Geschichte Von Häuschen mit Herz in der Tür und „Donnerbalken“ zu Hightech-Produkten fürs Bad
Daun · Es ist zwar ein anrüchiges Thema, dennoch stellten die „Herzhäuschen“ über Jahrhunderte hinweg eine notwendige Kultureinrichtung dar. Heute sind sie wohl gänzlich aus dem Dorf- oder Stadtbild verschwunden.
„Plumpsklo“ ist der umgangssprachliche Begriff, und er bezeichnet lautmalend eine Toilette, einen „Abtritt“ ohne Wasserspülung. Die Fäkalien landeten nicht – wie heutzutage meist üblich – in einer Kanalisation, sondern wurden in einer Jauchegrube gesammelt. War diese voll, musste der Inhalt entsorgt werden und diente meist als wertvoller Dünger auf den Feldern um das Dorf.
Heute wühlen Archäologen in Abfallhaufen und Abortgruben, die für sie wahre Fundgruben darstellen. Nicht nur lieblos fortgeworfene Gebrauchsartikel, Keramik- und Glasfunde oder Alltagsgegenstände geben Auskunft über Einrichtungen und Lebensgewohnheiten einstiger Klobenutzer. Die Reste, die Jahrhunderte überdauert haben, verraten viel über Speisepläne, Lebensstandard, den sozialen Status oder Krankheiten.
So belegte die Forschung durch uralte Funde, dass es schon Jahrtausende vor Christus Klos gab. Von hohem hygienischen Standards künden Anlagen in Rom, in Vorderasien, bei Indern, Ägyptern und Kretern, die sogar bereits über öffentliche Toilettenräume mit Wasserspülung verfügten. In antiken Stätten oder alten Klosteranlagen waren Toiletten sogar zur gleichzeitigen Benutzung für mehrere Personen verbreitet. „Stille Örtchen“ waren sie nicht – gesellig und schwatzhaft ging es dort zu. Über Politik und örtliche Ereignisse wurde genauso palavert wie über geschäftliche Angelegenheiten. Noch heute verrät dies die Redewendung: „Er hat sein Geschäft verrichtet.“
Für das Reinigen solcher öffentlichen Aborte waren angestellte „Kloakenreiniger, Heimlichkeitsfeger oder Dreckmeister“ zuständig. Vor rund 200 Jahren soll es in größeren Städten auch „Abtrittanbieter“ gegeben haben, die mit großen Holzeimern durch die Straßen gingen, angekleidet mit weiten Umhangmänteln. Darunter, vor neugierigen Blicken geschützt, konnten Bürger gegen Entgelt ihre Notdurft verrichten.
Warum die antike gehobene Klokultur im Mittelalter verloren ging, ist noch nicht gänzlich erforscht. Fakt ist, dass man überall den Nachttopf benutzte und diesen – zumindest in Städten – ungeniert auf die Straßen entleerte. Mangelnde Hygiene allerorten. In einer Verfügung der Burgherren in Daun ist zu lesen, dass Bauern aus Nachbardörfern, wenn sie ihre Zehntabgaben in der Burg ablieferten, verpflichtet wurden, Abfall, Mist und Fäkalien aufzuladen und außerhalb der Stadt zu entsorgen.
Mit der beginnenden Neuzeit wurden die öffentlichen Gemeinschaftstoiletten immer weniger, wurden privater und intimer. Besonders in Klöstern wie St. Gallen, Lorsch, Prüm und Niederehe, in Burgen oder in wohlhabenden adligen Häusern entwickelten sich die Aborte zu einem „haymblich gemach“ und wurden ins Innere der Gebäude verlegt, „wohin auch der Kaiser zu Fuß hingeht“. In einem solchen abgeschlossenen „Gemach“ wurde etwa im Jahr 901 ein Graf durch ein Fenster erschossen, berichtet zumindest Regino, Geschichtsschreiber der Abtei Prüm.
Die Burg Eltz hat stolze 20 Zimmertoiletten. Supermodern, denn andere Burgen oder Schlösser hatten bestenfalls Toilettenerker an den Außenwänden und hofften, dass kräftiger Regen ihre anrüchigen und sichtbaren Hinterlassenschaften fortspülen würde.
In Versailles, am Hof des französischen Sonnenkönigs Ludwig XIV., soll es 2000 Zimmer gegeben haben – aber nur ein eingebautes Klo. Und wo haben sich seine vielen Tausend Besucher und Bediensteten erleichtert? Im Schlosspark. Und Plastikbeutel, die heute jeder Hundebesitzer benutzt, gab es damals noch nicht.
Latrine, Toilette, Klosett, WC, Lokus oder kurz 00 – viele Namen für eine unentbehrliche Einrichtung für menschliche Erleichterungen. „Herzhäuschen“ lautet ebenfalls ein liebevollerer Name jener ehemaligen kleinen Holzgebäude. In die Tür der nahezu immer im Freien oder an einem Misthaufen stehenden Toiletten war ein Herz geschnitzt. Seine Aufgabe war es, für bessere Belüftung zu sorgen und erkennbar zu machen, ob das Klo frei oder besetzt ist. Klar, man hätte auch ein Viereck oder einen Kreis in die Tür schnitzen können – aber wirkt ein Herz nicht freundlicher, gemütlicher? Und wenn man das Symbol einmal umdreht, sieht es dann nicht aus wie ein Hintern?
Gestern noch überall in unseren Dörfern zu sehen, heute gänzlich aus dem Ortsbild verschwunden: Welch ein Fortschritt in der Entwicklung vom einfachen Loch in der Erde über „Donnerbalken“ und Herzhäuschen bis hin zu heutigen sanitären Hightech-Produkten.