Stadtspitze hofft, Gewerbeverein bangt

Gerolstein · Der Umbau des innerstädtischen Areals des Gerolsteiner Brunnens bewegt viele Bürger und vor allem die Gewerbetreibenden. Einerseits herrscht Vorfreude auf Neuansiedlungen namhafter Marken, die Kunden nach Gerolstein locken könnten. Andererseits wird ein Ausbluten der Hauptstraße befürchtet.

Gerolstein. 60 interessierte Gerolsteiner kamen zur zweiten Einwohnerversammlung während der Amtszeit von Stadtbürgermeister Bernd May (parteilos) ins Rondell, um sich über aktuelle Entwicklungen zu informieren und mit dem Stadtvorstand zu diskutieren.
Das waren zwar nicht viele, aber dafür zeigten sie Engagement und Ausdauer. Mehr als zweieinhalb Stunden wurde gelauscht, gefragt, kritisiert, und es wurden Anregungen und Arbeitsaufträge gegeben. Und das alles in sachlicher Atmosphäre und ohne gegenseitige Anfeindungen - was in der Vergangenheit oftmals anders war. Man erinnere sich nur an die Diskussionen um den Rondellbrunnen, die Terrassen in der Hauptstraße oder das Postgebäude, bei denen May von Bürgern und Stadträten heftig Kritik einstecken musste und auch selbst austeilte.
Diesmal zollten selbst May-Kritiker wie Andreas Stritzke, Initiator des Rondellbrunnen-Bürgerbegehrens, oder BUV-Anhänger Stefan Lorse dem Stadtvorstand Lob.
Zum einen für das auf den Weg gebrachte Stadtentwicklungskonzept und die städtischen Bemühungen beim Umbau des Brunnenareals sowie für die wieder ins Leben gerufene Form der Öffentlichkeitsarbeit. So sagte Lorse: "Künftig sollte zwar wesentlich besser auf die Einwohnerversammlung aufmerksam gemacht werden, und nicht nur als Fünfzeiler auf Seite zehn des Mitteilungsblättchens. Aber grundsätzlich erst einmal vielen Dank, dass sie nun zum zweiten Mal stattfindet."

Einzelhandelskonzept: Die Stadt hat ein solches Konzept aufgrund von planerischen Vorgaben des Landes für 17 000 Euro in Auftrag gegeben und bereits erste Ergebnisse erhalten. Demnach gibt es in Gerolstein ein weiteres Potenzial für Ansiedlungen - vor allem in den Sparten Unterhaltungselektronik und Baumarktbedarf. May sagte: "Nicht zuletzt wegen Sarresdorf ist es wichtig, im zentralen Bereich von Gerolstein noch mal etwas zu machen."
Das Konzept sei einerseits die Rechtsgrundlage für weitere Ansiedlungen, andererseits biete es der Stadt Hilfestellung bei der Frage, was noch gebraucht werde und was nicht. Es liegt derzeit im Rathaus zur Einsichtnahme aus.

Umbau Areal Gerolsteiner Brunnen: In engem Zusammenhang mit dem Einzelhandelskonzept beziehungsweise der wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt steht die Tatsache, dass das Unternehmen Gerolsteiner Brunnen bis Ende 2013 sein Areal in der Brunnenstraße räumt und für eine andere Nutzung zur Verfügung stellt. Nach Vorstellungen des beauftragten Planungsbüros Faco aus Bitburg soll es künftig auf dem 32 000 Quadratmeter großen Areal drei Arten der Nutzung geben: Wohnen auf hohem Niveau, Handel und Tourismus/Gastronomie. Ebenfalls ist geplant, mit einer Brücke über die Bundesstraße die Innenstadt erreichbar zu machen. "Wie das finanziell realisierbar ist, ist derzeit jedoch noch sehr fraglich", sagte May in Bezug auf die Brücke.
Grundsätzlich ist es nach Worten des Stadtbürgermeisters so, dass jedes Projekt, an dem sich die Stadt finanziell beteiligen soll, eines vorherigen Stadtratsbeschlusses bedarf. May: "Wenn es Vorhaben gibt, die eine Nummer zu groß für uns sind, dann werden wir uns nicht beteiligen."
Grundsätzlich sei das Projekt aber "eine Riesenchance für Gerolstein, die positive Impulse für die Innenstadt bringen kann", sagte May und verwies darauf, dass die Stadt an sämtlichen Planungsüberlegungen beteiligt sei. Gewerbevereinsvorsitzender Heinz Weber sah das weit kritischer. Er forderte die Stadtspitze auf, ihre "großen Einflussmöglichkeiten geltend zu machen". Er sagte: "Ich appelliere an die Stadt, dort keinen kleinflächigen Einzelhandel zuzulassen, sonst befürchte ich ein Ausbluten der Innenstadt."
In den vergangenen Jahren sei mühsam erreicht worden, die Zahl der Leerstände von 26 auf deutlich unter zehn zu drücken. Weber: "Das wäre dann alles zunichtegemacht." Großflächige Ansiedlungen mit Magnetwirkung hingegen seien willkommen.
Diese Einschätzung teilten mehrere Bürger. So sagte Thomas Regnery: "Die Planung darf nicht aus der Hand gegeben werden." Und Stefan Lorse meinte: "Die Stadt muss die alteingesessenen Gewerbetreibenden mit ins Boot nehmen, um so frühzeitig vermittelnd eingreifen zu können."

Umbau Bahnhof: Noch in diesem Halbjahr wird die Stadt laut May das Bahnhofsgebäude kau fen. Der ins Auge gefasste Kaufpreis liegt nach TV-Informationen bei knapp unter 100 000 Euro. 2014 soll laut Vertrag zwischen Bahn, Land und Stadt dann mit dem knapp acht Millionen teuren Umbau der Bahnhofstation (Gleise, Überführung) begonnen werden. Dieser Starttermin steht laut May nun aber wieder in den Sternen, denn: Die Bahn verlangt, dass die Stadt die Planungskosten von 450 000 Euro übernimmt. Gleichzeitig will sie aber keine Garantie geben, dass der Umbau dann auch so realisiert wird. Das passt weder der Stadt noch der Kommunalaufsicht, die diese freiwillige Ausgabe daher nicht genehmigt. May: "Wir drängen daher bei der Bahn auf eine Änderung des Vertragstextes. Ich bin da bislang aber wenig optimistisch." Nun soll zur Unterstützung das Land eingeschaltet werden. Laut May ist die Erneuerung des Bahnhofs samt Umfeld "enorm wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung Gerolsteins".

Wiederkehrender Beitrag: Durch einen Beschluss des Stadtrats ist der Beitrag, mit dem die Bürger einen Großteil der Straßenbauvorhaben in der Stadt finanzieren, von bislang maximal 33 auf 30 Cent pro eigenem Quadratmeter Grundstück gesenkt worden. Wer also ein 1000 Quadratmeter großes Grundstück in der Stadt besitzt, muss künftig maximal 300 Euro wiederkehrenden Beitrag im Jahr zahlen.
Dieser Höchstbetrag ist etliche Jahre nicht erreicht worden, in den vergangenen beiden Jahren aber schon. Und wegen des anstehenden Ausbaus des letzten Teils der Hauptstraße, der mit 800 000 Euro kalkuliert ist, wird das mutmaßlich erneut der Fall sein. Stadtbeigeordneter Volker Simon (CDU) sagte daher: "Da werden wir wohl noch einmal stöhnen müssen."

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