Starker Tobak fürs "schwache" Geschlecht

Das Rauchen kann auf eine lange geschichtliche Tradition zurückblicken. Und kann auch beweisen, dass es keineswegs ein Privileg der Männer ist und war.

 Elisabeth Rauen mit ihrer Pfeife und einquartiertem Soldat, Steineberg 1940. TV-Foto: Sammlung Alois Mayer

Elisabeth Rauen mit ihrer Pfeife und einquartiertem Soldat, Steineberg 1940. TV-Foto: Sammlung Alois Mayer

Steineberg/Daun. (ama) ,,Starken Tobak" rauchte diese Bäuerin aus Steineberg auf dem Foto von 1941. Dabei war das Pfeiferauchen in der Eifel keine reine Männersache, sondern auch bei Frauen absolut keine Seltenheit. Viele kannten pfeiferauchende Frauen, und die Heimatliteratur berichtet von ,,alten Weibern", die am Feuerherd saßen und die irdene Pfeife pafften, die meist das ,,Hänsjen" genannt wurden.

Das Rauchen von Tabak in Pfeifen - meistens aus Ton - setzte sich in allen gesellschaftlichen Schichten durch. Der Prediger Abraham a Santa Clara (1644-1709) konstatierte, dass "kein Haus zu finden sei, in dem nicht eine Menge der stinckenden Tobacks-Menschen zu finden seien. Nicht nur Männer, sondern auch die Weiber, die die Tabacks-Pfeiffe stets im Maul tragen und rauchen".

Im 19. Jahrhundert wandelten sich das Bild der Frau und damit auch die Rauchgewohnheiten. Rauchende Frauen wurde nunmehr als unziemlich empfunden.

Nur wenige reiche und einflussreiche Damen ließen es sich nicht verbieten. Die Marquise de Pompadour, Lieblingshure des französischen Königs Ludwig XV., war eine leidenschaftliche Raucherin und besaß mehr als dreihundert Pfeifen.

Im 19. Jahrhundert eroberte die Zigarette die Domäne der Frauen. Das war nun chic und modebewusst. Anders hingegen in sozial schwachen Verhältnissen und im ländlichen Raum. Dort blieb das Rauchen einer Pfeife durch Frauen noch lange erhalten. Nahezu in allen Orten der Eifel sind Frauen bekannt, die liebend gerne Tonpfeifchen rauchten oder diese "Hänschen" gegen Entgelt für andere anrauchten.

Das war keine außergewöhnliche Besonderheit. Gerade wenn neue Pfeifen - erst recht Tonpfeifen - in Gebrauch genommen werden, schmecken die ersten zig Pfeifen scheußlich. Manch einem wurde es davon, abgesehen von der mangelnden Tabakqualität, übel. Erst wenn die Pfeifen "eingeraucht" sind, wenn die Tabakglut und die Teerbestandteile des Tabaks die Pfeifenwand abgedichtet haben, kann das Pfeifenrauchen zum Genuss werden. Und für diese "Arbeit" suchte man sich "Einraucher", die dann zur Belohnung wenige Münzen oder ein Päckchen Tabak bekamen.

Die Frau auf dem Foto ist "Klannes Liss" (Elisabeth Rauen) aus Steineberg. Bescheiden und zufrieden steht sie neben einem einquartierten Soldaten vor ihrem Elternhaus. Als diese Aufnahme entstand, war sie gerade mal 44 Jahre. Aber sie sieht viel älter aus. Gezeichnet von Entbehrung und vieler Arbeit; klein, zart und schmächtig. Mit weißem schütteren Haar unter der wollenen Strickmütze. In ihrem Mund ein qualmendes Pfeifchen. "Das war ihre Leidenschaft", erinnert sich ihre Großnichte Gisela Umbach. "Wenn sie eine Pfeife rauchen konnte, ging es ihr einfach gut. Für jedes gute Wort oder jedes kleine Geschenk war sie froh und dankbar. Am meisten freute sie sich über ein Päckchen Tabak, denn sie war eine leidenschaftliche Raucherin, gleich ob Zigarren, Zigaretten oder Pfeife."

Doch das Leben von Liss war in Wirklichkeit sehr hart und entbehrungsreich. Sie war von Geburt an taub, konnte sich nur stammelnd und schwer verständlich ausdrücken. Sie blieb ledig und half ihren Schwestern in der Landwirtschaft.

Und das Schicksal wollte es, dass ausgerechnet ein Päckchen Tabak ihr zum Verhängnis wurde. Nachdem sie es in der Dorfwirtschaft gekauft hatte, bemerkte sie beim Überqueren der Straße wegen ihrer Taubheit nicht den Lastwagen. Dieser erfasste sie und löschte am 18. Juni 1952 ihr Leben aus.

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