Tourismuschef warnt vor Gästeschwund

Prüm/ Wittlich · Ausbau von Windkraft, Mais-Monokulturen und Gesteinsabbau hier, naturnaher Tourismus da: Klaus Schäfer, Geschäftsführer der Eifel Tourismus (ET) GmbH, befürchtet angesichts der aktuellen Planungen ein Fernbleiben von Gästen. Und er verweist auf den Wirtschaftsfaktor Tourismus, der in der Eifel 1,2 Milliarden Euro Umsatz erziele und 40 000 Arbeitsplätze biete.

Prüm/ Wittlich. In der Diskussion um die Erweiterung von Flächen für den Gesteinsabbau, den Bau von Biogas-Anlagen und eine Vielzahl neuer Windkraftanlagen in der Eifel spielt die touristische Entwicklung nur eine untergeordnete Rolle. Das bemängeln nicht nur Naturliebhaber und Ausbaugegner, sondern auch Klaus Schäfer, Geschäftsführer der Eifel Tourismus (ET) GmbH, die inzwischen fast die gesamte Eifel touristisch vermarktet.

Herr Schäfer, hier die touristische Entwicklung der Eifel, da der zu erwartende Windkraftboom: Wie verträgt sich das?
Schäfer: Die vielen Windkraftanlagen sind eine Belastung für den Tourismus.

Bleiben deswegen Gäste aus?
Schäfer: Das ist momentan schwer zu sagen, denn diejenigen, die nicht hier sind, können wir ja nicht fragen. Bei der Windkraft im jetzigen Umfang nehmen es die Gäste zwar wahr, aber sie sagen noch nicht, dass sie deswegen nicht mehr kommen wollen. Bei einer deutlichen Zunahme, wie geplant, befürchte ich aber, dass wir doch einige Gäste weniger in der Eifel haben werden als bisher.

In welchem Umfang?
Schäfer: Schwer zu sagen. Der Naturpark Nordeifel hat unlängst eine Befragung gerade zu diesem Thema gemacht. Wir warten gespannt auf die Ergebnisse.

Wie ist es mit dem Gesteinsabbau, der besonders in der Vulkaneifel stark ausgeweitet werden soll?
Schäfer: Da verhält es sich genauso. Auch große Mais-Monokulturen sind nicht das, was unsere Gäste erwarten. Sie kommen hierher wegen der Täler, des Wassers, der Berge und der unverstellten Fernsichten. Jedes Mehr an Windrädern, Lavagruben und Monokulturen, jeder übermäßige Verbrauch von Landschaft wirkt sich nicht positiv auf den Tourismus aus.

Die Befürworter sagen, dass es bei der Windkraft und dem Gesteinabbau auch um Einnahmen für die hoch verschuldeten Kommunen und um Arbeitsplätze geht.
Schäfer: Einnahmen und Arbeitsplätze sind ein gutes Stichwort. Im Bereich des Tourismus werden auf der ersten und der zweiten Stufe der Wertschöpfung, also unmittelbar bei den Übernachtungen und bei den Zulieferern wie dem Bäcker oder der Wäscherei, in der Eifel mittlerweile 1,2 Milliarden Euro umgesetzt. Und zwar von sehr vielen Akteuren. Wir haben in der Eifel inzwischen 50 Millionen Tagesausflugsgäste und fünf Millionen Übernachtungen im Jahr. 35 000 bis 40 000 Menschen finden in dem Sektor Arbeit - nicht immer top bezahlt, aber dafür auch in den Dörfern. Und: Diese Jobs können nicht verlagert oder wegrationalisiert werden, da es stets um den unmittelbaren Dienst am Kunden geht. Das sieht in den beiden anderen Branchen doch ein wenig anders aus.

Das heißt?
Schäfer: Ich bitte sehr darum, dass die Belange des Tourismus auch in wirtschaftlicher Hinsicht in die Waagschale geworfen werden. Bislang sehe ich das nicht.

Der Tourismus hat sich also zum bedeutenden Wirtschaftsfaktor in der Eifel entwickelt?
Schäfer: Ja, die Eifel hat sich seit Start der ET touristisch sehr positiv entwickelt. Ich gehe von einer Steigerung von bis zu zehn Prozent aus. Es geht um viel Geld und sichere Arbeitsplätze. Aber noch mehr: Von der touristischen Infrastruktur wie Rad- und Wanderwegen sowie Beherbergungsbetrieben profitieren ja auch die Einheimischen. In vielen Dörfern ist gerade deswegen Leben. Und eine Stadt wie Daun wäre eine ganz andere, wenn es nicht die vielen Gäste gäbe. Kaum Leerstände, Einnahmen für Geschäftsleute und die Stadt bedeuten auch höheren Wohnwert und eine höhere Lebensqualität. Ein Beispiel: In den Monaten Juli und August sind in der Vulkaneifel 60 000 Urlaubsgäste. Das sind genauso viele, wie es Einwohner im Kreis gibt.

Sie sprachen den Start der ET im Sommer 2000 an. Wie hat sie sich seither entwickelt?
Schäfer: Die ET ist stetig gewachsen und deckt 43 Verbandsgemeinden und acht Kreise in zwei Bundesländern ab. Wir vermarkten inzwischen, bis auf kleine Ausnahmen, die gesamte Eifel. Mit Kyllburg und Kaisersesch sind wir aber im Gespräch und guter Dinge, dass sie wieder zu uns kommen. Bei Wittlich und Wittlich-Land müssen wir abwarten.

Aus NRW ist in jüngster Zeit öfter die Klage zu hören, die ET sei zu RLP-lastig. Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund die landesübergreifende Kooperation?
Schäfer: Oftmals sehr mühsam, aber eindeutig richtig. Der Gast denkt nicht in Kreis- oder Ländergrenzen. Der einzig richtige Weg ist, ihm die Eifel in Gänze anzubieten. Auch der Eifelsteig mit seinen inzwischen vielen Partnerwegen, dieses einzigartige Erfolgsmodell, wäre ohne die länderübergreifende Kooperation nie entstanden. Dass er natürlich so einschlägt, haben wir auch nicht erwartet.

Dennoch kommt immer mal wieder Kritik an der "zentralistischen" ET. Was sagen Sie dazu?
Schäfer: Vorweg: Es gibt von keiner Seite eine Tendenz, aus der ET auszutreten. Ein Zurück zum Kirchtumdenken wäre der falsche Weg. Die Kritik, die sich äußert, ist ein Ringen um Ressourcen, ein Kampf für einzelne Regionen. Und das ist ja auch durchaus legitim.

Wie sehen Sie die Entwicklung der Eifel als Urlaubsziel?
Schäfer: Es wird schwieriger. Seit 2006 haben die Mittelgebirge als Urlaubsregionen gegenüber den Küsten und Städten zwei Prozent Marktanteil verloren von 22 auf 20 Prozent. Und der Städtetourismus boomt ohne Ende. Vor allem Berlin geht durch die Decke. Das spüren wir. Aber wir bleiben dran.Extra

Die Eifel Tourismus (ET) GmbH mit Sitz in Prüm wurde am 3. Juli 2000 gegründet. Anfang 2003 kam es zur Fusion mit dem nordrhein-westfälischen Pendant, der "Eifel-Touristik-Agentur NRW" aus Bad Münstereifel. Seither wird die Eifel länderübergreifend vermarktet. Mittlerweile gehören 43 Verbandsgemeinden und acht Kreise aus zwei Bundesländern der ET an. Gespräche mit weiteren Kandidaten laufen. Der Landkreis Bernkastel-Wittlich sowie die Verbandsgemeinde Manderscheid zählen ebenfalls zu den Mitgliedern. Die Verbandsgemeinde Wittlich-Land (VG), durch die ein Teilstück des Eifelsteigs verläuft, ist nicht Mitglied der ET. Inwieweit sich die geplante aus Wittlich-Land und Manderscheid entstehende neue VG engagieren wird, ist derzeit noch offen. Der Landkreis Bernkastel-Wittlich ist daneben noch bei der Moselland-Touristik und der Hunsrück-Touristik engagiert. har/mhExtra

Klaus Schäfer (52) ist seit dem Start hauptamtlicher Geschäftsführer der Eifel Tourismus (ET) GmbH mit Sitz in Prüm. Zuvor war er Leiter der früheren Vulkaneifel-Tourismus GmbH mit Sitz in Daun, die im Sommer 2000 in der Eifel-Tourismus aufgegangen ist. Schäfer wohnt in Gerolstein. mh

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