Viel Zeit und die richtige Marmeladenwahl

DAUN. Karneval bedeutet Hochkonjunktur für die Dauner Landbrotbäckerei. Für die zweiwöchige Hochphase wurden zusätzlich 35 Aushilfen eingestellt. Von heute bis Aschermittwoch werden zwei Millionen Berliner gebacken.

"Der Dauner Berliner ist mittlerweile ein Begriff", sagt Betriebsleiter Josef Grewe stolz. Seit 30 Jahren wird das Hefegebäck nach unverändertem Rezept hergestellt. Ein bisschen lässt sich Bäckermeister Grewe in die Karten schauen: "Wer liebevoll arbeitet, gute Zutaten nimmt und sich Zeit lässt, bei dem gelingt es auch." Hefe brauche Zeit, um zu wirken. Damit auch in der Fastnachtszeit die "Dauner Qualität" garantiert werden kann, hat Grewe eine dritte Produktionsanlage angeworfen und 35 Aushilfen eingestellt. Im Zwei-Schicht-Betrieb werden alle Aufträge erledigt. Momentan werden in der Großbäckerei allein für die Berliner-Produktion täglich zwei Tonnen Frischei (das entspricht 10 000 Eiern), vier Tonnen Marmelade und zwölf Tonnen Mehl verarbeitet. Die Dauner Landbrotbäckerei beliefert mehr als 200 Aldi-, Norma- und Globus-Filialen in der Mitte Deutschlands mit Brot, Brötchen und Hefegebäck. Aber es ist nicht egal, wohin ein Berliner geliefert wird. Der Main gilt als "Marmeladen-Äquator", sagt Grewe. Schmunzelnd erklärt der Bäckermeister: "Die Verbraucher südlich des Mains mögen nur rote Marmelade im Berliner, die nördlich und westlich des Mains sowie im Saarland gelbe." In der Statistik von Verkaufsleiter Hermann-Josef Schmidt liegen die Saarländer eindeutig vor den Eifelern was den Berliner-Verzehr angeht. "Die Saarländer lieben ihre Zuckerstückchen, wie sie die Berliner nennen. Die Laster Richtung Saarland haben eindeutig mehr süße Fracht geladen als die in andere Regionen", berichtet Schmidt.Kartons im rhythmischen Stakkato

Die süßen Hefekugeln sind auch in den Familien der 150-köpfigen Belegschaft sehr beliebt. Büroangestellte Christel Fritzen sagt: "Meine 100 Jahre alte Oma in Boverath hat die Entwicklung genau verfolgt. Sie merkt sofort den Unterschied, wenn sie einen Berliner vorgesetzt bekommt, der nicht von uns ist." Bäckermeister Grewe glaubt, ein Merkmal zu kennen: "Wir backen stets in frischem Erdnussfett, weil es besser zum Backen geeignet ist als irgendwelche Palmöle. Außerdem ist es bekömmlicher." Auch die Familie von Liliane Wagner gehört zur Berliner-Fangemeinde. "Jeden Tag hole ich zwei Pakete mit nach Hause", sagt die Arbeiterin, die an der Kartonmaschine steht. Im rhythmischen Stakkato formt die Maschine die flachen Kartonagen, die Wagner einschiebt, in rechteckige Kartons. Sechs Berliner passen in einen Karton. Eine Kollegin Wagners legt das Hefegebäck zügig rein. Das Fließband läuft ununterbrochen und lässt keine Zeit für ein kurzes Gespräch. Am Anfang der Produktionsstraße steht Alexander Adolphi. Der Deutschrusse wiegt den Teig ab, der dann in die "Teig-Teil-Maschine" kommt. Während die Rührmaschinen leise surren, ertönt an diesem Automaten ein stetiges Klicken. Mit jedem Klick werden sechs Berliner ausgespuckt. In der ganzen Halle liegt der aromatische Duft von frisch gebackenen Berlinern. Adolphi fühlt sich an seine Heimat erinnert: "Bei uns gibt es etwas Ähnliches. Das sind Piroshkis. Da ist auch Marmelade drin." Egal ob Piroshkis, Berliner, Krapfen oder Muzen - Hefegebäck zur Karnevalszeit hat eine lange Tradition. Fastnacht und "fetter Donnerstag" gehen zurück bis zum Jahr 1200. Das bunte Treiben steht im direkten Zusammenhang mit der anschließenden 40-tägigen Fastenzeit. Denn vor der langen Zeit der Entbehrungen wurde auch in den Eifeler Häusern seither geschlachtet und gebacken, was die Vorräte hergaben - damit noch einmal so richtig geschlemmt werden konnte.