Stadt sagt Ja zu Stolpersteinen

Die Stadt hat sich dafür ausgesprochen, dass in Gerolstein Stolpersteine als Andenken an vom Naziregime getötete, jüdische Mitbürger verlegt werden. Stolpersteine sollen jedoch nur dort verlegt werden, wo auch die Eigentümer der Häuser, in denen damals Juden gelebt haben, dafür sind.

Gerolstein. "Das ist eine richtig gute Nachricht", freut sich Christa Karoli, Vorsitzende des Vereins Forum eine Welt, als sie vom positiven Votum des städtischen Gremiums erfährt. Bereits vor einem Jahr hatte der Verein, der sich aus dem Bündnis gegen rechte Gewalt formiert hat, begonnen, in Gerolstein um Akzeptanz für das Verlegen von Stolpersteinen zu werben. Bei der Vorstellung des zweiten Buches "Gegen das Vergessen", in dem das Schicksal der Gerolsteiner jüdischen Familien aufgezeigt wird, war es im September noch zu sehr kontroversen Diskussionen gekommen (der TV berichtete).

15 der 107 jüdischen Bürger aus Gerolstein kamen in Konzentrationslagern um. Für diese vom NS-Regime Ermordeten sollen vor acht Häusern in der Kernstadt Stolpersteine verlegt werden (siehe Extra).

Peter Assion gehört ein Haus in der Sarresdorfer Straße, in dem ehemals eine jüdische Familie lebte. Er ist strikt gegen die Stolperstein-Aktion, da er keinerlei Verantwortung für das Schicksal der ehemaligen Bewohner habe. Vielmehr fühlt sich der Rentner von anderen Einheimischen in seiner Meinung bestärkt. Anders sieht es die Stadt. Ein Anwesen am Altstadtparkplatz/Ecke Mühlenstraße (ehemalige Bäckerei Dehren) ist in städtischem Besitz. Stadtbürgermeister Karl-Heinz Schwartz sagt: "Wenn die Initiatoren an diesem Grundstück mit der Aktion starten wollen, können sie es." Genau auf diesen "Eisbrecher" hat der Verein Forum eine Welt gewartet.

Stadthistoriker Karl-Heinz Böffgen sagt: "Wir sollten vor unserer Geschichte nicht die Augen verschließen. Es hilft nur der offene Dialog. Es ist gut, wenn mal ein Anfang mit den Stolpersteinen gemacht ist." Rechtlich hätten mit der Zustimmung der Stadt, der in der Regel die Bürgersteige gehören, sofort alle 15 Stolpersteine an den acht Häusern verlegt werden können. Stadtbürgermeister Schwartz sagt aber: "Wir wollen, dass es nur mit Zustimmung der Hauseigentümer geschieht."

Deshalb wurde das Okay nur mit der entsprechenden Auflage gegeben. Karoli: "Wir nehmen jetzt zu allen acht Hauseigentümern Kontakt auf und werben um Akzeptanz." Sie rechnet damit, dass im Laufe des Jahres die ersten Stolpersteine in Gerolstein verlegt werden. Kosten (ein Stolperstein kostet 95 Euro) entstehen keine, da genügend Sponsoren gefunden wurden.

Extra Stolpersteine Als Andenken an vom NS-Regime ermordete jüdische Bürger werden in Gehwege vor den ehemals letzten Wohnungen der jüdischen Familien Stolpersteine verlegt. Sie haben die Größe eines Pflastersteins. Auf einer Messingplatte auf der Oberseite der Steine sind die Namen und Daten der Betroffen eingestanzt. Seit 2003 hat der Kölner Künstler Gunter Demnig in mehr als 480 Orten in Deutschland, Ungarn, Österreich und den Niederlanden 17 000 Stolpersteine verlegt, darunter in Trier, Hermeskeil und Wiltingen. (vog)

Meinung: Gute Entscheidung
Das Ja der Stadt Gerolstein zum Verlegen von Stolpersteinen als Andenken an die jüdischen Mitbürger, die von den Nazis getötet wurden, ist eine gute Entscheidung. Es ist das Bekenntnis, sich offensiv mit dem dunkelsten Kapitel Gerolsteins auseinandersetzen zu wollen. Dass es überhaupt so weit gekommen ist, dass sich die Stadt mit dem Thema auseinandergesetzt hat, ist das Verdienst des Forums eine Welt sowie einiger aufrechter Gerolsteiner. Und die Auflage, dass vor Verlegen eines Steines das Einverständnis des jetzigen Hauseigentümers eingeholt werden muss, ist keine Schikane, sondern eine akzeptable Bedingung. Schließlich werden sie mit dem Leid, das den Menschen damals angetan wurde, unweigerlich konfrontiert. Obwohl sie dafür keine Verantwortung tragen. m.huebner@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort