Verschnaufpause für Schutzengel

Positive Bilanz: Die seit zwei Jahren im Kreis Vulkaneifel eingesetzte mobile Waldbauernschule hat sich bewährt. Rund 150 Privatwaldbesitzer wurden dort geschult, um die Risiken bei der Waldarbeit zu minimieren. Trainer wie Teilnehmer sind vom Konzept überzeugt, doch der Schulungsbedarf ist weiter hoch, die Warteliste lang.

 Christoph Daun fällt unter exakter Anleitung von Forstwirtschaftsmeister Konrad Scholzen eine Eiche. TV-Foto: Mario Hübner

Christoph Daun fällt unter exakter Anleitung von Forstwirtschaftsmeister Konrad Scholzen eine Eiche. TV-Foto: Mario Hübner

Daun. "Achtung, Baum fällt!" Wenn diese Worte im Wald erschallen, wird es gefährlich. Das bestätigt Karl-Heinz Sachen von der zuständigen Berufsgenossenschaft. Er ist es auch, der die mobile Waldbauernschule betreut. Er sagt: "Die meisten schwerwiegenden Unfälle im Forst passieren unmittelbar bei der Baumfällung." Entweder weil aus großer Höhe herabstürzende Äste (sogenanntes Totholz) den Forstarbeiter treffen, weil der gefällte Stamm aufreißt und die hochschnellenden Fasern wie eine gewaltige Peitsche wirken, der Stamm den Arbeiter trifft oder unter sich begräbt, oder man sich in der Hektik und Anspannung der Baumfällung mit der Motorsäge schwer verletzt. Statistisch erleidet jeder dritte Forstarbeiter im Jahr einen Arbeitsunfall. In der gemeinerhand als gefährlich geltenden Baubranche ist es jeder Siebte, in der Landwirtschaft jeder Zehnte und in der gewerblichen Industrie jeder 16. "Forst arbeit ist und bleibt eine der gefährlichsten Arbeiten", bringt es Sachen auf den Punkt.

Und die Unfälle können teurer werden. Denn manchmal kann dadurch die gesamte Existenz aufs Spiel gesetzt werden: Wenn beispielsweise ein Landwirt querschnittsgelähmt wird oder man wegen Missachtung der Sicherheitsvorschriften für einen schwerwiegenden oder gar tödlichen Unfall in Regress genommen wird.

Um dem entgegenzuwirken, wurde bereits vor einigen Jahren verfügt, dass Privatleute im Gemeinde- und Staatswald keine Bäume mehr fällen, sondern nur noch liegendes Holz aufarbeiten dürfen. Und dazu müssen sie nachweisen, dass sie im Umgang mit der Motorsäge geschult sind. Das geht über die Teilnahme an entsprechenden Motorsägen-Basiskursen.

Die Kurse sind rasch belegt



Für Privatwaldbesitzer aber reicht das nicht. Sie müssen regelmäßig ihren Wald durchforsten. Und dazu gehört eben auch, Bäume zu fällen. Vor allem nach dem Sturm Kyrill gab es alle Hände voll zu tun. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, wurden spezielle Kurse aufgelegt. Die zwölf Plätze pro Kurs (so viele passen in die mobile Waldbauernschule, ein für Forst- und Lehrzwecke umgerüsteter Anhänger) sind stets rasch belegt, die Warteschlange lang. Von den rund 11 000 Privatwaldbesitzern im Kreis, die rund 7000 Hektar Wald ihr eigen nennen, gehören rund 1580 dem Waldbauverein an. Diese verfügen allein über rund 3600 Hektar Wald. Etwa 150 Privatwaldbesitzer wurden bereits in der mobilen Waldbauernschule trainiert.

Einer von ihnen ist Christoph Daun aus Hörscheid. Er sagt: "Sehr viele gute Tipps. Jetzt hat das Rumgemurkse endlich ein Ende." Und Ewald Schmitz aus Gerolstein meint: "Ich bin dankbar für die präzisen Anleitungen. Dadurch habe ich mir sehr vieles eingeprägt. Das unbekümmerte Einfachdrauflosschneiden gibt's bei mir jetzt nicht mehr."

Herbert Faber aus Gerolstein-Roth ist ein alter Hase in Sachen Forstarbeit. "Ich dachte, nach 40 Jahren im Forst, was soll ich da noch lernen?", sagt er. "Aber das Gegenteil war der Fall. Der Kurs war sehr wertvoll für mich. Ich kann nur von Glück reden, dass all die Jahre nichts Ernsthaftes passiert ist."

Martin Diewald aus Stadtkyll, der der neuen und etwas aufwendigeren Schnitttechnik anfangs etwas skeptisch gegenüberstand, haut in die gleiche Kerbe: "Ich habe schon viele Bäume abgeschnitten, aber hier habe ich auf jeden Fall etwas dazugelernt."

"Wir zeigen die richtige Technik - energisch"



Ausbilder Konrad Scholzen, Forstwirtschaftsmeister des Forstamts Daun, kennt die Problematik: "Die alten Hasen umzubiegen, ist natürlich sehr schwierig. Wir können nur auf die vielen Gefahren hinweisen und die richtige Technik aufzeigen, und das tun wir energisch. Aber eine Garantie, dass auch alles so übernommen wird, haben wir natürlich nicht." Dennoch sind die Instruktoren überzeugt vom Konzept. So sagt Ausbilder-Kollege Tim Schwarzer: "Hier nimmt jeder was mit, egal wie lange er schon in den Wald geht."

Nähere Infos gibt's beim Waldbauverein Daun, Telefon 06592/962030.

Meinung

Exzellentes Angebot

Die Motorsägen-Kurse von Waldbauverein, Forstamt und Berufsgenossenschaft sind ein exzellentes Angebot. Wer das dort vermittelte Wissen beherzigt, arbeitet bewusster, lebt gesünder und gönnt seinem Schutzengel mal eine Auszeit. Der ist ohnehin bei der Waldarbeit überstrapaziert, denn oft lautet die Devise: Flott die Motorsäge an und los. Und dann mal schauen. Jeder, der auch nur ein Stückchen Wald besitzt, sollte sich dieses Training gönnen. m.huebner@volksfreund.deExtra Gekauft hat die rund 40 000 Euro teure mobile Waldbauernschule die Berufsgenossenschaft. Die Organisation sowie den Einsatz der Instruktoren übernimmt der Waldbauverein Daun. Die Trainer und Teilnehmer schätzen vor allem die hohe Flexibilität. So wird der Wagen direkt im Wald, wo letztlich auch die Praxis geschult wird, abgestellt. Das ergibt einen Zeitgewinn, da das lästige Umziehen vom Schulungsraum im Dorfgemeinschaftshaus in den Wald entfällt. Auch kann rasch aufs Wetter reagiert und beispielsweise bei Regen Theorie gepaukt oder das richtige Schärfen der Kette im Wagen erlernt werden. Beim starren System (Theorie im Dorf, Praxis im Wald) war das nicht möglich. (mh)

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