Vom Vorzeigeprojekt zum Klotz am Bein

Bad Neuenahr-Ahrweiler · Seit 1. Januar ist die Badelandschaft der Ahr-Thermen in Bad Neuenahr-Ahrweiler geschlossen. Nun droht der Abriss.


Bad Neuenahr-Ahrweiler. Nur knapp 27 000 Einwohner zählt Bad Neuenahr-Ahrweiler, doch im Tourismus ist die Kurstadt ganz groß: 780 000 Übernachtungen im Jahr 2012, Platz zwei in der Rheinland-Pfalz-Statistik hinter der Landeshauptstadt Mainz. Eingebettet in die Weinbergterrassen des Ahrtals, profitiert es von der einzigartigen Verbindung von Wein und Wasser. Letzteres am besten erlebbar im örtlichen Thermalbad, den Ahr-Thermen. Mit durchschnittlich knapp 600 Tagesbesuchern sind sie der größte Besuchermagnet des Heilbades. Oder vielmehr: Sie waren es. Seit 1. Januar ist die Badelandschaft geschlossen.
Kurz vor der Eröffnung, im Jahr 1992, galten die Ahr-Thermen nach Worten des Regierungspräsidenten Gerd Danco noch als "Geniestreich von Kurdirektor Herbert Rütten". Heute, rund 22 Jahre später, ist das 43 Millionen Mark teure Superbad mit seinem zeltartigen blauen Dach für die Aktiengesellschaft Bad Neuenahr (AGBN), deren Vorstand Rütten war, nur noch ein lästiges Anhängsel. Die AGBN will nun die Ahr-Thermen loswerden. So weit verständlich, denn das Thermalbad, das vor 21 Jahren eröffnet wurde, fährt Jahr für Jahr ein dickes Minus ein. 800 000 Euro Verlust waren es zuletzt. Der Ballast der Ahr-Thermen Bad Neuenahr GmbH & Co. KG, einer Tochtergesellschaft der AGBN, droht die Muttergesellschaft finanziell in den Abgrund zu ziehen.
Schon einmal, im Jahr 2012, stand die AGBN kurz vor der Insolvenz. Damals sprang ihr die Stadt, die mit 27,4 Prozent an der AGBN beteiligt ist, zur Seite, indem sie von der AGBN für knapp fünf Millionen Euro diverse Grundstücke erwarb, darunter den Kurpark mit der Heilquelle. Von der einstigen Harmonie zwischen Stadt und AG war da schon nicht mehr viel zu spüren.
Kaum ein Jahr später stand die AGBN erneut auf der Matte. Diesmal bot sie der Stadt die hochdefizitären Ahr-Thermen an. Diese lehnte einstweilen ab: Sie hatte schon alle Hände voll zu tun, das Kurwesen in Bad Neuenahr vor dem Untergang zu bewahren. Auslöser war die Ankündigung der AGBN, zum Jahresende den defizitären Kurbetrieb einzustellen, sprich den bis dahin zurückgepachteten Kurpark zu pflegen und zu bespielen. Um den Bad-Titel zu sichern, beschloss die Stadt, eine eigene Heilbadgesellschaft zu gründen. Damit ging eine Ära dem Ende entgegen: 155 Jahre lang war die AGBN Träger des Kurwesens und Bad Neuenahr ein privates Heilbad.

Im November 2013 übernahm Christoph Reinicke, ein Interimsmanager aus Kiel, das Ruder in der AGBN. Anfang Dezember kündigte er an, die Ahr-Thermen zum 31. Dezember zu schließen und, falls sich kein Interessent für die zur Pacht ausgeschriebenen Thermen finde, mittelfristig abzureißen. Der Aufschrei der Hotellerie und des Gastgewerbes war immens. Am 1. Januar, trotz eines kurzfristigen Gegenangebots der Stadt, ließ Reinicke die Badelandschaft schließen.
Dabei ist es geblieben. Die Scheiben im Foyer zu den Becken sind verklebt, nur noch der Saunabereich und die Gastronomie haben geöffnet. Frustrierte Besucher, meist von auswärts, stehen, ungläubig den Kopf schüttelnd, vor dem Eingang. Und die AGBN? Sie legte auf die bisherige Drohkulisse noch eine Schippe drauf, indem Reinicke, inzwischen Vorstand der Aktiengesellschaft, beiläufig erklärte, man werde demnächst mit der Entkernung des Gebäudes beginnen, sollten sich bis Ende Februar keine ernsthaften Interessenten gemeldet haben.

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