"Von älteren Menschen kann man viel lernen"

Karten spielen oder Spaziergänge machen: Regelmäßig verbringen Gerolsteiner Jugendliche Zeit mit Senioren aus dem Maternus-Stift. Der Besuch der Schüler ist nur ein Beispiel dafür, wie gut vernetzt die Bewohner eines Seniorenheims mit der Stadt sind.

 Die Schülerinnen Kimberly Willwertz, Lena Hoffmann und Annika Lenzen (von links) spielen im Maternus-Seniorenstift in Gerolstein mit einer Bewohnerin Memory. TV-Foto: Sarah-Lena Gombert

Die Schülerinnen Kimberly Willwertz, Lena Hoffmann und Annika Lenzen (von links) spielen im Maternus-Seniorenstift in Gerolstein mit einer Bewohnerin Memory. TV-Foto: Sarah-Lena Gombert

Gerolstein. Ein altes Telefon und ein Koffer: Die Bilder passen nicht zusammen, Annika Lenzen muss die beiden Pappkärtchen wieder umdrehen. Die Schülerin aus der neunten Klasse am Gerolsteiner Sankt-Matthias-Gymnasium ist gemeinsam mit ihren Klassenkameradinnen Lena Hoffmann und Kimberly Willwertz hierher zum Eichenweg gekommen, um Zeit mit den Bewohnern zu verbringen. Das machen die Schülerinnen regelmäßig. Heute spielen sie Memory.
"Angefangen hat das alles mit der Projektwoche im vergangenen Schuljahr", erklärt Lehrerin Katja Kläs, die am Gymnasium Deutsch, Ethik und Religion unterrichtet. Während dieser einen Woche haben sich die Schüler mit dem Thema "Generationen im Gespräch" beschäftigt und die Bewohner des Altenheims erstmals besucht. Heute leitet Kläs gemeinsam mit ihrem Kollegen Elmar Oestreich die Arbeitsgemeinschaft (AG), bei der insgesamt 19 Schüler aus den Jahrgangsstufen neun bis 13 alle zwei Wochen in das Seniorenzentrum kommen. Von der Schule ins Altenheim - für die Schüler sind das zwei völlig verschiedene Welten.
"Ich bin vor der AG noch nie in einem Altenheim gewesen", sagt Schülerin Kimberly Willwertz während des Memory-Spiels und dreht schnell zwei Pappkärtchen um. Sie komme wirklich gerne hierher. "Von den älteren Menschen hier kann man viel lernen", ist sie sicher. Sie habe beispielsweise gelernt, sich mit einer taubstummen Bewohnerin zu verständigen.
Immer ein Grund zur Freude


"Anfangs waren die jungen Leute noch ein bisschen zögerlich", sagt Lilo Schnurrbusch, die das Projekt vonseiten des Seniorenstifts begleitet. Doch bereits am zweiten Tag seien die meisten ganz offen gewesen für den Umgang mit den zum Teil schwer dementen Bewohnern. "Mittlerweile sind die Schüler richtig engagiert, bringen eigene Ideen mit und wollen uns gerne bei Veranstaltungen helfen", sagt Schnurrbusch. Für die Bewohner des Altenheims sei der Besuch der jungen Leute immer ein Grund zur Freude. "Viele fühlen sich an ihre Kinder oder Enkel erinnert, wenn sie die Schüler sehen."
"Ich hatte mir ein Seniorenheim vorher ganz anders vorgestellt", sagt Schülerin Lena Hoffmann. Dass die Bewohner so offen mit den jungen Leuten umgehen, habe sie überrascht. Nach kurzem Überlegen fügt sie hinzu: "Ich glaube, ich kann mich besser mit älteren Menschen als mit kleinen Kindern auseinandersetzen." Das Projekt der Gymnasiasten hat bereits Nachahmer gefunden: "Eine Gruppe Firmlinge hat sich bei uns gemeldet. Die möchten auch gerne etwas für unsere Bewohner tun", sagt Claudia Haase, Leiterin des Maternus-Stifts. Dennoch sind die Jugendlichen vom Gymnasium längst nicht die Ersten, die sich regelmäßig im Seniorenstift blicken lassen, in dem 114 Patienten leben. Die meisten von ihnen stammen auch ursprünglich aus dem Raum Gerolstein. "Der Männergesangverein kommt häufig vorbei", erklärt Claudia Haase, ebenso der Musikverein und Kinder aus dem Kindergarten.
Ob die Jugendlichen nach ihrer Schulzeit ihre berufliche Zukunft im Pflegebereich sehen, darüber mag Haase nicht spekulieren. Viele der Schüler sind noch jung und haben noch einige Jahre bis zum Schulabschluss.
Haase würde sich jedenfalls über den einen oder anderen Auszubildenden aus Gerolstein freuen. "Gerade im Pflegebereich herrscht Fachkräftemangel", sagt sie. Es seien in diesem Jahr längst nicht mehr so viele Bewerbungen auf Ausbildungsplätze eingegangen wie noch vor vier bis fünf Jahren.
"Na ja", sagt Katja Kläs, "zumindest von einem unserer AG-Teilnehmer wissen wir, dass er sich gerne im sozialen Bereich beruflich orientieren will."

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