Volksfreund-Serie Landmarken Ein Vorhang aus Wasser und Moos

Am Dreimühlen-Wasserfall in der Vulkaneifel trifft sich die Welt. Vor allem bei schlechtem Wetter entfaltet er seinen ganzen mystischen Zauber.

Volksfreund-Serie Landmarke zeigt den Nohner Wasserfall
Foto: Vladi Nowakowski

Der Rheinländer an sich liebt die Eifel. Der Westfale auch. Beide zeigen dies, indem sie sich hineinwagen.

Aber nicht allzu weit, bald nach dem Autobahnende bei Blankenheim, muss Schluss sein. Was passieren wird, wenn der Lückenschluss eines Tages vollzogen sein mag, weiß niemand, vielleicht stehen Rheinländer und Westfalen dann irgendwo hinter Saarbrücken in der lothringischen Pampa.

Derzeit stehen sie, zuhauf vor allem an Wochenenden, vorzugsweise am Nohner Wasserfall, der nach einer nahen Burgruine benannt offiziell Dreimühlen-Wasserfall heißt. Für Einheimische und Menschen, die es stiller lieben, empfiehlt es sich, an Wochentagen oder in Jahreszeiten mit fiesem Wetter dieses Kleinod der Eifeler Natur anzusteuern.

Fieses Wetter nämlich oder gar Eis und Schnee können dem Nohner Wasserfall nichts anhaben. Im Gegenteil, dann entfaltet er einen mystischen Zauber inmitten von Raureif oder Nebelschwaden, die aus den Wiesen ringsum aufsteigen. Und sein Dauerplätschern über eine moosüberwucherte Kalksinterbank trägt erst recht zum Gefühl bei, weit, wirklich ganz weit von jeglicher Zivilisation entfernt zu sein. Was nicht stimmt, denn der Mensch hat nachgeholfen, damit hier ein „wachsender“ Wasserfall entstand, der sich pro Jahr bis zu zehn Zentimeter ins Tal hinein schiebt. Irgendwann wird er direkt in den Ahbach münden, so dass Rheinländer und Westfalen beim Fotografieren sogenannter Selfies nasse Füße bekommen werden.

Das Wachstum des vier Meter hohen Wasserfalls erhielt seine Initialzündung beim Bau der Eisenbahn im Jahr 1912, als drei aus dem karstigen Gestein austretende, sehr karbonat-
haltige Quellbäche zusammengeführt wurden. Vorher, seit der bisher letzten Eiszeit, pendelten die Quellen munter hin und her und schufen sich eine 300 Meter lange und 100 Meter breite Sinterbank zum Runterpurzeln der Rinnsale. Die von Menschenhand konzentrierten Wassermassen führen dazu, dass sich die Mineralien mehr als ursprünglich im Moos ablagern und dem Ganzen eine feste Struktur verleihen, an der sich permanent neue Ablagerungen mit neuem Moosbewuchs bilden. Hier kann man, den Eisenbahnbauern sei Dank, Mutter Natur beim Basteln neuer Landschaften zusehen. Und darum ist der Wasserfall ein veritables Naturdenkmal.

So viel Wissenschaft interessiert allerdings die meisten Besucher des Nohner Wasserfalls nicht. Sie pilgern an die zwei Kilometer von einem ausgeschilderten Parkplatz aus oder über einen gut ausgebauten Radweg hin. Wer auf diese Weise eine Portion Bewegungshunger gestillt hat, erfreut sich am glitzernden Schauspiel. Manche Wasserfall-Fans wagen es sogar an heißen Tagen, sich berieseln zu lassen. Hunger und Durst der normalen Ausflugskategorie können in der nahen Nohner Mühle gestillt werden, denn hier gibt es – neben einem Seminarhaus – ein Café, das täglich von 11 bis 18 Uhr und im Winter an den Wochenenden geöffnet hat.

Viele gehen zielstrebig zum Wasserfall, doch es lohnt durchaus, sich zu entschleunigen und auch die Umgebung näher in Augenschein zu nehmen. Am Ahbach und am Niedereher Bach flattern im Sommer hübsche Hauhechel-Bläulinge umher, und ein rekonstruierter römischer Kalkofen an der Landstraße 68 kurz vor Niederehe ist ein schöner Platz zum Picknicken. Hier hat man auf jeden Fall seine Ruhe. Rheinländer und Westfalen übersehen das Fleckchen Erde in der Regel.

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