Entwicklung Schandfleckhaus in Gerolstein soll endlich verschwinden
Gerolstein · Dank hoher Gewerbsteuereinnahmen will die Stadt etliche Investitionsvorhaben wie den Busbahnhof, die Kita Müllenborn sowie Neubaugebiete auf den Weg bringen – und nebenbei lange ins Auge gefasste Vorhaben wie den Rückkauf des Rohbaus im Eichenweg anpacken.
Von Mario Hübner
Gerolstein Autofahrer, kommst du nach Gerolstein – so bleibt dein erster Eindruck an einer Bauruine hängen. Der eingezäunte mehrgeschossige Rohbauklotz im Eichenweg 1 ist seit vielen Jahren ein Schandfleck an der nördlichen Zufahrt der Brunnenstadt. Jetzt – da die Finanzlage gut ist – will die Stadt das endlich ändern. Die Stadt hat eine Viertelmillion Euro in den Etat für dieses Jahr eingestellt, um Haus samt Grundstück zu erwerben. „Wir wollen den Schandfleck beseitigen. Ziel ist der direkte Weiterverkauf mit der Verpflichtung, dass dort etwas passiert – entweder Abriss und Neubebauung oder Fertigstellung des Hauses“, sagt Stadtbürgermeister Uwe Schneider (SPD).
Und auch sonst wird munter investiert: Insgesamt 31 Investitionsvorhaben sind im nun mehrheitlich (bei einer Gegenstimme) verabschiedeten Haushalt der Stadt für dieses Jahr aufgeführt (siehe Extra), der nach Jahren mit Defizit nun wieder einen Überschuss vorweist: von gut 400.000 Euro. Das Gesamtvolumen der Investitionen beträgt 3,2 Millionen Euro. Nach Abzug von Zuschüssen (1,8 Millionen Euro) und Beiträgen (350.000 Euro) bleibt eine Lücke von rund 1,1 Millionen Euro, die kreditfinanziert wird. Dennoch sinkt der Schuldenstand von 15,4 Millionen Euro zum Jahresbeginn um rund 2,5 Millionen Euro auf 12,9 Millionen Euro am Jahresende, da die Stadt aufgrund der hohen Gewerbesteuereinnahmen nicht nur investiert, sondern auch massiv tilgt.
In das dickste Investitionsvorhaben der nächsten Jahre kommt in diesem Jahr bereits Schwung: der Neubau der Kita im Stadtteil Müllenborn, der nach Auskunft des Stadtbürgermeisters mit rund 3 Millionen Euro zu Buche schlagen soll. Bislang war von 2,2 Millionen Euro ausgegangen worden. Geplant ist, dass die an Kita und Gemeindehaus angrenzende Scheune nicht genutzt, sondern abgerissen und durch einen Neubau ersetzt wird. Dort sollen dann zu der bestehenden Gruppe die beiden zusätzlichen Gruppen untergebracht werden. Weil alleine die Planung mehr als 200.000 Euro kostet, muss das Vorhaben nach Auskunft der Verwaltung europaweit ausgeschrieben werden – was inzwischen geschehen ist. Im April werden laut Schneider die Architekten ihre Pläne im Bauausschuss vorstellen. Bis Ende 2024 sollen Abriss, Umbau und Neubau sowie die notwendigen Hochwasserschutzmaßnahmen – der Gebäudekomplex liegt relativ nah am Oosbach und wurde bei der Flut in Mitleidenschaft gezogen – umgesetzt sein, für Anfang 2025 ist dann der Einzug geplant. Für die Planung werden zu den 60.000 Euro aus dem Vorjahr weitere 105.000 Euro in diesem Jahr zur Verfügung gestellt.
Nächstes dickes Investitionsvorhaben ist der Bau des neuen zentralen Omnibusparkplatzes (ZOB), der auf dem Postvorplatz und entlang der B 410 (vom LBM-Gebäude bis zur Postbrücke) entstehen soll und noch einige Reserve-Plätze auf dem Hutteparkplatz vorsieht – also dort, wo aktuell das ZOB-Provisorium ist. Für das mit rund zwei Millionen Euro kalkulierte Projekt stellt die Stadt in diesem Jahr 335.000 Euro für die Planung zur Verfügung, weitere 1,665 Millionen Euro als Verpflichtungsermächtigung für 2024. Wie hoch das Vorhaben bezuschusst wird, ist noch nicht abschließend geklärt. Die Stadt rechnet mit 80 Prozent, also 1,6 Millionen Euro. Verbliebe ein Stadtanteil von 400.000 Euro.
Klar ist aber bereits, dass der neue ZOB zum Start des neuen Linienbündel Kylltals am 10. Dezember 2023 mit deutlich mehr Busverbindungen als bisher nicht fertig sein wird. Derv Stadtbürgermeister geht von einer Fertigstellung im Sommer/Herbst 2024 aus. Solange muss das bisherige Provisorium noch standhalten. Geplant sind auf dem stadteigenen Postvorplatz fünf Bahnsteige sowie drei weitere entlang der B 410 zwischen LMB-Standort und Bahnhofskreisel. Auf dem Hutterparkplatz sollen zudem drei weitere Bahnsteige entstehen: als Ruhestandorte sowie für Tourismusbusse, etwa Kaffeefahrten nach Gerolstein.
Ganz in der Nähe befindet sich die Bahnhofstraße, die in diesem Jahr ebenfalls erneuert werden soll. In den Gesamtkosten von 780.000 Euro ist ein Stadtanteil von 108.000 Euro vorgesehen. Der Großteil wird über Zuschüsse und wiederkehrende Beiträge finanziert. Damit wäre das gesamte Areal rund um den Bahnhof auf Vordermann gebracht, da ja auch der Bereich an der Kyll und der altehrwürdigen Linde komplett neu gestaltet wurden. Auch dieses Vorhaben – obwohl bereits fertiggestellt – findet noch Nachhall im Etat 2023. Denn weitere 250.000 Euro müssen nachfinanziert werden. Abschließend schlägt das Vorhaben mit knapp 1,4 Milionen Euro zu Buche, von denen das Land 673.000 Euro übernimmt, die Stadt 707.000 Euro. Ursprünglich war das Projekt einmal mit unter 700.000 Euro kalkuliert worden, von denen die Stadt lediglich zehn Prozent übernehmen sollte. Jetzt zahlt sie zehn Mal so viel. Das kritisierte das Grünen-Stadtratsmitglied Horst Lodde auch scharf: „Die Stadt wollte im Verlauf des Projekts immer mehr, was aber nicht mehr förderfähig war. Und so stieg der Stadtanteil von anfangs 10 auf nunmehr 51 Prozent. Solch ein Verhalten ist massiv grenzwertig und treibt die Stadt letztlich in den Ruin.“
Der Kyllumbau soll 2023 an anderer Stelle fortgesetzt werden: in der Kyllaue zwischen den Einkaufsmärkten am Stadtausgang und dem Stadtteil Lissingen. Doch diesmal sollen die Kosten von vornherein gedeckelt werden. Stadtbürgermeister Schneider sagt: „Eine Million Euro sind hier die absolute Obergrenze. Wenn nach den Arbeiten zum Hochwasserschutz dann kein Geld mehr zur Verfügung steht, gibt es denn dort geplanten Park eben nicht.“ Das Areal soll so umgebaut werden, dass Hochwasser dort leicht aus dem Bachbett treten und sich über die Aue erstrecken kann. Es soll also eine große Retentionsfläche geschaffen werden. Dazu werden das Bachbett abgeflacht, von der Aue Unmengen von Kubikmetern Boden abgetragen und Mulden geschaffen. Und – falls dann noch Geld übrig ist – es sollen Wege angelegt werden, auf denen man außerhalb der Hochwasserperiode spazieren kann.
Darüber hinaus steht eine weitere „gewässerbauliche Maßnahme“ an: die Sanierung des Peschenbachs auf dem Gelände der ehemaligen Drahtwarenfabrik. Kostenpunkt: 175.000 Euro. Die gesamte Peschenbach-Renaturierung ist bereits 2018 in den Stadtetat aufgenommen und stets neuveranschlagt worden. Damals sollte sie knapp eine Million Euro kosten, von denen das Land 90 Prozent übernimmt. Wann sie letztlich beginnt? Unklar.
Erde soll in diesem Jahr aber definitiv bewegt werden, um neue Baugebiete zu schaffen: Im Bereich „Sengheck“, zwischen Realschule plus und Sportplatz, sollen 15 neue Baustellen entstehen. Eigentlich hätten Bauwillige hier schon starten können sollen, doch es kam innerhalb der Verwaltung zu massiven Verzögerungen. Ziel ist es nun, dass 2024 dort Bauplätze angeboten und Bauwillige loslegen können. CDU-Fraktionssprecher Winfried Wülferath mahnte: „Die Stadt hat nur noch bis Ende Februar Zeit, das Gebiet zu roden, ansonsten verlieren wir ein weiteres Jahr. Das darf nicht passieren.“ Gar 18 neue Grundstücke sollen in Lissingen im stadteigenen Gebiet „Auf Henk“ entstehen. Das liegt im Anschluss an die Obere Straße in Richtung Weißenseifen. Ziel ist es, dort bis 2024/2025 Baustellen anbieten zu können.
Deutlich früher sollen bereits ganz in der Nähe „drei bis vier Baustellen“ entstehen – im Bereich der neuen Erschließungsstraße zum Wohngebiet „Vorderste Dell“ in Lissingen. Diese entsteht in der Verlängerung der Straße Im Hofpesch. Ein Vorhaben, über das viele Jahre gestritten wurde, da die Ausfahrt direkt am Eingang der Unterburg Lissingen mündet.
Weitere interessante Ausgaben sind – auf Antrag der Grünen – 30.000 Euro für PV-Anlagen auf städtischen Gebäuden, die quasi als Startschuss angesehen werden. Und auch für die ersten Maßnahmen zur Realisierung des beschlossenen Radwegekonzepts innerhalb Gerolsteins stellt die Stadt 15.000 Euro bereits, die um weitere 60.000 Euro vom Bund aufgestockt werden. „Damit kann man schon was Anständiges machen“, kommentierte Horts Lodde von den Grünen. Zudem werden sechs weitere E-Ladesäulen installiert und ein Gebäude zur digitalen Bewirtschaftung des Wohnmobilstellplatzes errichtet. CDU-Sprecher Wülferath meinte denn auch: „Wir sind froh, dass wir so viele Dinge anpacken können. Wir müssen aber noch viel stärker dahinkommen, dass wir das, was wir planen, auch rasch umsetzen.“ Evi Linnerth (SPD) sprach von einem „erfreulichen Haushalt“ und dass „wir damit die Entwicklung unserer Stadt ein gutes Stück voranbringen“. Horst Lodde (Grüne) und Alfred Cornesse (FDP), die dem Etat ebenfalls zustimmen, merkten jedoch an, dass man nicht vergessen dürfe, dass die Stadt durch die höheren Hebesätzen Bürgern und Gewerbetreibenden tiefer in die Tasche greife.