Vergangenheit auf Silberscheiben
In Kradenbach hat man sich die Mühe gemacht, alte Fotos zu sammeln und für alle Bürger frei verfügbar zu machen.
Kradenbach. (HG) "Es war unheimlich viel Arbeit, Hunderte von Stunden sind draufgegangen, aber es hat auch Spaß gemacht zu sehen, wie es früher einmal hier im Dorf aussah", erzählt Helmut Pauly. Der Ortsbürgermeister von Kradenbach hat sich mit der Geschichte der Amerika-Auswanderung schon einen Namen als Hobbyhistoriker gemacht. Nun haben er und fünf Mitstreiter sich noch einmal zwei Jahre lang die Arbeit gemacht, alle Fotos im Ort zu sammeln, zu archivieren und zu erfassen. Heraus gekommen ist eine Bild-CD mit 640 Fotografien, die jeder Haushalt des Ortes bei einer Präsentation mit nach Hause nehmen konnte. Die Idee zum Sammeln der Fotos kam nach einer Gemeinderatsversammlung zustande, wo über die alten Zeiten gesprochen wurde. "Der wichtigste Aspekt war, den Bürgern im Dorf auch in 20 Jahren noch zeigen zu können, wie der Ort und seine Menschen einst aussahen. Es war jetzt praktisch fünf vor zwölf, um dies noch zu tun", sagt Pauly. Im Mitteilungsblatt startete er 2006 einen Aufruf an alle Bürger, alte Bilder zur Verfügung zu stellen, was auf große Resonanz stieß."Wir haben daraufhin eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Maria Diewald, Karin Hau, Peter Saxler, Rudolf Schüller und besonders hervorzuheben Hermann Rieder, gebildet. Von ihnen sind einige von Haus zu Haus gegangen und haben die Bilder eingesammelt. "Ohne die alten Bürger hätten wir das nicht geschafft"
Andere waren für die Identifizierung der Personen auf den Fotos zuständig. Das war sehr viel Ermittlungsarbeit. Ohne die Hilfe der alten Leute im Dorf hätten wir das aber nicht geschafft. In ein paar Jahren wäre es vielleicht schon gar nicht mehr möglich gewesen", so Pauly. Bis auf die Gruppenbilder mit vielen Personen wurden praktisch alle abgebildeten Leute erkannt. Der Bürgermeister selbst war zuständig für das Erfassen der alten Fotos. Er scannte die Bilder ein, schnitt sie am Computer zurecht und beschriftete sie. "Das war eine richtige Winterbeschäftigung." Herausgekommen ist eine stattliche Sammlung von Bildern, die das Dorf zeigen, etwa das strohgedeckte Hunzenhäuschen, die Menschen bei der Arbeit auf dem Feld oder zuhause, in ihrer kargen Freizeit, bei kirchlichen Ereignissen, junge Burschen mit strahlenden Gesichtern bei der Musterung vor dem Ersten Weltkrieg, Porträts von Paaren und Einzelpersonen oder Postkarten von Soldatengruppen an der Front. Das älteste Foto von Peter Diewald in Uniform dürfte aus der Zeit um 1900 stammen. "Selbst wir, aber besonders die jungen Leute wissen gar nicht, wie das Dorf früher einmal aussah", weiß Pauly, der die Aktion auch zur Nachahmung in anderen Dörfern empfiehlt. "Irgendwann, denke ich, wird man uns einmal dafür dankbar sein und sagen: Es war eine gute Idee, diese alten Schätze zu archivieren."