Warten, bis das Gras wächst

GEROLSTEIN-LISSINGEN. Billiger und umweltfreundlicher soll es werden - doch das hat seinen Preis: In Anbindung an die Kläranlage in Lissingen wird in diesem Jahr für rund 800 000 Euro eine Anlage zur Weiterverarbeitung von Klärschlamm gebaut. Damit sollen die umstrittene landwirtschaftliche Weiterverarbeitung des Abfallprodukts und die noch teurere Verbrennung künftig vermieden werden.

Karl Seidel, Leiter der Verbandsgemeindewerke Gerolstein, die Betreiber der Anlage sein werden, sagt deutlich: "Es werden weder industrielle Klärschlämme verarbeitet noch Schlämme für die bessere Auslastung der Anlage importiert." Lediglich aus Abwässern der Verbandsgemeinde Gerolstein gewonnene Schlämme würden eingeleitet und in der Anlage zu einem humusähnlichem Konzentrat verarbeitet - oder vererdet, wie die Fachleute sagen. Die Überlegungen zum Bau der Anlage sind nicht neu. "Wir suchen bereits seit 1997 nach einem geeigneten Grundstück, da in der unmittelbaren Umgebung der Kläranlage nicht genug Platz ist", sagt Seidel. Wie sich jedoch herausstellte, wurde das ein langwieriges Unterfangen. Einmal wollten laut Seidel die Grundstückseigentümer nicht verkaufen, dann wiederum - nachdem die Stadt große Flächen erworben hatte - gab es Genehmigungsprobleme. "Und da wir keine langwierigen Rechtsstreitigkeiten oder Nachprüfungen in Kauf nehmen wollten, haben wir vom zuletzt favorisierten Areal auf der anderen Seite von Kyll, Bahntrasse und Radweg - am Altarm der Kyll - Abstand genommen und sind rund 100 Meter ausgewichen." Das hat zwar Mehrkosten von schätzungsweise einigen tausend Euro für die längere Leitung bis zur Kläranlage zur Folge, dafür kann das Vorhaben aber noch in diesem Jahr verwirklicht werden. Verbunden sein wird die Klärschlamm-Anlage mit der herkömmlichen Kläranlage in Lissingen über zwei Druckleitungen: Durch eine wird der Klärschlamm von den zwei großen, markanten Stapelbehältern zugeführt, durch die Rückleitung wird das überschüssige (und noch belastete) Wasser zurückgepumpt und in den normalen Klär-Kreislauf eingeleitet."Ins Erdreich gelangt nichts"

Die Klärschlamm-Anlage kann man sich wie einen künstlich angelegten Teich mit einer meterhohen Böschung ringsherum vorstellen, der ebenso wie dieser zum Boden hin durch eine dicke Folie abgedichtet ist. Denn, so Seidel: "Ins Erdreich gelangt nichts, das ist ein geschlossenes System." Auf dem Grund der Wanne wird ein mit einer Drainage durchsetztes Gesteinsfiltrat mit unterschiedlichen Schichten und Körnungen aufgebracht, schließlich wird das gesamte Beet mit Schilf bepflanzt. Das soll zum einen dem Klärschlamm einen Großteil des Wassers auf natürliche Weise entziehen, zum anderen sollen dessen Wurzeln für eine gute Belüftung und somit optimale Weiterverarbeitung der Masse sorgen. Ist der Schlamm zu Humus geworden, kann er entnommen werden. Seidel: "Einmal jährlich wird er auf seine Inhaltsstoffe untersucht." Der Werkleiter sieht vor allem drei große Vorteile gegenüber dem bisherigen Umgang mit Klärschlamm: Die Kosten: "Gegenüber der landwirtschaftlichen Weiterverarbeitung sparen wir rund 20 000 Euro im Jahr, gegenüber der Verbrennung noch einmal so viel." Vor allem die Transportkosten schlagen zu Buche. "Wir fahren ja überwiegend Wasser hin und her", verweist der Werkleiter darauf, dass Klärschlamm zu etwa 95 Prozent aus Wasser besteht. Selbst nach einer Reduktion ist Wasser immer noch bei weitem der Hauptbestandteil des Abfallprodukts. Die Umwelt: Das Aufbringen auf Feldern stellt nach wie vor einen enormen Eingriff in die Natur dar und muss daher intensiv überwacht werden - dennoch kommt es nach wie vor zu Überdüngungen und Gewässerverunreinigungen. Die Überprüfbarkeit: "Sollten sich die Anforderungen an den Klärschlamm künftig verändern, können wir sofort darauf reagieren, da sich das Produkt ja noch in der Anlage befindet", sagt Seidel.Betriebsbeginn zur Jahresmitte geplant

Die Zwei-Beet-Anlage wird etwa 4000 Quadratmeter groß werden und ein Fassungsvermögen von rund 11 000 Kubikmetern haben. Sobald es trockener wird, sollen die Bauarbeiten an der "letzten großen Einzelmaßnahme im Bereich der Abwasserbeseitigung im Gerolsteiner Land" beginnen, sagt Seidel. Denn: "Wir wollen Mitte des Jahres in Betrieb gehen."

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