Literatur Kein leichtes Buch

Daun-Pützborn · Ute Bales hat in der Galerie May in Pützborn aus ihrem Roman „Bitten der Vögel im Winter“ gelesen. Er handelt von dem Völkermord der Nazis an den Sinti und Roma.

 Marita May (rechts) hat  ihre  Galerie in Pützborn für die Lesung von  als Ute Bales  zur Verfügung gestellt. Im Beisein ihres Verlegers Arne Houben hat Bales aus ihrem Roman „Bitten der Vögel im Winter“ gelesen.

Marita May (rechts) hat  ihre  Galerie in Pützborn für die Lesung von  als Ute Bales  zur Verfügung gestellt. Im Beisein ihres Verlegers Arne Houben hat Bales aus ihrem Roman „Bitten der Vögel im Winter“ gelesen.

Foto: Brigitte Bettscheider

„Wenn man als Autor die Perspektive der Täter wählt, muss man es sehr gut machen, sonst geht man unter“, räumte Arne Houben, Inhaber des Zeller Rhein-Mosel-Verlags (RMV), zu Beginn der Lesung ein. „Ute Bales hat diese Perspektive gewählt, und sie hat es sehr gut gemacht“, erklärte er. Und skizzierte die literarische Entwicklung der in Borler bei Kelberg geborenen und im Gerolsteiner Stadtteil Lissingen aufgewachsenen Schriftstellerin, die heute in Freiburg lebt. „Bitten der Vögel im Winter“ ist ihr siebter Roman. Damit ist der Völkermord der Nazis an den Sinti und Roma erstmals umfassend recherchiert und in einem Dokumentarroman dargestellt worden. Dass Bales das Buch aus der Sicht des Täterpaars Eva Justin und Robert Ritter (Echtnamen) geschrieben hat, führte zum Zeitpunkt der Veröffentlichung 2018 zu Kritik und Vorwürfen – etwa dass Verständnis für die Täter geweckt werde.

Seit kurzem liegt der Roman in der zweiten Auflage vor. „Dem Leser werde von der ersten Seite an deutlich, dass es Ute Bales keineswegs um Verständnis für die Täter gehe, erklärte Houben. „Sondern um das Verstehen“, betonte die Autorin bei der Lesung in der Galerie May. Wie ein Mensch es für richtig empfinden könne, andere Menschen zu quälen und sich zum Herrn über Leben und Tod zu erheben, dieser Spur sei sie nachgegangen, erklärte sie. Eine mögliche Antwort sei, dass das Gesetz auf der Seite von Eva Justin und Robert Ritter gewesen sei und dass die Politik ihnen den Auftrag und die Macht zu ihrem Menschen verachtenden Tun gegeben habe. Und: Viele hätten mitgemacht, sonst hätte das System nicht über ein Dutzend Jahre funktionieren können. Schließlich: Die Leute hätten die Zigeuner gerne verraten, weil sie ihnen ein Dorn im Auge gewesen seien.

Bales zeichnet  ein beklemmendes Bild von Eva Justin als einer obrigkeitshörig erzogenen, äußerlich unauffälligen und von der Idee, dass die Mischung der Rassen die wirkliche Erbsünde der Welt sei, besessenen Frau, die nichts anderes kannte als ihre Arbeit und das Warten auf Robert Ritter.

Mit der Erstellung von Sippenarchiven und Asozialen-Karteien, der Vermessung von Zigeunerkindern und der Bestimmung der Zigeunerblutanteile waren der Arzt und die Krankenschwester (später Studentin und Doktorandin) beteiligt an der systematischen Deportation der Zigeuner nach Polen, an ihrer Verstümmelung und Ermordung.

Ute Bales’ Roman „Bitten der Vögel im Winter“ aus dem RMV hat 410 Seiten und kostet 22,80 Euro.

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