Warum die Landkreise bankrott sind

Daun/Gerolstein · Es ist ein Teufelskreis: Jahr für Jahr steigen die Schulden der Kommunen, weil ihre Ausgaben die Einnahmen bei Weitem übersteigen. Dies will der rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof so nicht mehr hinnehmen: Er fordert vom Land bis spätestens 2014 eine Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs. Eine solche Reform haben auch die Kreise in der Region bitter nötig.

Daun/Gerolstein. Sie kommen finanziell auf keinen grünen Zweig mehr: Egal, ob es um den Eifelkreis Bitburg-Prüm, die Landkreise Vulkaneifel, Bernkastel-Wittlich oder Trier-Saarburg geht - alle geben mehr Geld aus, als sie einnehmen.
Der Rückblick


Das geht schon seit Jahren so: Zuletzt konnte sich der Eifelkreis 2001 über einen ausgeglichenen Haushalt freuen, der Kreis Bernkastel-Wittlich 2002, der Landkreis Trier-Saarburg schrieb immerhin noch bis 2004 keine roten Zahlen. Negativer Spitzenreiter in der Region sind der Landkreis Vulkaneifel, der schon seit 20 Jahren keinen ausgeglichenen Haushalt mehr vorlegen kann. Hatte der Vulkaneifel-Kreis vor fünf Jahren noch rund 31,5 Millionen Euro an Kassenkrediten (entspricht bei Privatleuten dem Dispo-Kredit), waren zum Ende des Jahres 2011 schon mehr als 51 Millionen (zu den Vergleichszahlen siehe Extra).Die Struktur


Die Gründe für die angespannte finanzielle Lage der Kreise sind schnell erklärt: Ihre maßgebliche Einnahmequelle, die Kreisumlage, die alle Gemeinden im Kreisgebiet zahlen müssen, kann schon seit langem die Kosten nicht mehr decken, die die Kreise zu tragen haben. Einen weiteren Grund für die angespannte finanzielle Lage der Kommunen hat der rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof kritisiert: "Die Finanzzuweisungen des Landes reichen angesichts stark gestiegener Sozialausgaben schon seit Längerem nicht mehr aus, um den Kommunen eine der Landesverfassung entsprechende angemessene Finanzausstattung zu sichern", heißt es in dem Urteil der Koblenzer Richter, die vom Land bis spätestens 2014 eine Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs fordern.
Der kommunale Finanzausgleich soll Kommunen, die wenig eigene Einnahmen haben, eine ausreichende Finanzausstattung ermöglichen. Er setzt sich in Rheinland-Pfalz aus Bundes- und Landes-Mitteln sowie aus kommunalen Abgaben zusammen.
Die Kostentreiber


So erhält der Kreis Vulkaneifel 2012 knapp 23,5 Millionen Euro aus der Kreisumlage und vom Land aus dem kommunalen Finanzausgleich insgesamt zwar rund acht Millionen Euro an Schlüsselzuweisungen - dem gegenüber stehen allerdings Gesamtausgaben in Höhe von knapp 92 Millionen Euro. Besonders die Ausgaben für den Bereich Soziales sind in den vergangenen Jahren immer weiter angewachsen - beispielsweise aufgrund gestiegener Fallzahlen, immer mehr Anspruchsberechtigten und steigender Pflegesätze. Mit rund 60 Millionen Euro sind beim Kreis Vulkaneifel die Aufwendungen in diesem Bereich für das laufende Jahr veranschlagt. Zum Vergleich: 2007 waren es 48 Millionen, 2002 30 Millionen Euro.
Geradezu explodiert sind die Ausgaben besonders in einem spezifischen Sozialbereich: der Jugendhilfe. Nicht nur, weil es immer mehr Kinder und Jugendliche gibt, die beispielsweise in Heimen untergebracht werden müssen, sondern auch, weil die Kreise per Gesetz verpflichtet sind, sich am Bau von Kindertagesstätten und deren Betrieb (dazu gehören auch die Personalkosten) zu beteiligen.
Die Zukunft
Angesichts der hohen Sozialausgaben müsse den Kommunen vom Land mehr Geld zur Verfügung gestellt werden, stellte der rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof am Dienstag klar. Ein Urteil, das die erste Kreisbeigeordnete Astrid Schmitt, die derzeit Landrat Heinz Onnertz vertritt, begrüßt. "Wir sind ja schon seit vielen Jahren nicht mehr in der Lage, unseren Haushalt auszugleichen. Was es an Einnahmen gibt, wird allein von den Ausgaben im Sozialbereich mehr als aufgefressen", sagt Schmitt.
Deshalb hofft sie durch die Neuregelung des Finanzausgleichs auf einen "Silberstreif am Horizont" für den Vulkaneifel-Kreis. "Bei der Neuregelung muss auch der Bund mitspielen. Denn wenn er Dinge beschließt, darf er die Kosten dafür nicht einfach auf andere abwälzen, sondern muss das Geld dafür selbst bereitstellen."Extra

Kreis Trier-Saarburg: Kassenkredite: 24,8 Millionen Euro (2007: fünf Millionen, 2002: keine); Sozialausgaben: 99,2 Millionen Euro (2007: 69 Millionen, 2002: 62,3 Millionen); Schlüsselzuweisungen: 31,2 Millionen Euro (2007: 24,7 Millionen, 2002: 24,6 Millionen). Landkreis Bernkastel-Wittlich: Kassenkredite: 46 Millionen Euro; Sozialausgaben: 107,2 Millionen Euro (2007: 79,3 Millionen, 2002: 53 Millionen), Schlüsselzuweisungen: 13,6 (2007: 11,6 Millionen; 2002: 14,2 Millionen). Eifelkreis Bitburg-Prüm: Kassenkredite heute (Stand Ende 2011): 23,8 Millionen (2006: 17,2 Millionen; 2001: 3,1 Millionen); Sozialausgaben heute: 68,7 Millionen (2006: 48,3 Millionen, 2001: 39,1 Millionen); Allgemeine Schlüsselzuweisungen heute 24,9 Millionen (2006: 22,5 Millionen, 2001: 19,1 Millionen). (nach Angaben der jeweiligen Kreisverwaltungen)

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