Verfahrensfehler lassen zittern

DAUN/KARLSRUHE. Vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe muss sich heute der Vulkaneifel-Kreis wegen grober Verfahrensfehler bei der Aufhebung von Baugenehmigungen für Fotovoltaik-Anlagen verantworten. Der Antragsteller und Windkraftbetreiber Jörg Temme aus Trier fordert von der Behörde Schadenersatz in Millionenhöhe.

 Erneut Streitgegenstand, diesmal gar vor dem Bundesgerichtshof: die Windkraftanlagen in Zilsdorf. TV-Foto: Uwe Hentschel

Erneut Streitgegenstand, diesmal gar vor dem Bundesgerichtshof: die Windkraftanlagen in Zilsdorf. TV-Foto: Uwe Hentschel

Um das ganz große Geld geht es heute in Karlsruhe nicht. Sollte man meinen. Zumindest dann nicht, wenn man es in Relation zu den Anwaltskosten setzt, die bis zum heutigen Termin auf beiden Seiten angefallen sein müssen. Die liegen auf jeden Fall weit über dem Streitwert von 10 000 Euro. So viel Schadenersatz fordert der Unternehmer Jörg Temme aus Trier von der Kreisverwaltung Vulkaneifel, weil diese dem Windkraftbetreiber im Jahr 2002 zunächst Baugenehmigungen zur Errichtung von Photovoltaik-Anlagen an bereits vorhandenen Windrädern in Zilsdorf erteilt hatte, diese Genehmigungen jedoch dann im Spätsommer 2004 zurückzog, um diese Aufhebung dann zwei Monate später wieder rückgängig zu machen.Schuldhafte Amtspflichtverletzung

Nachdem das Landgericht Trier hier keinen Anspruch auf Schadenersatz gegeben sah, urteilte das Oberlandesgericht Koblenz im April 2006 darüber anders und verurteilte die Kreisverwaltung dazu, die Hälfte der Kosten, also 5000 Euro plus Zinsen, zu zahlen. Temme habe "im Vertrauen auf den Bestand und die Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigungen zahlreiche Forschungs-, Realisierungs- und Entwicklungsverträge abgeschlossen", begründeten die Koblenzer ihre Entscheidung und sehen außerdem "eine rechtswidrige und schuldhafte Amtspflichtverletzung der verantwortlichen Beamten". Das sieht auch Jörg Temme so, allerdings fordert er die gesamte Summe. Und dabei handelt es sich nicht nur um die 10 000 Euro, um die es heute in Karlsruhe geht, und auch nicht um die weiteren insgesamt 10 000 Euro, wegen derer derzeit in zwei weiteren Verfahren in dieser Angelegenheit verhandelt wird, sondern insgesamt um knapp 1,5 Millionen Euro. "Plus Zinsen und Verzugsschäden", sagt Temme und begründet das Zusammensetzen dieser Summe mit einer Vielzahl an Forderungen, die seitens seiner Vertragspartner an ihn gestellt worden seien - wegen Verträgen, die er nicht habe einhalten können, weil die Kreisverwaltung die Genehmigung ohne Vorwarnung aufgehoben habe. Die Kosten dafür hat er dem Kreis in Rechnung gestellt, darunter auch ein Betrag in Höhe von 500 000 Euro (der TV berichtete).Dünne Argumente der Kreisverwaltung

"Rechnungen kann jeder stellen", sagt Uli Diederichs, Dezernent der Kreisverwaltung Vulkaneifel, und seine Behörde werde die "Verhandlungen Stück für Stück abarbeiten". Doch wenn Temme tatsächlich einen Anspruch auf den Schadenersatz in Höhe der von ihm genannten Summe habe, hätte er die wirklich großen Beträge vor Gericht doch als erstes einfordern können, gibt Diederichs zu bedenken. "Da braucht er sich keine Sorgen zu machen, die kommen auch noch", sagt der Trierer Unternehmer, nennt die Argumentation der Kreisverwaltung "dünn" und "schlapp" und fügt hinzu: "Wenn ich die Klärung der Rechtslage für einen Streitwert von 10 000 Euro haben kann, warum soll ich es dann für 500 000 machen. Schließlich richten sich die Prozesskosten nach dem Streitwert." Doch unabhängig davon, ob heute vor dem Bundesgerichtshof über 10 000, 20 000 oder 500 000 Euro verhandelt werden wird: Sollte die Kreisverwaltung in diesem Verfahren verlieren, könnte das erhebliche Auswirkungen auf die weiteren noch laufenden und bevorstehenden Verhandlungen haben. Im schlimmsten Fall müsste der Kreis dann die 1,5 Millionen Euro inklusive der täglich steigenden Zusatzkosten übernehmen.

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