"Verraten und verkauft"

Vor einem Monat hat die Firma Reichle Straßenbau GmbH & CoKG Insolvenzantrag gestellt. 26 der 30 ehemaligen Mitarbeiter sind noch auf Jobsuche. Erst in einigen Wochen soll entschieden sein, ob ein Insolvenzverfahren eingeleitet wird.

 Auch am Bau des Parkplatzes in der Sarresdorfer Straße war die Firma Reichle aus Gerolstein beteiligt. TV-Foto: Archiv/Gabi Vogelsberg

Auch am Bau des Parkplatzes in der Sarresdorfer Straße war die Firma Reichle aus Gerolstein beteiligt. TV-Foto: Archiv/Gabi Vogelsberg

Gerolstein. "Wir fühlen uns alle verraten und verkauft. Die Stimmung ist total schlecht", sagt Inge Baumgarten, Vorsitzende des Betriebsrates (BR) der insolventen Straßenbaufirma. Am 27. Februar hatte der Betrieb, der anderthalb Jahre zuvor von den Unternehmern Ottfried Reichle und Wolfgang Meier gegründet worden war, den Antrag auf Insolvenz gestellt (der TV berichtete). Als Insolvenz-Gutachter wurde Rechtsanwalt Hans-Albrecht Brauer aus Daun bestellt. Nach seiner Meinung ist "erst in einigen Wochen" mit der Entscheidung zu rechnen, ob ein Insolvenzverfahren überhaupt eröffnet wird.

Doch dieser juristische Schritt ist für die Ex-Beschäftigten sehr wichtig. Baumgarten: "Hauptgeschäftsführer Meier hat zwar einen Interessensausgleich unterschrieben, aber wir kriegen nur etwas, wenn überhaupt noch Geld da ist."

Nur dann erhielten die 30 gekündigten Mitarbeiter laut Sozialplan einen Ausgleich (den 2,5-fachen Bruttomonatslohn) für entgangene Kündigungsfristen und Abfindungen wegen langer Betriebszugehörigkeiten. Baumgarten, seit 30 Jahren Buchhalterin bei Reichle: "Wir sind ausgetrickst worden."

Für etliche ist die Situation existenzbedrohend



So sieht es auch ein 54-jähriger Straßenbauer, der seit 19 Jahren dabei ist: "Herr Meier hat bei der Betriebsübernahme versprochen, dass wir uns bis zur Rente keine Sorge zu machen brauchen." Die komplette Belegschaft hatte Reichle für die neue GmbH & CoKG gestellt, die somit alle Anrechte langer Betriebszugehörigkeiten verlor. Jedoch mit der Aussicht auf einen vermeintlich sicheren Arbeitsplatz wurde diese "Kröte" geschluckt. Der 54-Jährige: "Meine persönliche Situation sieht nicht gut aus, für etliche von uns ist es sogar existenzbedrohend." Andere Betriebe hätten bei Anfragen nur abgewunken und auf später vertröstet.

Hauptgeschäftsführer Meier (auch Chef der Firma HTI-Bau in Daun) hatte vor einem Monat behauptet, die "Hälfte der Mannschaft habe schon neue Arbeit". Tatsächlich sind es nur vier von 30. Darauf vom TV angesprochen, verweist Meier auf Reichle. Doch der schiebt den Ball zurück. Öffentlich möchte keiner Stellung beziehen.

Derweil hat Insolvenzgutachter Brauer alle Hände voll zu tun. Er schätzt den Schuldenberg auf "gut eine Million Euro". Das Insolvenzverfahren wird nur eröffnet, wenn genügend Geld für den Verwaltungsaufwand vorhanden ist. Allerdings ist laut Brauer sicher, dass die Belegschaft für drei Monate, maximal bis Ende April, Insolvenzgeld (gleiche Höhe Nettolohn) erhält.

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