Vor dem Ja-Wort ging’s zur Sache

GEROLSTEIN. Der Gewerbeverein Gerolstein hat sich in einer Sondersitzung mehrheitlich für die befristete Öffnung der Fußgängerzone für den Verkehr ausgesprochen. Nun soll dem Stadtrat ein entsprechender Antrag unterbreitet werden. Der Abstimmung ging eine teils heftige Debatte voraus.

21 Ja-, fünf Nein-Stimmen, acht Enthaltungen: Der Gewerbeverein Gerolstein hat sich in seiner gut besuchten Sondersitzung mehrheitlich dafür ausgesprochen, dass die Fußgängerzone für eine Probezeit wieder für den Autoverkehr freigegeben wird. Bei einer Probeabstimmung unter weiteren anwesenden Gewerbetreibenden, die aber nicht dem Gero-Team angehören, war die große Mehrheit ebenfalls für die Öffnung. Über Details wie die Länge der Probezeit, die tägliche Öffnungszeit, Parkregelungen oder gar flankierende Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung der Flaniermeile (wie einheitliche Öffnungszeiten und ähnlichem) aber wurde so gut wie nicht gesprochen. Dabei hätten aktuelle Planungsunterlagen für ausreichend Diskussionsstoff sorgen können, wie Unternehmer und Stadtratsmitglied Gerd Möller anmerkte: "Die Stadt hat für 30 000 Euro einen Planungsauftrag für die Gestaltung der Fußgängerzone in Auftrag gegeben, doch die bereits vorliegenden Ergebnisse wurden den Gewerbetreibenden noch nicht vorgestellt." Dennoch hatten sich - wie eh und je - Befürworter wie Gegner einiges zu erzählen. So kamen die rund 50 Anwesenden (darunter 34 Stimmberechtigte) dem anfänglichen Appell von Vereinsvorsitzendem Heinz Weber, bei dem "wohl emotionalsten Thema" Gerolsteins "cool" zu bleiben, nur zeitweise nach."Sie haben die Meinung des Vereins zu vertreten!"

Dazu trug Weber auch selbst bei: Seine Ankündigungen, erstens die Informationen nicht selbst an die Politik weiterleiten zu wollen ("Es ist nicht verborgen geblieben, dass ich stets ein Befürworter der Fußgängerzone war und bin") sowie zweitens, lediglich ein Abstimmungsergebnis, nicht aber ein grundlegendes Statement des Gewerbevereins ("ist dafür" oder "ist dagegen") zu melden, sorgte für Missstimmung gleich zu Beginn. Die Meinung nicht weniger Anwesender brachte Rudolf Koch auf den Punkt, als er zu Weber sagte: "Sie sollten neutral an die Sache rangehen!" und "Sie haben die Meinung des Gewerbevereins zu vertreten!" Drogerie-Betreiber Koch, lange Zeit im Stadtrat aktiv und Verfechter der Fußgängerzone, gestand ein Umdenken ein: "Vor zehn Jahren war die Stadt noch voller Leute, mittlerweile nicht mehr. Daher sollten wir für eine Probezeit öffnen." Diese Ansicht kristallisierte sich im Verlauf des Abends rasch als Mehrheitsmeinung heraus. "In Schönheit sterben oder Umsatz machen?"

Bei anderen Gewerbetreibenden hörte sich das nur noch etwas deutlicher an. Lebensmittelhändler Helmut Schenten stellte fest: "Es ist einfach nichts mehr los." Und Rolf Neumann vom gleichnamigen Reisebüro fragte rhetorisch: "Wollen wir in Schönheit sterben oder Umsatz machen?" Als von dem ein oder anderen dann noch die Leerstände als Argument gegen die Fußgängerzone zu Hilfe genommen wurden, reagierte Vorsitzender Weber, der selbst an mehreren Geschäften in besagtem Areal beteiligt ist, allergisch. Zum einen stellte er fest, dass "in den vergangenen zwei Jahren etliche Leerstände beseitigt" wurden, zum anderen behauptete er, dass viele Probleme selbstverschuldet seien. Gegenüber der Kollegenschaft sagte er: "Viele von ihnen haben über Jahre verharrt, anstatt Trends zu erkennen und daraufhin unternehmerisch zu handeln. Einige haben es in den vergangenen 30 Jahre gerade einmal geschafft, den Anstrich ihres Hauses zu erneuern; aber dafür permanent über die Umstände geschimpft." Weber blieb bei seiner Meinung, dass sich durch die Öffnung der Fußgängerzone alleine "nichts bedeutsam ändern wird". Zudem zeigte er sich "erschüttert" darüber, dass von vielen Kollegen die zentrale Lage Gerolsteins zwischen Daun, Prüm, Hillesheim und Bitburg als Gefahr und nicht als Chance gesehen wird. In die gleiche Kerbe schlug Stadtbürgermeister Karl-Heinz Schwartz (CDU), der an die Anwesenden appellierte, "erst einmal die eigenen Hausaufgaben zu machen" - Stichwort Erscheinungsbild und Ladenöffnungszeiten. Und er gab zu bedenken, dass mit dem Votum des Gewerbevereins die Öffnung nun nicht automatisch vollzogen werde: "Beim Thema Fußgängerzone sind Sie, liebe Gewerbetreibende, eine sehr wichtige Gruppe. Aber neben den Anwohnern und Kunden beziehungsweise Gästen eben nur eine von dreien."

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