Start für Millionenprojekt: Stadtrat entscheidet heute

Gerolstein · Entscheidung nach langem Hin und Her: Heute trifft sich der Stadtrat Gerolstein, um den Auftrag für den Bau und 25-jährigen Betrieb des neuen Kindergartens in der Raderstraße zu vergeben. Das Vorhaben ist kreisweit das erste seiner Art, das im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft (englisch: public private partnership/PPP) realisiert wird.

Gerolstein. Wenn der Stadtrat heute Abend in seiner öffentlichen Sondersitzung (ab 18 Uhr im Rathaus) entscheidet, wer den neuen achtgruppigen Kindergarten in der Raderstraße baut, für die nächsten 25 Jahre betreibt und instand hält, dann findet ein Dauerthema in Gerolsteins Stadtpolitik vorerst einen Abschluss. Mehr als drei Jahre haben sich die Gremien der Stadt mit dem Kindergartenneubau beschäftigt. Mal schien es zügig zu gehen, dann wurde gezögert, mal eine Vollbremsung hingelegt, dann wieder gestartet, mal eine Kehrtwende vollzogen, dann ging erstmal gar nichts mehr. Und nun scheint der Abschluss zum Greifen nah (siehe Chronologie).
Gerolsteins Stadtbürgermeister Bernd May (parteilos) zeigt sich zuversichtlich. Er sagt: "Wir sind beim Endspurt und werden in der Sondersitzung den Vergabebeschluss fassen."
Nach der EU-weiten Ausschreibung und einem vorgeschalteten Teilnehmerwettbewerb mit neun Interessenten sind laut May seit Jahesbeginn mit einer Handvoll Bewerber Gespräche geführt worden. May: "Das waren Firmen, die Ahnung hatten. Und jede hatte eine andere Vorstellung." In den letzten Wochen sei sich auf zwei Interessenten konzentriert worden, "und in den Stadtrat werden wir mit einem Vorschlag gehen". Wer das ist, wollte May nicht sagen.
Streif in der Endausscheidung


Auf die Frage, ob es sich um die Firma Streif aus Weinsheim handele, sagte May nichts. Ob sie zumindest unter den letzten Fünf gewesen sei? "Ja, alles andere wäre angesichts der bisherigen Bemühungen des Unternehmens auch verwunderlich gewesen", sagte May. Zum Verständnis: Streif hatte bereits detaillierte Pläne erarbeiten und vorgelegt und stand mit der Stadt bereits kurz vor Vertragsabschluss, als Rechnungshof und Kommunalaufsicht ihr Veto einlegten und eine Ausschreibung für das PPP- Projekt zur Pflicht machten.
Selbst wenn sich der Stadtrat heute Abend auf einen Bewerber einigt, geht der Bau noch nicht direkt los. Erst muss die abschließende Wirtschaftlichkeitsberechnung darlegen, dass mit dem PPP-Verfahren deutlich Geld gespart wird gegenüber einem herkömmlichen Verfahren aus Ausschreibung, Vergabe und sofortigem Eigentumsübergang auf die Stadt und Betrieb des Kindergartens durch die Stadt.
Laut vorläufiger Wirtschaftslichkeitsberechnung soll das PPP-Projekt insgesamt eine Millionen Euro günstiger sein als ein herkömmliches Vorgehen. Das Gesamtpaket aus Bau (rund 3,5 Millionen Euro) sowie 25-jährigem Betrieb, Wartung und Instandhaltung der Anlage soll rund elf Millionen Euro schwer sein.
Loslegen können die Bauarbeiter aber noch nicht sofort, sondern erst, wenn Kommunalaufsicht und Landesrechnungshof ebenfalls ihr Okay gegeben haben.
Am (bereits mehrfach verschobenen) Bezugstermin im Juli 2013 hält die Stadt aber fest. So sagt May: "Alle der beteiligten Firmen haben uns zugesichert, dass das klappt." Letztlich ist die Stadt an diesen Termin gebunden, da ab August 2013 auch Kinder unter einem Jahr einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz haben. Die Eltern können den Platz also auch einklagen. May: "Und das könnte uns teuer zu stehen kommen."Extra

Erschließungsarbeiten: Bevor der Kindergarten in der Raderstraße fertiggestellt ist, müssen die Erschließungsstraße zum Neubau, eine Bushaltebucht sowie Parkplätze gebaut werden. Vorgesehen sind 24 Stellplätze - vorwiegend für die Mitarbeiterinnen des Kindergartens und für Eltern. Die Kosten betragen laut Kalkulation durch ein Planungsbüro knapp 200 000 Euro. Davon übernimmt die Stadt 70 000 Euro, die restlichen 130 000 Euro müssen die Bürger über den wiederkehrenden Beitrag zahlen. Die Arbeiten sollen noch in diesem Jahr erledigt werden. mhExtra

Herbst 2008: Umbau der Kita Lindenanlage soll 1,4 Millionen Euro kosten. Später wird Kostenschätzung angehoben. März 2009: Stadtrat ist gegen Sanierung und für Neubau in der Raderstraße. Mai 2009: Architekten-Duo Eltze-Schmitz gewinnt Wettbewerb: 2,9 Millionen Euro soll Kita-Neubau kosten. Januar 2010: Nach Planänderungen steigen Kosten auf 3,2, dann auf vier Millionen Euro. April 2010: Bauausschuss verhängt Baustopp wegen Kostenexplosion. Landesrechnungshof wird eingeschaltet. Juli 2010: Rechnungshüter empfehlen Neustart. September 2009: Stadt lehnt Sanierung Lindenanlage ab. Dezember 2010: Wende: Stadt vereinbart mit Fertighausfirma Streif, dass diese den Kindergarten für 3,2 Millionen Euro baut und die Stadt das Gebäude per Mietkauf binnen zehn Jahren übernimmt. Im Herbst 2011 soll Einzug sein. Januar 2011: Kurz vor der Vertragsunterzeichnung legen Kommunalaufsicht und Rechnungshof Veto ein. Es wird eine Ausschreibung verlangt. Juni 2011: Stadtrat beschließt, die Kita als PPP-Projekt bauen zu lassen. September 2011: Ausschreibung. Anfang 2012: Gepräche mit Bewerbern und Vorauswahl. Anfang Mai 2012: Sondersitzung Stadtrat. mh

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