Tief schlummern die Vulkane

Daun/Mendig · Die Vulkane in der Vulkaneifel werden von Experten als nach wie vor aktiv eingeordnet. Dass es in der Region in naher Zukunft - wie in einer ZDF-Dokumentation behauptet - zu einer starken Eruption von Magma kommt, gilt als unwahrscheinlich. Die Befürchtung, dass der Vulkan unter dem Laacher See in absehbarer Zeit erneut explodiert, sei unbegründet, sagen Vulkanforscher.

Daun/Mendig. Hans-Ulrich Schmincke stapft entlang der Wingertsbergwand am Laacher See (Landkreis Ahrweiler). Vorsichtig legt er mit seinen Händen Tuffsteinschichten frei; eine der sichtbaren Folgen des Vulkanausbruchs am Laacher See vor rund 13 000 Jahren. In einer Fernsehdokumentation des ZDF, die Mitte August ausgestrahlt wurde, ist der Wissenschaftler so zu sehen. Auf die Frage, ob der Vulkan am Laacher See noch aktiv sei, antwortet er: "Ja, nach wissenschaftlicher Übereinkunft gelten Vulkane, die in den vergangenen 10 000 Jahren ausgebrochen sind, als aktiv." In der Dokumentation entsteht der Eindruck, dass ein Ausbruch des Laacher See-Vulkans unmittelbar bevorsteht; mit so drastischen Folgen, wie nach seinem Ausbruch vor 13 000 Jahren (Extra).
Ein Szenario, das der Vulkanologe Schmincke für unseriös hält: "Die Dokumentation ist grauenhaft." Es sei statistisch betrachtet unwahrscheinlich, dass der Laacher See-Vulkan in absehbarer Zeit - damit meint der Forscher einen Zeitraum von mehreren Hundert oder Tausend Jahren - nochmals ausbricht. Wahrscheinlicher wäre in diesem Zeitraum der Ausbruch kleinerer Schlackenkegel oder Maarvulkane. "Die Folgen sind regional auf wenige Kilometer beschränkt." Betroffen sei eher der Südosten der Vulkaneifel, die Region zwischen Ulmen und Bad Bertrich.
Eine Einschätzung, die der Geologe Peter Bitschene aus Gerolstein im Wesentlichen teilt. In einem Punkt widerspricht er Schmincke: "Ob ein Vulkan aktiv ist oder nicht, lässt sich nicht daran festmachen, wann er das letzte Mal ausgebrochen ist." Tatsache sei, dass die Vulkane in der Eifel zwar ruhen, aber nach wie vor aktiv sind. Das lässt sich daran erkennen, dass es in der Region Mineralquellen gibt und an manchen Stellen Kohlendioxid zutage tritt. Der Experte beruhigt sogleich: "Es gibt in der Region keine heißen Quellen, keine Schwefeldioxid-Ausdünstungen und keine Erdbebenaktivität." Er ist sich sicher, dass man es rechtzeitig merken würde, wenn ein Vulkan ausbricht.
Vor dem Hintergrund der ZDF-Dokumentation will die CDU-Landtagsabgeordnete Hedi Thelen von der Landesregierung wissen, was sie unternimmt, um die Vulkane zu überwachen. Hierzu teilt das rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerium mit, dass es bereits Daten zu Beben und ausströmenden Gasen unter dem Vulkanismusaspekt auswertet.
Karl-Wilhelm Koch, Kreisvorsitzender der Grünen und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Ökologie, ist überzeugt, dass die Erdbebenüberwachung durch das Land ausreichend sei. Mit einem plötzlichen Vulkanausbruch sei nicht zu rechnen. Die Evakuierung der Menschen aus der Region sei noch vor einer Eruption möglich.
"Das Land hat die Universität Duisburg-Essen beauftragt, eine Studie zu austretenden Gasen zu erstellen, die vor einem möglichen Vulkanausbruch warnen", sagt Astrid Schmitt, Landtagsabgeordnete der SPD für den Vulkaneifelkreis. Weitere Forschungsprojekte zu diesem Thema seien in der Planung. In den Landkreisen werde zurzeit an einem Katastrophenschutzplan gearbeitet, um einen Leitfaden zu haben, was im Falle eines Vulkanausbruchs zu tun ist.Extra

Die Explosion des Vulkans unterhalb des Laacher Sees war anderthalbmal so stark wie der Ausbruch des Pinatubo (Philippinen) vor 21 Jahren. Beide Vulkanausbrüche haben den Vulkan explosivitätsindex der Stufe sechs, die bisher nur selten in der Erdgeschichte auf der achtstufigen Skala übertroffen wurde. Zuletzt vor 197 Jahren mit dem Ausbruch des Tambora (Indonesien). Bei seinem Ausbruch starben zwischen 70 000 und 92 000 Menschen. In den Folgejahren kam es in Europa wegen der ausgestoßenen Asche zu Hungerkatastrophen. itz

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