"Verbandsgemeinde kann sich sehen lassen"

HILLESHEIM. Im zweiten Teil des TV -Interviews bezieht Alfred Pitzen, scheidender Bürgermeister der Verbandsgemeinde Hillesheim Stellung zu Erfolgen und Niederlagen in seiner 28-jährigen Amtszeit. Positiv verbucht der 63-Jährige das geschaffene Netz an Gruppenkläranlagen sowie den Industrie- und Gewerbepark Wiesbaum, Probleme räumt er beim Augustiner-Kloster ein.

Welche waren Ihre größten Errungenschaften als Bürgermeister? PITZEN: Wesentlich war mit Sicherheit das System der Abwasserbeseitigung und der Wasserversorgung. 1976, als ich hier angefangen habe, gab es überall noch kleine mechanische Kläranlagen oder Sickergruben, heute sind 99 Prozent der Einwohner der Verbandsgemeinde Hillesheim an Gruppenkläranlagen angeschlossen. Wir haben etwa 50 Millionen Euro in das System investiert. Was die Wasserversorgung angeht, haben wir bis auf das Stück Nohn-Ahütte das geplante Ringnetz fertiggestellt. Das waren zwei ganz dicke Brocken - auch vor dem Hintergrund der Beitragsbelastung der Bürger. Wie viel Überzeugungsarbeit musste geleistet werden? PITZEN: Na ja, die Umsetzung war nicht leicht. Schließlich fiel das in eine Zeit, als viele Kompetenzen von den Ortsgemeinden auf die Verbandsgemeinde übertragen wurden. Da wurde alles kritisch beäugt. Einige Bürger haben gemeint "Das brauchen wir nicht", viele andere haben gesagt: "Es ist schön, wenn die Bäche wieder sauberer werden, aber müsst ihr denn bei uns damit anfangen?" Zu Akzeptanz hat aber geführt, dass wir die zu erwartenden Kosten ermittelt und Vorausbescheide verschickt haben. So konnten die Bürger ihren Beitrag über Jahre abbezahlen. Rückblickend sind viele froh, dass wir die Sache so früh angepackt haben. Schließlich - und das habe ich immer wieder betont - gabs damals noch sehr hohe Zuschüsse. Das andere Großprojekt, das mit Ihrem Namen verbunden wird, ist der Industrie- und Gewerbepark der Verbandsgemeinde samt Gründerzentrum in Wiesbaum. Nach kontinuierlichem Aufwärtstrend scheint das Projekt erstmals ins Stocken zu geraten, stehen Hallen leer, werden Flächen nicht mehr an den Mann gebracht. Ist das Projekt zu groß geraten? PITZEN: Nein, in der momentanen Wirtschaftskrise ist das normal. Ich denke, wir haben da ne gute Weichenstellung geschafft. Unserere Philosophie, die Arbeit zu den Menschen zu bringen und nicht umgekehrt - und zwar dorthin, wo andere Urlaub machen, ist aufgegangen. Ich gehe fest davon aus, dass es zu Neuansiedlungen und Grundstückskäufen kommt, sobald die Konjunktur wieder anspringt. Falls das nicht rasch passiert, könnte die Trägergesellschaft in finanzielle Schwierigkeiten geraten, da Tilgungen für die Darlehen anstehen. PITZEN: Das Vermögen ist ja da: Die Hallen stehen, die Grundstücke sind erschlossen. Und die Höhe des Vermögens erlaubt uns, gegebenenfalls Tilgungen zu strecken oder Zwischenkredite aufzunehmen. Ich werte den begonnenen vierten Bauabschnitt als Zeichen dafür, dass das Projekt läuft. Immerhin liegen auch für diesen bereits einige Vorverträge vor, aber eben noch nichts Endgültiges. Eine unendliche Geschichte im negativen Sinn ist für die Kommune hingegen das Augustiner-Kloster, das seit anderthalb Jahren leer steht, die Kommune jährlich einen Batzen Geld kostet und auch Ihnen schon ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren eingebracht und sie privat Geld gekostet hat. Das Haus: Eine Bauruine und zugleich Ihre größte Niederlage? PITZEN: Eine Bauruine, na ja. Wo gearbeitet wird, da passieren auch Fehler. Wir alle haben damals gedacht, mit der einmaligen Investition später eine Stadthalle zum Nulltarif zu bekommen. Hätte unser damaliger Partner die Verträge eingehalten, wäre das Konzept auch aufgegangen. Und auch heute sagen Experten noch, dass das Haus unter solider Führung eine realistische Chance hätte. Nur, dass sich diese Führung, sprich ein neuer Investor, nicht finden will? PITZEN: Es gibt einen Hoffnungsschimmer: Es laufen Gespräche mit einem möglichen Betreiber. Mehr möchte ich nicht sagen. Vielleicht aber noch etwas zu Zilsdorf und den Streit um die Windkraftanlagen. Haben Sie den Gegenwind, die Emotionalität der Angelegenheit unterschätzt? PITZEN: Ja, möglicherweise habe ich die Brisanz und die Emotionalität falsch eingeschätzt. Aber wir haben vernünftig gehandelt. Die Verbandsgemeinde hat alle möglichen Windkraft-Standorte von einem Fachbüro prüfen lassen. Denn für mich war stets klar: Eine reine Verhinderungsplanung geht nicht - wegen des Privilegierungsgrundsatzes. Die Zilsdorfer Windkraftgegner fühlen sich für das Wohl der gesamten Verbandsgemeinde "verkauft". Zu Recht? PITZEN: Erst war lange Zeit Ruhe an der Front, doch dann gabs plötzlich Widerstand in Zilsdorf. Und das, obwohl die Planungen schon weit fortgeschritten waren. Ich bin der Auffassung: Mit dem im regionalen Raumordnungsplan und im Flächennutzungplan doppelt abgesicherten Standort Zilsdorf, dem einzigen in der Verbandsgemeinde, sind wir mit dem Thema durch. Auf jeden Fall beendet ist in wenigen Tagen Ihre Amtszeit. Wie fällt Ihr Fazit aus? PITZEN: Hmm. Neben IGP und Higis sowie Wasser und Abwasser waren wir die ersten, die in der Eifel einen Golfplatz geschaffen haben. Mit dem Geo-Pfad waren wir die ersten, die in der Vulkaneifel dieses Thema aufgegriffen und viele Nachahmer gefunden haben. Weiterhin haben wir viel in die Schulen und die Feuerwehr investiert, und die Kindergärten sind auch in Ordnung. Ich denke, die Verbandsgemeinde kann sich sehen lassen. Die Fragen stellte unser Redakteur Mario Hübner

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