Übernachtung bei den Tempelrittern und ein verlorenes Etui

Um den Kopf für den neuen Lebensabschnitt freizubekommen, war Joachim Mauer zu Beginn seines Vorruhestands als Rektor der Grundschule Mehren im Jahr 2006 zu Fuß nach Santiago de Compostela/Spanien gepilgert. Inzwischen hat er mehr als 10 000 "Jakobskilometer" hinter sich und schmiedet neue Pilgerpläne.

Mehren. (bb) Es war seinerzeit die erste Tat in seinem Vorruhestand: der Fußmarsch von Mehren nach Fisterra, jenes "Ende der Welt" genannte Hafenstädtchen, das noch einen Tagesmarsch hinter Santiago liegt. Mit dem Datum vom 14. Dezember 2010 hält nun Joachim Mauer (65) eine weitere Urkunde in Händen, die besagt, dass er das inzwischen von so vielen angestrebte Pilgerziel zum zweiten Mal erreicht hat. "Die ,Pilgerautobahn' im Schnee zu gehen ist eine ganz andere Erfahrung als im Sommer", sagt Joachim Mauer.

Seit fünf Jahren ist er auf dem Jakobsweg unterwegs, auf unterschiedlichen Wegstrecken. Allein im Jahr 2010 hat er drei Etappen zurückgelegt: im Januar und Februar von Via de la Plata Servilla bis Santiago, im Mai von Rocroi an der belgisch-französischen Grenze bis Troyes in Frankreich und von Mitte November bis Mitte Dezember von St. Jean-Pied de Port über Santiago nach Fisterra.

Auf der letzten Tour hat Mauer an einem der symbolträchtigsten Punkte des gesamten Jakobswegs, am Cruz de Ferro, wie es guter Brauch ist, einen Stein abgelegt. Und er hat in der Herberge eines Tempelritters übernachtet - bei Tomas, der vor knapp 20 Jahren auf dem Weg nach Santiago in der Einsamkeit von Manjarin geblieben ist und sich seither um Pilger kümmert.

Bei der Ankunft in Burgos hat er das Etui seiner Klappbrille vermisst. "Alles, was man bei sich trägt, ist einem wichtig und wertvoll", erklärt Joachim Mauer seine schlechte Stimmung, nachdem er bemerkte, dass er das Etui offenbar verloren hatte. Er erzählte einer Pilgerin von seinem Verlust. "Und sie erinnerte sich, dass so ein kleines Etui in der Kathedrale von Burgos bei den Fundsachen liege. "Nur eine kleine Episode, doch für mich immer noch unglaublich", sagt Joachim Mauer.

Als Vorteile des Jakobswegs nennt er die gute Struktur und die Herbergen. Außerdem komme der Weg seinem kulturellen Interesse entgegen, berichtet Mauer und schwärmt von der Freundlichkeit der Mitpilger und der Menschen am Wegrand und der Hilfsbereitschaft in den Herbergen. Und: "In der Natur, die mir auf dem Jakobsweg auf Schritt und Tritt nahe ist, liegt für mich der Gottesbeweis." Er habe eine Reihe bleibender Freundschaften auf dem Jakobsweg geschlossen. Er überarbeite und übersetze französische Pilgerführer. Er halte Vorträge über den Jakobsweg. Und mit Blick auf den Pilgerplan für das Jahr 2011 - am 7. September macht er sich zu Fuß auf den Weg von Mehren nach Rom - betont er: "Das Kapitel Jakobsweg ist damit allerdings nicht erledigt."

Und wie hält Joachim Mauer sich fit, wenn er nicht auf dem Jakobsweg unterwegs ist? "Ich jogge jeden Vormittag zwei bis drei Stunden, am liebsten in der Nähe des Weinfelder Maares", sagt er.

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