bei der Versammlung der Kreisbauernverbände Daun und Cochem-Zell in der Darscheider Lehwaldhalle.

 Wenig erfreuliche Mienen gab es bei den Landwirten angesichts schlechter Zeiten bei den Milchpreisen. TV-Foto: Helmut Gassen

Wenig erfreuliche Mienen gab es bei den Landwirten angesichts schlechter Zeiten bei den Milchpreisen. TV-Foto: Helmut Gassen

Darscheid. Karnevalistisch sah es schon aus in der Darscheider Lehwaldhalle. Aber nach Narrentei dürfte es den etwa 100 Landwirten nicht zumute gewesen sein. Denn dass die aktuelle wirtschaftliche Lage der landwirtschaftlichen Betriebe im Land insgesamt unbefriedigend ist, ist jedem Betroffenen klar.

Markt- wie auch agrarpolitisch sind für die Bauern in Zukunft neue Herausforderungen zu meistern, die nicht einfach sind und sie vor große Probleme stellen. Der Milchkrieg von 2008 hat zwar gezeigt, dass die Bauern nicht gewillt sind, alles hinzunehmen, was mit ihnen gemacht wird.

Die Zeit nach dem vermeintlichen Sieg über die Discounter macht aber auch klar, dass die Bauern im Preiskrieg der allmächtigen Konzernriesen immer wieder den Kürzeren ziehen. "Wir sind machtlos gegen diese Konzerne", sagte denn auch ein Landwirt resigniert.

Auch Leo Blum, Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau sieht, "dass eine gewisse Ernüchterung bei Milch und Getreide eingetreten ist und eine Situation, mit der keiner gerechnet hat". Als "Spielball der Marktpartner und der Politik" bezeichnete er die Bauern. Blum nannte den Milchboykott des Sommers 2008 "ein Debakel für alle und besonders die betroffenen Landwirte", das die Bauern und die Molkereien rund 90 Millionen Euro gekostet habe "und viel Streit erzeugt hat". Er kritisierte aber auch die Verbraucher, die zuerst Verständnis für die Milchbauern gezeigt, dann aber nicht "mitgezogen" und durch weniger Verbrauch gezeigt hätten, dass ihnen kleine Preise doch näher liegen als das Wohl der Bauern.

Die momentane gute Nachfrage nach Milchprodukten nannte Blum "eine Chance, so makaber es klingen mag, weil es eine Chance ist, dass die Preise bei den nächsten Verhandlungen wieder anziehen könnten". Davon sei er überzeugt. Allerdings müssten die Bauern auf Dauer mit diesen Zyklen von guten und schlechteren Preisen leben.

Zu der gemeinsamen Kreisbauernversammlung hatte der Bauern- und Winzerverband auch Joachim Rukwied, Präsident des Landesbauern-Verbandes Baden-Württemberg (LBV) eingeladen, der zum Thema "Agrarpolitik gestalten - notwendige Rahmenbedingungen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft" ein Referat hielt. Rukwied sieht den Prozess der Globalisierung auch als Chance für die deutschen Bauern. Er plädierte dafür, "die Herausforderung des Marktes anzunehmen, denn mehr Markt ist auch ein größerer Markt. Wir müssen innovativer, schneller und besser sein als unsere Mitbewerber, um auf diesem Markt bestehen zu können".

Rukwied sieht für die Landwirtschaft gar nicht so schwarz. "Sie hat eine Zukunft, aber wir brauchen zur Unterstützung der Betriebe Zuschüsse aus Agrar-Investitionsprogrammen, damit die Landwirte wettbewerbsfähig bleiben". no/dr

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