Überstunden aus Nächstenliebe

GEROLSTEIN. (git) Für Josef Meyer (64) aus Gerolstein ist es ein glücklicher Moment: Seine Betreuerin Ursel Baum von der Caritas Sozialstation Gerolstein überreicht dem Pflegebedürftigen die Einladung zur heutigen Adventsfeier.

Die Adventsfeier haben die rund 60 Mitarbeiter überwiegend in ihrer Freizeit auf die Beine gestellt. Ihr Ziel ist es, den kranken, zumeist einsamen, nicht selten armen und oftmals am Rande der Gesellschaft stehenden Patienten zumindest in der Adventszeit das Gefühl von Gemeinschaft, Behaglichkeit und ein wenig Freude zu vermitteln. Josef Meyer erinnert sich: "Seit über zehn Jahren gehe ich schon dort hin. Damals lebte meine Frau Renate noch. Sie liebte den Schneewalzer so sehr, und eine Mitarbeiterin hat ihn immer mit ihr getanzt." Die Adventsfeier ist für Meyer der einzige Tag im Jahr, an dem er unter Menschen kommt. "Ich bin froh, dabei sein zu dürfen. Ich erlebe dort vorweihnachtliche Stimmung, Unterhaltung und schöne Musik." Und das empfinden und erleben heute mehr als 60 pflegebedürftige Menschen bei der Adventsfeier, die von der Caritas Sozialstation in Zusammenarbeit mit dem Seniorenförderverein der Stadt und dem Seniorenbeirat eingeladen wurden. Sie kommen aus den Verbandsgemeinden Gerolstein, Hillesheim und Obere Kyll. Um diesen Pflegebedürftigen ein paar schöne Stunden zu bereiten, sind die rund 40 Mitarbeiter der Sozialstation schon seit Wochen mit den Vorbereitungen beschäftigt. Etliche organisatorische Aufgaben sind zu bewältigen, zum Beispiel die Organisation des Hol- und Bringdiensts. Die Feier steht unter dem Motto "Auf dem Weg nach Weihnachten". Die Mitarbeiter haben das Singspiel "Herbergssuche" einstudiert, das Marion Becker aus Hillesheim am Akkordeon musikalisch begleitet. Und der Nikolaus hat sich auch angekündigt. Dieses besondere soziale Engagement ist allen Mitarbeitern der Sozialstation ein besonderes Anliegen. "Wir betreuen diese Menschen und sind ihre Bezugspersonen. Wir freuen uns, sie einmal im Jahr in unser Haus einzuladen. Für sie und für uns sind das schöne gemeinsame Stunden", sagt Sozialarbeiterin Brigitta Schmidt. Bei der Ausrichtung der Feier wird Wert darauf gelegt, sich an der Biografie der Menschen zu orientieren. Es werden Lieder gesungen, die an ihre Kindheit erinnern. Die Menschen sollen sich Zuhause fühlen. Jeder, der mag und kann, bringt sich aktiv in die Feier ein. Der eine trägt ein Gedicht vor, andere spielen ein Instrument oder singen gemeinsam ihre Wunschlieder. Der Tag der Adventsfeier beginnt für die Betreuer und Gäste bereits am Morgen. Die passende Kleidung wird herausgesucht, die Haare müssen noch gemacht werden. Und den einen oder anderen gilt es laut Sozialarbeiterin Schmidt noch zu motivieren: "Dieser besondere Tag entwickelt bei einigen Ängste; sie gehen ja so gut wie nie unter Menschen." Woher Angst und Unsicherheit herrühren, weiß Schmidt genau: "Viele sind krank und einsam, leben in manchen Fällen von der Sozialhilfe und stehen am Rande der Gesellschaft." Doch das sollen sie heute - wenn auch nur für wenige Stunden - nicht spüren.

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