Standortvorteil: Keine Kneipe weit und breit

DARSCHEID. Eine der ältesten Sucht-Fachkliniken Deutschlands blickt auf drei Jahrzehnte Arbeit zurück: Seit 30 Jahren gibt es die "Thommener Höhe", die zusammen mit den Einrichtungen in Daun (Rosenberg) und Schalkenmehren (Altburg) seit etwas mehr als fünf Jahren zu den "Kliniken Daun" gehört.

Geht man streng nach dem Jahr, als der erste Patient aufgenommen wurde (1974), ist das Haus schon auf dem Weg zum 31-jährigen Bestehen. Die Älteren werden sich erinnern: Was heute eine Klinik ist, war früher ein Hotel mit Disco. Die Trägergesellschaft AHG (siehe Hintergrund) kaufte damals das Haus, auch mit Blick darauf, dass die nächste Wirtschaft nicht um die Ecke lag, sondern die "Gier nach einem Bier" mit einem strammen Fußmarsch in eines der umliegenden Dörfer verbunden war.Misstrauisch beäugt

Unter den "misstrauischen" Blicken der benachbarten Gemeinden Darscheid, Utzerath und Schönbach, so ist in der Chronik zum 25-jährigen Bestehen der Klinik zu lesen, wurde das Hotel zu einer Suchtbehandlungs-Einrichtung umfunktioniert. Das frühere Hotelgebäude ist heute nur noch ein Teil der Einrichtung, die immer weiter ausgebaut wurde. Von der Anfangszeit, als die Belegschaft noch aus nicht einmal zehn Leuten bestand, berichten die Chronisten: "Die Mitarbeiter verpflegten sich aus eigens mitgebrachten Plastiktüten, weil die Küche noch nicht vollständig funktionierte, der Dienst fand rund um die Uhr statt, und in der Therapie ging es gleich richtig zur Sache." Es herrschte in den ersten Jahren eine besondere Atmosphäre in der "Knispel", wie die Klinik von Mitarbeitern und Patienten genannt wurde. "Duzen" war Pflicht, und die Therapeuten hatten mehr Zeit als heute, sich mit den Patienten zu beschäftigen. Eine Therapie dauerte damals sechs Monate. Das sei heute kaum mehr vorstellbar, wie Walter Roeb-Rinas, Chefarzt der Kliniken Daun, erklärt: "Heute sind die Behandlungszeiten deutlich kürzer, etwa drei Monate." Aber auch über die Behandlungsdauer hinaus hat sich viel verändert, berichtet Arnold Wieczorek, leitender Abteilungsarzt der Fachklinik: "In allen Berufsgruppen hat sich eine Professionalisierung vollzogen, die Therapie-Ansätze haben sich verändert." Allein die Thommener Höhe hat 160 Behandlungsplätze, die Kliniken Daun haben zusammen 374 und sind damit laut Roeb-Rinas die "größte Suchtklinik Deutschlands". Die leitende Psychologin Claudia Quinten nennt weitere Zahlen: "Rund 15 000 Patienten hatten wir in den vergangenen 30 Jahren. Wir verzeichnen rund 700 Neuaufnahmen jährlich." Die Bilanz: Gut die Hälfte der Patienten ist dauerhaft trocken. Während Ende der 90er Jahre die Klinik (aber nicht nur Thommen) eine Krise durchmachte und die Zahl der Patienten stark zurückging, ist das Haus heute gefestigter denn je. "Wir haben Vollbelegung", sagt Roeb-Rinas. Gegenüber früher sei heute ein Therapie-Platz relativ schnell zu finden, es gebe keine lange Wartezeiten mehr. Besonderer Wert werde auf die "Wiedereingliederung" ins Berufsleben, die Einbeziehung der Familie und die Mitbehandlung psychischer Beeinträchtigungen gelegt. Darüber hinaus ist die Klinik auch ein bedeutender Arbeitgeber: Sie hat 62 Beschäftigte, die drei Standorte der Kliniken zusammen haben 186 Mitarbeiter. Roeb-Rinas, Quinten und Wieczorek sind sich einig: "Die Thommener Höhe hat durchweg erfolgreiche 30 Jahre hinter sich und ist gerüstet für die Zukunft."

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