Um des lieben Friedens willen

SCHÜLLER/TRIER. Das Landgericht Trier sorgt sich derzeit um den Frieden im Eifeldorf Schüller. Um den Kleinkrieg nicht weiter zu schüren, wurde das Berufungsverfahren gegen die ortsansässige Anwältin gegen Zahlung einer Geldstrafe eingestellt. Die Rechtsanwältin stand wegen übler Nachrede und falscher Verdächtigungen vor Gericht.

Der Vorsitzende Richter Eberhard Speicher zeigte sich zum Prozessauftakt ausgesprochen geduldig. Er räumte der angeklagten Anwältin fast drei Stunden Zeit ein, um der Strafkammer ihr Bild von der Stimmung in ihrem Heimatort aufzuzeigen. Danach kämpft die 53-jährige Juristin wie ein weiblicher Don Quijote seit Jahrzehnten gegen vermeintliche Missstände. Mal geht es ums Gemeindehaus, mal um Spielplätze, mal um Straßen, mal um die Jagdpacht und auch mal um ihrer Ansicht nach unfähige Verwaltungen. Nach Ansicht zweier ehemaliger Ratsmitglieder ist sie in den Jahren 2002 und 2003 dabei übers Ziel hinausgeschossen. Den Ersten Beigeordneten schwärzte sie bei der Kreisverwaltung an, weil angeblich Gebühren für eine illegal betriebene Bauschutt-Deponie kassiert worden seien. Der Zweite Beigeordnete, auch Jagdaufseher, soll sie auf einem Waldweg mit dem Geländewagen in eine gefährliche Situation gebracht haben. Beide erstatteten Anzeige. Widersprüchliches aus Trier und Daun

Im Mai 2005 wurde die Anwältin vor dem Amtsgericht in Daun zu einer Geldstrafe von 3500 Euro verurteilt, weil sie beide Vorwürfe nicht ausräumen konnte (der TV berichtete). Im Berufungsprozess vor dem Trierer Landgericht führten die Aussagen eines 70-jährigen Bürgers aus Schüller und dessen 46-jähriger Tochter zu einer anderen Beurteilung. Der 70-Jährige hatte Bauschutt auf den Zwischenlagerplatz der Straßenbaufirma gebracht, was zu dem Ränkespiel um den ehemaligen Ersten Beigeordneten führte. Dessen Tochter gab in Trier eine völlig andere Aussage als in Daun im Zeugenstand ab. Im Dauner Prozess bestritt sie, der Anwältin die Fakten für deren Vorwürfe bei der Kreisverwaltung geliefert zu haben. In Trier räumte sie ein, "es könne sehr wohl so gewesen sein". Oberstaatsanwalt Hans-Peter Hemmes machte sehr deutlich, dass er ihre Aussagen als unglaubwürdig wertete. Die 46-Jährige konterte genervt: "Ich lasse mir hier keine Lügen unterstellen." Nach der Aussage des 70-Jährigen platzte Oberstaatsanwalt Hemmes der Kragen: "Hier wird doch nicht die Wahrheit gesagt. Zeugen müssen sich für ihre Aussagen verantworten." Durch ein Wechselbad der Gefühle gegangen

Rund ein Dutzend Schüllerer Bürger verfolgte ausgesprochen gebannt die Verhandlung und die Vernehmungen der insgesamt sechs Zeugen. Zwei weitere Zeugen wurden nicht mehr gehört, weil nach einer halbstündigen Unterbrechung die Kammer in der Beratung einen Entschluss gefasst hatte. Richter Speicher schlug die Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung von 1000 Euro an die Interessengemeinschaft Kinderschutz Daun-Bitburg vor. Staatsanwaltschaft und Angeklagte stimmten zu. Die Juristin wollte gegenüber dem TV keine Stellungnahme abgeben. Bei der sechsstündigen Verhandlung war sie sichtlich durch ein Wechselbad der Gefühle gegangen. Während der Oberstaatsanwalt das Verhandlungsergebnis als "goldenen Mittelweg" ansah, waren die Anzeigenerstatter sichtlich froh, dass kein Freispruch das Ende besiegelte. Der ehemalige Zweite Beigeordnete schlussfolgerte: "Als Anwältin mit einer Einstellung aus einem Verfahren zu gehen, ist schon beschämend genug." Der ehemalige Erste Beigeordnete meinte: "Wenn sie die Lehre daraus zieht, dass sie in Schüller keine Narrenfreiheit hat, kann ich damit leben." Ob es nochmals zu einem ähnlichen Verfahren kommen könnte, bleibt abzuwarten. An Karfreitag soll die Anwältin eine Gemeinderätin ihres Heimatdorfes öffentlich diffamiert haben. Die junge Frau hat Anzeige wegen öffentlicher Beleidigung erstattet.

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