"Tal der Tränen ist noch nicht erreicht"

DAUN. Wie geht es weiter mit dem Milchmarkt und der Milchquote? Diese Frage stand im Mittelpunkt der gemeinsamen Jahreshauptversammlung der Bauernverbände Daun und Cochem-Zell.

Die Organisatoren der wieder gemeinsam veranstalteten Jahreshauptversammlung der Bauernverbände Daun und Cochem-Zell hatten es geschafft, eine hochkarätig besetzte Runde zum Thema "Milchquote-Milchmarkt: Wie geht es weiter?" zu besetzen. Unter der Moderation von Hans-Jürgen Sehn, Vorsitzender des Bauernverbands Cochem-Zell, diskutierten die Molkerei-Geschäftsführer Rainer Sievers (Milchunion Hocheifel) und Karl-Heinz Engel (Hochwald-Nahrungsmittelwerke) sowie der CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Bleser und Leo Blum, Präsident des Bauernverbands Rheinland-Nassau und Vorsitzende des Kreisverbands Daun. Blum hatte schon die Eröffnung der Versammlung dazu genutzt, die derzeitige Situation zu schildern. Seit einiger Zeit herrsche "große Sorge um die Milch". In Rheinland-Pfalz sei die Welt für die Milchbauern lange noch in Ordnung gewesen. Sie hätten höhere Preise bekommen als ihre Kollegen in anderen Ländern, aber diese Spitzenposition sei weg, sagte Blum. Die Preise hätten sich mittlerweile auf ein so niedriges Niveau bewegt, auf dem kaum noch etwas übrig bleibe für den Produzenten. Und Besserung sei nicht in Sicht, im Gegenteil: "Das Tal der Tränen ist noch nicht erreicht." Schon jetzt gebe es eine Überproduktion von Milch von rund 20 Prozent, doch es sei zu erwarten, dass die Europäische Union (EU) weitere Mengensteigerungen genehmigen werde. "Dann kommt noch mehr Druck auf die Preise", prognostizierte Blum. Peter Bleser stellte die Frage, die in nicht allzu ferner Zukunft beantwortet werden muss: "Soll die Milchquote 2015 auslaufen oder nicht?" Die Quote wurde 1984 eingeführt, um das auch damals schon bestehende Problem der Überproduktion in den Griff zu kriegen. Das wurde nicht erreicht, aber die Landwirte hatten zumindest eine verlässliche Einkommenquelle. Bleser, Agrarexperte der CDU-Bundestagsfraktion, sagte, die nächste EU-Agrarreform stehe 2008 an, dann würden die Weichen gestellt für die Zukunft. Werde dann beschlossen, dass die Milchquote 2015 auslaufe, müsse die Milchwirtschaft die verbleibende Zeit nutzen, sich in eine wettbewerbsfähige Position zu bringen. Mit der richtigen Politik - wie der verstärkte Export in neue Märkte - sei der Wettbewerb zu gewinnen, gab sich Bleser optimistisch. Karl-Heinz Engel machte den Landwirten keine großen Hoffnungen. Den Trend der seit Jahren rückläufigen Milchpreise zu stoppen, sei sehr schwer. Die Perspektive, dass die Milch-Überproduktion durch verstärkten Export verringert werde könne, sah der Hochwald-Chef nicht: "Die Überproduktion bekommen wir dadurch nicht weg." So sah es auch MUH-Chef Sievers: "Unseren Überschuss beispielsweise auf dem südostasiatischen Markt absetzen zu wollen, werden wir nicht schaffen. Die Versorgung mit Milch werden die in einigen Jahren schon selber erledigen." Kritik an den Milchpreisen der Molkereien ließ Sievers nicht gelten. Er habe Verständnis für den Ärger der Bauern, fest stehe aber, dass die Zeiten, als die Molkereien den Preis mitgestaltet hätten, vorbei seien. Mit Blick auf das mögliche Ende der Quote 2015 sagte Sievers: "Ich habe Angst davor, was auf uns zukommt, was an Milchmengen auf den Markt fließen werden, wenn es keine Mengenregulierung mehr gibt. Klar ist: Die Molkereien werden nicht die Rückversicherung der Bauern sein, das können wir nicht leisten." "Die Globalisierung lässt sich nicht aufhalten"

Auch Blum machte wenig Hoffnung: "Bei den Preisen, die sich jetzt abzeichnen, geht es nicht nur um die Zukunft der Landwirte, sondern auch um die der Molkereien. Auch in diesem Bereich muss sich noch einiges tun." Bleser appellierte noch einmal an alle Beteiligten, sich für den härter werdenden Wettbewerb zu rüsten: "Die Globalisierung ist nicht aufzuhalten, es läuft schon jetzt ein gigantischer Machtpoker. Wenn wir bestehen wollen, müssen wir in sieben bis acht Jahren wettbewerbsfähig sein." Auch wenn es noch keine endgültige Entscheidung über die Zukunft der Quoten gibt: Alles läuft darauf hinaus, dass die derzeitige Regelung 2015 ausläuft. Mit einschneidenen Konsequenzen, wie an diesem Abend aus vielen Redebeiträgen (auch von Landwirten aus dem Saal) klar wurde. Nicht nur, dass sich die Bauern auf mehr Wettbewerb gefasst machen müssten, sondern zuvor wird sich der Strukturwandel verschärfen, mit der Folge, das viele Landwirte aufhören werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort