Vulkaneifel hat Nase vorn

GEROLSTEIN/MAINZ. Hoher Besuch, reichlich Lob und Aussicht auf zusätzliche Fördergelder: Bei der Dekra-Akademie in Gerolstein könnte schon bald ein Pilotprojekt zur Eingliederung von straffälligen Jugendlichen gestartet werden. Der rheinland-pfälzische Justizminister Heinz Georg Bamberger zeigte sich von der Arbeit in Gerolstein begeistert und hält sie für nachahmenswert.

 Sind überzeugt vom "Free"-Projekt, das die freiwillige Resozialisierung und Eingliederung vor der Entlassung für junge Strafgefangene zur Aufgabe hat (von links): Landtagsabgeordnete Astrid Schmitt, der rheinland-pfälzische Justizminister Heinz Georg Bamberger, Landrat Heinz Onnertz und Joachim Freek, Leiter der Dekra-Akademien im nördlichen Rheinland-Pfalz.TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Sind überzeugt vom "Free"-Projekt, das die freiwillige Resozialisierung und Eingliederung vor der Entlassung für junge Strafgefangene zur Aufgabe hat (von links): Landtagsabgeordnete Astrid Schmitt, der rheinland-pfälzische Justizminister Heinz Georg Bamberger, Landrat Heinz Onnertz und Joachim Freek, Leiter der Dekra-Akademien im nördlichen Rheinland-Pfalz.TV-Foto: Gabi Vogelsberg

"Free" ist Englisch und bedeutet: frei. Das Kürzel steht aber auch für "Freiwillige Resozialisierung - Eingliederung vor der Entlassung" (für junge Strafgefangene zur Vermeidung eines Rückfallrisikos). So heißt ein Projekt, das von der Dekra in Gerolstein vorgestellt wurde. Aktuell nehmen 58 junge Straftäter im Alter von 16 bis 21 Jahren im Landkreis Vulkaneifel an dem Vorhaben teil. Und das Projekt könnte landesweit interessant werden, denn nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Mai 2006 ging die Kompetenz für das Jugendstrafvollzugsgesetz auf die Länder über. Und daher hat sich Heinz Georg Bamberger, der seit einem Jahr rheinland-pfälzischer Justizminister ist und vorher Präsident des Koblenzer Oberlandesgerichtes war, bei der Dekra umgesehen."Chance, was Besonderes auf den Weg zu bringen"

Er sagte: "Der Kern des Jugendstrafvollzugs ist der Erziehungsgedanke, damit die jungen Straftäter ein Leben ohne Straftaten führen lernen." Es gelte, den Übergang von der Haft zur Wiedereingliederung zu managen. Bislang habe es nicht selten abrupte Übergänge von der Haftzeit zur Freiheit gegeben. Beim Free-Projekt der Dekra ist das anders. Das setzt bereits drei Monate vor der Entlassung an und ist daher vielfach umfassender als andere Vorhaben im Umgang mit jugendlichen Straftätern. Probleme mit der Wohnung, der Arbeit, mit Drogen oder Schulden werden daher schon früher angepackt. Astrid Schmitt, SPD-Landtagsabgeordnete, die seit Jahren um die Arbeit der Dekra weiß, lud daher gemeinsam mit Landrat Heinz Onnertz den Justizminister ein. Sie meinte: "Zusammen mit der Dekra, die jahrelange Erfahrung in der Jugendberufshilfe hat, haben wir die Möglichkeit, was Besonderes auf den Weg zu bringen." André Löffler, Leiter der Gerolsteiner Dekra-Akademie, gab den Politikern einen Einblick in die bisherige Arbeit. Er berichtete: "In den vergangenen fünf Jahren haben wir rund 190 junge Straftäter im Zuge der Jugendberufshilfe begleitet. Dazu gehört die enge Zusammenarbeit mit Richtern, Bewährungshelfern, dem Jugendamt und Jobcenter, Beratungsstellen und Arbeitgebern." Der Sozialpädagoge stellte dabei die besonderen Lebensläufe seiner Klientel heraus: "Das sind keine profilierten, sondern benachteiligte Jugendliche. Alle haben eine Geschichte, und bevor sie Täter wurden, waren sie Opfer." Justizminister Bamberger zeigte sich begeistert von der Arbeit des Netzwerkes in der Vulkaneifel. Der 60-jährige Jurist sagte: "So was wie hier sehe ich zum ersten Mal. Meine Hochachtung. Ich schätze diese Professionalität und die Menschlichkeit. Dieses Engagement brauchen wir."Innovativ und bislang konkurrenzlos

Das Bewusstsein für dieses Engagement wie in der Vulkaneifel müsse anderenorts erst geschaffen werden, das "Free"-Projekt sei bislang konkurrenzlos. Landrat Heinz Onnertz sieht den innovativen Ansatz darin, dass jetzt die rechtliche Grundlage dafür geschaffen wurde, dass die Träger der Maßnahmen direkt auf die jungen Straftäter zugehen können, und nicht nur als Vermittler kurz vor Haftende. Ob das Gerolsteiner Modell flächendeckend im Land angewandt werde und zusätzliche Finanzmittel zu erwarten seien, sagte Bamberger nicht. Er meinte aber, dass schon bald über die künftige Wiedereingliederungspolitik in Rheinland-Pfalz gesprochen und im März konkret der finanzielle Rahmen dafür abgesteckt werde.

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