Archiv Februar 2020 Vulkaneifel: Über Biomüll und „die da oben“ - Bürger machen ihrem Ärger weiter Luft

Daun · Der Kreistag soll am 16. März einen Beschluss zur Wiedereinführung des Holsystems mit Biotonne aufsetzen und der ART eine entsprechende Kalkulation vorlegen. Doch das Problem schwelt weiter.

 Um das seit Jahresbeginn eingeführte Biomüll-Bringsystem, das viele Menschen in der Vulkaneifel ablehnen, gibt es weiterhin Streit.

Um das seit Jahresbeginn eingeführte Biomüll-Bringsystem, das viele Menschen in der Vulkaneifel ablehnen, gibt es weiterhin Streit.

Foto: TV/Mario Hübner

Wer nach dem Votum des Kreisausschusses mit dem unverhofften Sieg der Tütenkritiker erwartet hatte, nun seien die Gemüter erst mal befriedet, dürfte sich getäuscht sehen. Im Internet werden weiterhin Aufrufe gegen „Sansibar“, Landrat und ART oder Fotos überquellender Container gepostet. Manche Posts betonen, dass für Dreck an den Sammelstellen ein Mangel an Umweltbewusstsein der Tütennutzer verantwortlich sein mag, der nicht akzeptabel ist. Andere wiederum sehen offenkundig mutwillige Beschmutzungen als natürliche Begleiterscheinung des Systemwechsels an. Der Ton ist nicht selten rau.

Aus Sicht der organisierten Kritiker am Bringsystem ist tatsächlich noch kein Sieg errungen, sondern Skepsis angesagt, was das Biotonnen-Revival angeht. Hans-Peter Felten vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) schreibt hierzu: „Es ist wohl offensichtlich, dass bis auf diejenigen, die für die Biotonne im Kreistag gestimmt haben, wohl kaum jemand sonst gegen die Biotonne ist. Signalisiert die Verwaltung, dass sie den Behalt der Biotonne auch organisatorisch umgehend in die Wege leiten wird, bedarf es nicht erst eines gesonderten Bürgerbegehrens.“ Seiner Meinung nach sollte sofort mit der Umsetzung der Biotonne begonnen und die Zeit bis zur Kreistagssitzung im März entsprechend genutzt werden.

Ingrid Wesseler, Initiatorin der Interessengemeinschaft (IG) zum Erhalt der Biotonne, lässt sich nicht zu Siegerposen verleiten. „Aus unserer Sicht ist es aktuell nicht sinnvoll, über ‚ungelegte Eier‘ zu reden. Nachdem sich SPD, UWG, FDP und Die Linke mit ihrem Antrag im Kreisausschuss durchsetzen konnten, haben wir es mit leicht veränderten Vorzeichen zu tun. Das gibt uns Hoffnung. Aus unserer Sicht sind nun die Schritte in der Reihenfolge abzuarbeiten, wie das Landesrecht es vorsieht: Prüfung der Rechtswirksamkeit des Bürgerbegehrens durch die ADD, Abstimmung in der Kreistagssitzung - entweder zur schnellstmöglichen Rückkehr der Biotonne, unsere bevorzugte Option, oder für den Bürgerentscheid.“

Dann erst solle es, laut Ingrid Wesseler, einen Beschluss geben, ob eine Bürgerbefragung durchgeführt werden soll, und wenn ja, in welcher Form. Sollte der Kreistag am 16. März die Wiedereinführung der Biotonne beschließen, haben sich ihrer Auffassung nach Bürgerbegehren und Bürgerbefragung erledigt. Wesseler hält es, wie sie schreibt, für geboten, die Entwicklung abzuwarten.

Den Initiator der Unterschriftenliste und der Aktion „Mehr Bürgerwille“, Karl Hüppeler, treibt die Abwehr einer Bürgerbefragung um. Hüppeler engagiert sich mit dem Protest gegen die Biotüte nach eigenen Angaben zum ersten Mal bürgerschaftlich, „wegen all ihrer bekannten Nachteile“. Sein Credo: „Zeigen wir es diesmal denen da oben, weil wir es können!!!“

Am 13. Januar sandte er eine Mail an die Staatsanwaltschaft Trier mit dem Betreff „Unzulässige Bürgerbefragung durch den Landrat des Vulkaneifelkreises“ mit der Frage, was die Staatsanwaltschaft dazu sage. Am 16. Januar wiederum legte er bei der Kreisverwaltung nach: „Wie oft muss ich noch vortragen, dass eine Bürgerbefragung kein übliches, bewährtes, rechtmäßiges und zweckmäßiges Verfahren ist.“ Dem TV bestätigt er, dass für ihn eine Bürgerbefragung ausgeschlossen ist:

„Das steht für mich nicht zur Debatte. Ich habe ein Bürgerbegehren gestartet und da gibt es rechtlich als Folge nur den Bürgerentscheid oder die direkte Umsetzung der Forderung, im speziellen Fall also die direkte Wiedereinführung der Biotonne. Eine Bürgerbefragung, was ist das überhaupt, halte ich im Anschluss eines Bürgerbegehrens für rechtlich unzulässig.“

Die Kreisverwaltung verweist auf die noch in Arbeit befindliche rechtliche Prüfung der von Hüppeler vorgelegten Unterschriftensammlung und erläutert, was die beabsichtigte Bürgerbefragung ist: „eine Befragung aller Wahlberechtigten zu Tonne oder Tüte auf Basis klarer Orientierung, welches die jeweiligen Konsequenzen für die Bürgerinnen und Bürger sind.“

Unterdessen bestätigt der Leitende Oberstaatsanwalt Peter Fritzen den Eingang des Hüppeler-Schreibens mit der Bitte um „Stellungnahme zu der – nach Meinung der Bürgerinitiative ‚unzulässigen‘ – Bürgerbefragung des Landrats zum Thema Biomüllentsorgung.

Die Mail gab der Staatsanwaltschaft keine Veranlassung, tätig zu werden. Die Staatsanwaltschaft ist nach der Strafprozessordnung nur dann berechtigt und verpflichtet einzuschreiten, wenn zureichende Anhaltspunkte für eine Straftat vorliegen. Solche hatten sich aus dem Inhalt der Mail nicht ergeben.“

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