Telekom baut Telefonzellen ab

Hillesheim · Die Deutsche Telekom baut drei der vier Telefonzellen in Hillesheim ab. Der Grund ist die mangelnde Wirtschaftlichkeit der öffentlichen Fernsprechhäuschen.

Hillesheim. Mit dem Abbau fast aller Telefonzellen geht auch in der europäischen Beispielstadt beinahe unbemerkt eine Ära zu Ende. Viele Anwohner werden die in den Telekom-Farben Grau und Magenta gehaltenen Glaskäfige gar nicht vermissen. Drei der Fernsprecher an den Standorten am Viehmarkt, in der Prümer Straße und auf dem Rathausplatz verschwinden für immer. Der "Münzer" am Busbahnhof bleibt.
Die Telefonhäuschen sind nicht mehr rentabel genug, ihr natürlicher Feind ist das Handy. Die Telekom beziffert die monatlichen Betriebskosten einer Zelle mit rund 200 Euro - die Einnahmen aus den Automaten in ländlichen Gebieten liegen dagegen oft im einstelligen Bereich. 2008 beschloss der Bonner Kommunikations-Konzern, 35 000 der rund 100 000 Telefonzellen in Deutschland abzubauen.
"Wir bauen Telefonzellen nur in Absprache mit der jeweiligen Kommune ab", erläutert George McKinney, Pressesprecher der Telekom. "Wenn eine Gemeinde einen Standort erhalten will, ersetzen wir die Zelle durch das weitaus kostengünstigere Basistelefon."
Die Telefonsäule ohne Beleuchtung und Wetterschutz kostet die Telekom nur rund 500 Euro - die Errichtung einer Telefonzelle dagegen 7500 Euro. "Basistelefone sind in Hillesheim nicht geplant. Ein gesetzlicher Versorgungsauftrag, der eine flächendeckende Bereitstellung öffentlicher Telefone vorsieht, existiert nicht", sagt McKinney.
Relikt der Vor-Handy-Ära bleibt


"Ich kann die Gründe für den Abbau voll und ganz nachvollziehen", äußert Stadtbürgermeister Matthias Stein, der im Vorfeld von der Telekom unterrichtet wurde. "Sogar die Jüngsten im Kindergarten haben heutzutage ein Handy. Wenn mit den öffentlichen Telefonen kein Geld mehr zu verdienen ist, dann lohnt sich der Betrieb nicht. Der 14-jährige Robin Lau aus Hillesheim sieht auch keine Notwendigkeit für Telefonzellen: "Die braucht man nicht", sagt er vor der Telefonzelle in der Prümer Straße. "Alle haben ein Handy."
Anderer Meinung ist Hans Schneider aus Jünkerath: "Ich halte das für einen Fehler. Viele ältere Herrschaften haben kein Mobiltelefon, und es ist ein Seniorenheim vor Ort." Dass die Telefonzelle in der Nähe der Realschule abgebaut wird, wundert ihn: "Die Kinder werden angewiesen, ihr Handy nicht in der Schule zu benutzen", sagt er. "Aber damit nimmt man ihnen die Möglichkeit, zu telefonieren - nicht alle Gespräche dürfen vom Sekretariat aus geführt werden." Der früher Fernsprechkiosk genannte überdachte Quadratmeter wird aus dem Straßenbild Hillesheims verschwinden - als letztes Relikt der Vor-Handy-Ära bleibt die Telefonzelle am Busbahnhof bestehen.Meinung

 Eigentlich schon ein Museumsstück: Gelbe Telefonzellen werden seit Anfang der 90er Jahre nicht mehr aufgestellt. Auch der Standort am Viehmarkt in Hillesheim wird aufgegeben – die Telefonzelle wird abgerissen. Tv-Foto: Vladi Nowakowski

Eigentlich schon ein Museumsstück: Gelbe Telefonzellen werden seit Anfang der 90er Jahre nicht mehr aufgestellt. Auch der Standort am Viehmarkt in Hillesheim wird aufgegeben – die Telefonzelle wird abgerissen. Tv-Foto: Vladi Nowakowski

Politik ist jetzt gefragt
Dass in Hillesheim drei Telefonhäuschen abgebaut werden, ist kein Grund zur Aufregung. Schließlich bleibt eines, der sogenannte Münzer, erhalten. Die Telekom handelt damit genau wie jedes andere wirtschaftliche Unternehmen: Was sich nicht rentiert, wird abgestoßen. Genau deswegen ist jetzt die Politik gefordert. Telefonzellen müssen im Monat mehr als 100 Euro einbringen, um profitabel zu sein. Diese Summe erreicht aber auf dem Land kaum eine. Noch gibt es deutschlandweit 70 000 öffentliche Telefone, doch nach und nach verschwinden sie. Bei allem Verständnis für die Wirtschaftlichkeit: Die Grundversorgung ist in Gefahr. Denn für kleine Gemeinden gibt es, allein nach dem Profit geurteilt, keine Möglichkeit, öffentliche Telefone zu erhalten. Und es ist ein gutes Gefühl, wenn man im Notfall einen Münzsprecher benutzen könnte. Probleme wie leere Akkus, kein Netz oder Ähnliches kennen die meisten Handy-Nutzer. Der Telekom sollte man dennoch nicht vorwerfen, dass sie ein Verlustgeschäft nicht weiterführt. Das wäre falsch. Die Politik muss verhindern, dass ländliche Regionen komplett von öffentlichen Telefonen abgeschnitten werden. j.renk@volksfreund.de

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